0592 - Computer-Monster
sie Ratkins Haus hatten betreten können, zeigte genau ihre Klasse. Ebenso sicher würden sie auch vorgehen, wenn sie ihn töteten oder folterten.
Das hatte der junge Mann alles einkalkuliert, und er kümmerte sich auch nicht weiter um den zweiten Mann, sondern blieb dicht hinter seinem Sessel stehen, die Hände auf den oberen Rand gelegt.
Von der Seite her bedrohte ihn die Mündung einer weiteren Maschinenpistole. Der Typ in Ratkins Rücken hatte die Waffen gewechselt und das Messer aus der Scheide geholt. Der kalte Stahl legte sich auf die schweißfeuchte Haut des Nackens.
»Wenn du dich rührst, schneide ich dich durch.«
»Okay, okay. Was soll ich tun?«
»Setzen.«
»Und dann?«
»Erst setzen.«
Nick räusperte sich. Er spreizte die Arme etwas ab und umschritt einen Sessel, in den er sich sacht hineinsinken ließ und auch nicht schaukelte. Die Typen sollten auf keine unruhigen Ideen kommen.
»Ja, das ist richtig so.« Wieder legte sich der kalte Stahl der Klinge auf seine Haut.
»Was jetzt?«
»Denk an die Anrufe, an die Warnungen. Du hast sie nicht beachtet. Ist das der Computer, mit dem du die Viren verstreut hast?«
»Genau.«
»Du hast Aufzeichnungen, nicht?«
»Wie meinen Sie das?« Nick zuckte zusammen, als er den scharfen Schmerz im Nacken spürte. Der Typ hinter ihm hatte eiskalt reagiert und in die Haut geschnitten.
»Halte uns nicht für dumm. Du kannst es dir aussuchen, wie du sterben willst. Entweder langsam oder schnell.«
Nick merkte, wie das Blut als feiner Streifen seinen Nacken entlangrann und den Weg zum Rücken hin fand. »Am liebsten möchte ich überhaupt nicht sterben.«
»Das hättest du dir vorher überlegen sollen.«
»Sicher.«
Der Kerl mit der Maschinenpistole trug ebenfalls ein Halstuch vor der unteren Gesichtshälfte, redete seinen Kumpan in einer Sprache an, die Nick nicht verstand. Sie hörte sich arabisch an.
»Er hat gesagt, daß er alles haben will«, flüsterte der Mann mit dem Messer.
»Was soll ich ihm geben?«
»Die Aufzeichnungen.«
Ratkin blieb starr sitzen. Trotz der Gefahr verlor er keinesfalls die Nerven. »Welche denn?«
»Das weißt du genau. Du hast gehackt, du bist hineingekommen in die Kreisläufe, für dich gab es keine Sperren, und du wirst die Daten auf einer Diskette haben.«
»Schon«, gab Ratkin zu. »Aber es sind sehr viele, versteht ihr? Welche Diskette wollt ihr sehen.«
»Alle!«
»Das geht dann wohl in Ordnung.«
Der Araber schnaufte wütend. »Es bleibt dir nichts anderes übrig, verstehst du? Es muß in Ordnung gehen. Nur möchten wir nicht die Katze im Sack kaufen.«
»Was heißt das?«
»Du wirst eine Diskette einlegen, den Computer einschalten, und wir werden schauen.«
»Kennt ihr euch aus?«
»Das ist unsere Sache.«
Ratkin blieb gelassen. Er zeigte nicht einmal die Spur von Angst.
Nur der Schmerz in seinem Nacken störte ihn. Dafür würde er noch eine Rechnung präsentieren.
»Ich muß mich jetzt bücken«, erklärte er. »Das Diskettenfach befindet sich an der rechten Seite.«
»Wenn du versuchst…«
»Sie können sie ja hervorholen.«
»Nein, mach du es.«
»Schön.« Er lächelte und beugte sich zur rechten Seite hinüber, wobei er gleichzeitig den Arm langmachte. Dort standen die schmalen Disketten in Plastikhalterungen. Direkt die erste zog Ratkin hervor und hielt den flachen Gegenstand in die Höhe. »Darf ich sie einlegen?«
»Mach es.«
Was für Ratkin sonst eine Sache von Sekunden war, tat er nun sehr langsam. Er schien die Bedrohung zu genießen, die dunklen Schatten innerhalb des Raumes, den matt schimmernden Monitor, es gefiel ihm eigentlich alles.
»Der Computer ist startklar.«
Das scharfe Atmen des Mörders bewies ihm, daß auch ein Mann wie der Maskierte Nerven hatte. »Schalte ihn ein, ich will die ersten Zahlenreihen und Codenummern sehen.«
»Das ist kein Thema. Gebt gut acht.« Es genügte ein leichter Druck mit dem Finger, um den Monitor heller werden zu lassen. Eine eckige Schrift erschien, zitterte, verschwand wieder und erschien abermals auf dem Bildschirm.
»Zum Henker, was ist das? Was steht da?«
»Können Sie nicht lesen?« Ratkin lachte leise. »Das heißt Hell Number One. Hölle Nummer eins.«
»Das ist nicht das Codewort, nicht der Schlüssel für die militärischen An…«
Nick ging aufs Ganze. Er drehte sich auf seinem Stuhl. Das Messer schimmerte plötzlich vor seinen Augen. Er mußte über die breite Klinge hinwegschielen, um gegen das vermummte Gesicht des
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