059 - Das Experiment
folgt eben seiner eigenen Philosophie«, antwortete Aiko, ohne die Lippen zu bewegen.
»Steppenreiter morden und zerstören – wir helfen denen, die in Not sind.«
»Du und dein Gefährte wärt längst tot, wenn wir uns nicht ab und an in die Angelegenheiten anderer Leute mischen würden«, stimmte Matt halblaut zu.
»Rayy ist nicht mein Gefährte!« Blairs Augen sprühten vor Zorn, als hätte er sie übel beschimpft. »Er hasst, fürchtet und braucht mich, wie alle Steppenreiter, aber das Wort Liebe ist ihm genauso fremd wie den anderen auch.«
Ihre Wangen überzogen sich mit einem roten Schimmer. Ein seltener Anblick, da die Nosfera ihre Gesichter meist mit einer Kapuze verhüllten, um die lichtempfindliche Haut vor direkter Sonneneinwirkung zu schützen. Aufgebracht entriss sie Matt und Aiko die Wasserschüsseln und wandte sich brüsk ab. Mehrere Barbaren, die alles interessiert verfolgt hatten, lachten. Sie dachten wohl, dass Blair ein besonders perfides Spiel mit den Gefangenen trieb.
Matt wusste es besser. Er hatte den gepeinigten Ausdruck in ihren Augen gesehen. Ve rwundert blickte er der wütend davonstürmenden Nosfera hinterher. Wo lag ihr Problem?
Immerhin hatte Rayy vor einigen Tagen behauptet, mit ihr liiert zu sein.
»Hoppla«, spottete Aiko. »Mir scheint, du musst noch einiges über Frauen lernen.«
»Ach ja?« Matt schnaufte verächtlich. »Wer von uns beiden hat denn eine Freundin, du oder ich?« Noch bevor das letzte Wort ausgesprochen war, hätte er sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Verdammt, das war nicht fair gewesen. Schließlich hing Aiko immer noch der verlorenen Liebe zu Brina nach.
Matt überlegte einen Moment, ob er sich entschuldigen sollte, ließ es aber bleiben.
In die verhallende Schritte der Nosfera mischte sich plötzlich ein leises Knacken. Matt registrierte aus den Augenwinkeln, dass es von Aikos Handfesseln ausging. Die Seilschlingen dehnten sich unter den auseinander strebenden Armen, die mehr waren, als sie auf den ersten Blick schienen.
Obwohl der Japaner äußerlich völlig normal aussah, wurde sein Körper durch Implantate aufgewertet. Seine Arme bestanden aus widerstandsfähigem Plysterox, das von einer gezüchteten Hautschicht überzogen wurde. Dank dieser Prothesen war Aiko wesentlich kräftiger als ein normaler Mensch, und natürlich gab es auch keine nachgiebigen Fleischschichten, in die der Strick einschneiden konnte.
Knackend zerrissen einige Stränge des geflochtenen Seils, bis die Fesseln so locker waren, dass er sie mühelos abstreifen konnte.
Ein Lächeln kerbte seine Mundwinkel ein. »Alles klar«, versicherte er Matt. »Sobald sich das allgemeine Interesse gelegt hat, binde ich dich los. Dann mischen wir den Laden kräftig auf.«
Ihre Geduld wurde auf keine große Probe gestellt.
Knapp zwei Minuten später kam Bewegung in die Steppenreiter, als im Eingangstunnel zwei Wachen erschienen, die eine dreiköpfige Abordnung aus Sub'Sisco flankierten.
Aruula, Clay und Ul'ia traten unbewaffnet, aber hoch erhobenen Hauptes in die Höhle, um die Verhandlungen aufzunehmen.
»Wie aufs Stichwort«, freute sich Matt. »Plan B läuft an.«
Skurogs Lippen verzogen sich zu einem höhnischen Grinsen, als er die Abordnung sah.
Sich lässig auf einen Felsen flegelnd, zog der Clanführer seinen Dolch aus dem Gürtel und tat so, als gäbe es für ihn in diesem Moment nichts Wichtigeres als eine gepflegte Maniküre. Zwischen zwei Fingernägeln, die er mit der stählernen Spitze von dem angesammelten Dreck reinigte, winkte er das eingetretene Trio herbei.
»Habt euch also doch noch zu Verhandlungen entschlossen?«, brummte er mit der rauen, heiseren Stimme, die ihm zu viele Übernachtungen unter freiem Himmel eingebracht hatten. »Euer Befreiungsversuch«, er deutete mit dem Dolch in Richtung von Matt und Aiko, »ist ja auch kräftig in die Hose gegangen.«
Aruula sah mit ausdruckslosem Gesicht zu ihren Gefährten hinüber. Nur wer sie so gut kannte wie Matt, bemerkte das zuversichtliche Funkeln in ihren Augen.
Ul'ia und Clay konzentrierten sich inzwischen auf den Barbarenführer, der die beiden mit höhnischen Blicken taxierte.
»Was bezweckst du mit deinem Überfall?«, fragte die OBERE streng. »Du hast kein Recht, unsere Bürger gefangen zu halten. Sub'Sisco liegt abseits aller Fehden und Feindschaften!«
»Natürlich!« Skurog lachte auf. »Weil ihr alle Welt mit euren Schauermärchen in Angst und Schrecken versetzt, um jedermann von der Wasserstadt
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