0590 - Flugziel Unbekannt
„Willkommen auf Paradiso, Freunde!"
Major Khen Dive glaubte zu träumen, wenn er auch etwas Ähnliches fast erwartet hatte. Er nahm die ausgestreckte Hand, unfähig, den Gruß zu erwidern. Auch die anderen drei Autofahrer waren ausgestiegen und gingen reihum, jedem die Hand gebend.
Sie taten ganz so, als würden hier täglich Raumschiffe landen.
Der erste kehrte zu Khen Dive zurück.
„Ich vergaß mich vorzustellen. Verzeihen Sie. Ich bin Ferrel Dhor, das da ist mein Bruder Pinky. Die beiden anderen sind Ter Kar und sein Sohn Paul. Wir kommen von Benson-City, weiter landeinwärts. Waren auf dem Weg in die Stadt, da sahen wir die beiden Schiffe landen."
Khen Dive hatte inzwischen die Sprache wiedergefunden.
„Landen hier öfter Schiffe?" erkundigte er sich mühsam.
„Aber wo denken Sie hin? Niemals! Sie sind unsere ersten Besucher, aber wir wußten, daß Sie eines Tages kommen würden. Wir haben ziemlich lange warten müssen."
Dr. Branco drängte sich vor. Er hatte seine Ungeduld nun lange genug im Zaum halten müssen. Jetzt war er es leid.
„Ich bin Dr. Branco, Kosmobiologe der CMP-13 - ich habe ein paar Fragen: Wer sind Sie? Was machen Sie hier? Wer hat die Städte und Straßen gebaut? Was ist passiert? Wo sind die Menschen geblieben...?"
„Das ist eine verdammt lange Geschichte", unterbrach ihn Ferrel Dhor und winkte ab. „Kommen Sie mit nach Benson-City, da wohnen die anderen. Dort erfahren Sie alles. Ist nur sieben Kilometer entfernt, drüben in den Bergen."
„Die anderen? Welche anderen?"
„Nun - die anderen eben, die letzten Menschen von Paradiso."
Khen Dive dachte an seine Pflichten und die vorgeschriebenen Sicherheitsmaßnahmen, die er beinahe vergessen hätte.
„War es ein Krieg, oder vielleicht eine Krankheit? Sie werden verstehen, daß ich..."
„Kein Krieg und auch keine Seuche, Sie können beruhigt sein.
Wir sterben einfach aus, das ist alles. Unsere Frauen bekommen keine Kinder mehr, nur noch in Ausnahmefällen. Das geht schon seit über zweihundert Jahren so." Er winkte seinen Begleitern zu. „Ihr bleibt hier. Ich lasse euch dann abholen." Er sah wieder Khen Dive an. „Sie sind der Kommandant?"
„Major Khen Dive, ja."
„Würden Sie mit uns kommen? Sie können noch zwei oder drei Ihrer Leute mitnehmen, wenn Sie wollen..."
Alles geschah mit einer solchen Selbstverständlichkeit, daß selbst Dr. Branco keine Fragen mehr stellte. Kopfschüttelnd nahm er im Fond des uralten Autos Platz, dessen Polster durchgewetzt und zerrissen waren. Herby Olbricht setzte sich neben ihn, während Khen Dive sich neben Ferrel Dhor niederließ.
Als der Motor nach einigen vergeblichen Startversuchen endlich ansprang, machte der Wagen einen Satz nach vorn und hätte fast Sergeant Knox gerammt, der jedoch geistesgegenwärtig zur Seite sprang. Wütend fluchte er hinter dem davonrumpelnden Gefährt her.
„Das hat Ferrel nicht absichtlich gemacht", beruhigte ihn Ter Kar mit sanfter Stimme. „Der Wagen bockt schon mal."
Sergeant Knox setzte sich auf einen Stein.
„Ich verstehe überhaupt nichts mehr", gab er erschöpft zu.
„Vielleicht haben Sie die unendliche Güte, mir jetzt eine Geschichte zu erzählen. Wir haben ja wohl Zeit dazu."
Ter Kar nickte und zog sich den langen Rock aus. Die Sonne stand hoch, und es wurde warm. Neben Knox setzte er sich dann auf sein zusammengefaltetes Bekleidungsstück.
„Also gut, dann fragen Sie..."
Benson-City war eine kleine Ansiedlung in der unmittelbaren Nähe einer größeren, aber restlos verfallenen Stadt. Es gab herrliche Wälder in der Umgebung, einige Seen und bestellte Felder.
Das Dorf selbst wirkte wie aus einem Wildwestfilm. Rechts und links der einzigen Straße standen kleine, stabil gebaute Holzhäuser mit Veranden und gepflegten Gärten. Es waren nur wenige Menschen zu sehen, die aufgeregt herbeigelaufen kamen, als das Auto knatternd die Straße entlang rollte.
„Keiner von ihnen hoffte, das noch zu erleben", sagte Ferrel Dhor mit Genugtuung. „Übrigens bin ich der Bürgermeister von Benson-City und damit wahrscheinlich auch der Herr dieses Planeten, falls nicht doch noch irgendwo Menschen leben. Wir wissen es nicht."
Khen Dive hatte Mühe, die vielen Hände zu schütteln, die sich ihm entgegenstreckten. Er begriff überhaupt nichts mehr und hatte es aufgegeben, sich Gedanken zu machen. Alles würde eine ganz natürliche und logische Erklärung haben, dessen war er sicher. Warum sich also unnötig den Kopf zerbrechen.
Das Auto
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