0594 - Maniac und Marylin
die Weste. Das ist ein Irrsinn, das ist der Stoff für eine Fortsetzung.«
»Möglich, aber die Fortsetzung ist gleichzeitig auch echt. Das darfst du nicht vergessen.«
Style trank wieder. Er wollte Zeit gewinnen, um seine Gedanken zu ordnen. »Gesetzt der Fall, du hast recht, dann wird dein Freund nun durch London irren.«
»Davon kann man ausgehen.«
Er grinste wieder. »Was meinst du, wenn ihn die Bullen sehen. Hier ist kein Karneval.«
»Er wird sich schon zu verstecken wissen, keine Sorge. Maniac ist sehr schlau.«
Willy Style war Spitze, wenn es darum ging, Geschäfte zu entwickeln, über so etwas wie dieses Thema wollte er nicht reden. Er schaute Marylin zu, wie sie sich erhob und das Zimmer verlassen wollte. »Läßt du mich hier hocken?«
»Nein, ich ziehe mich um.«
Seine Bemerkung klang sarkastisch. »Machst dich wohl schick für deinen Liebhaber, wie?«
»So ungefähr. Bleib noch etwas, dann kannst auch du ihn näher kennenlernen.«
Willy Style überlegte. Sollte er verschwinden oder noch abwarten?
Dieser Maniac war eine künstliche Figur, sein Drehbuchautor hatte ihn erfunden, der konnte nicht normal leben, er wurde ferngelenkt, alles, was dazu nötig war, befand sich in seinem Innern, auch die Lampen, die mit ihrem roten Schein die Augen ausfüllten.
Wenn er genauer über das Problem nachdachte, machte er sich Sorgen um Marylin. Okay, Schauspielerinnen waren immer etwas verrückt und überspannt, aber so wie Marylin hatte noch keine reagiert. Die drehte ja durch. Er mußte wirklich darüber nachdenken, ob er sie in weiteren Streifen einsetzte oder zurück zu den Anfängen ging, wo sie sich als Porno-Darstellerin einen Namen in gewissen Kreisen gemacht hatte. Ihre schauspielerischen Vorzüge erreichten nicht ein Drittel ihrer körperlichen. Sie war schon ein erotisches Wunder, auf das sich die einschlägigen Gazetten stürzten.
Sie duschte länger. Er hörte das Rauschen, trank und starrte durch die große Scheibe über das dunkle London hinweg, an dessen Himmel hin und wieder helle Reflexe aufblitzten.
Nein, was Marylin da von sich gegeben hatte, konnte einfach nicht stimmen. Das war Quatsch – oder?
Komisch, ein Gefühl des Unbehagens und der Beklemmung blieb doch bei ihm zurück.
Er hörte sie singen. Einen alten amerikanischen Schlager, den einst ihre Namensvetterin, die Monroe, geträllert hatte. Sie hatte nicht die Stimme der Monroe, ihre war viel höher, sie klang auch piepsig, nicht verrucht.
Willy Style hörte zweimal eine Tür klappen. Da wußte er, daß Marylin die Dusche verlassen und sich ins Schlafzimmer begeben hatte.
Klar, wenn sie ihren Roboter, ihren Maniac empfing, wollte sie schick sein. Willy begriff es einfach nicht. Er schüttelte den Kopf, lachte einige Male, doch es klang nicht echt. Irgend etwas war zurückgeblieben, kratzte in seiner Kehle.
Wenn sie durchdrehte, konnten sie sich eine Fortsetzung des Films glatt abschminken. Dann lief überhaupt nichts mehr, denn gerade sie war es, die die Zuschauer anzog. Ihretwegen rannten sie in die Videotheken, um sich die Filme auszuleihen. Marylin machte an, wenn sie erschien, war das Weib hoch drei.
Den einen Film noch mußte sie machen, dann konnte sie seinetwegen ausflippen. Die »Drehbücher« für die nächsten Streifen lagen sowieso noch nicht vor.
Er hörte sie wieder singen. Diesmal lauter, ein Zeichen, daß sie sich auf dem Weg befand. Dann erschien sie in der Tür, blieb dort stehen, drehte sich aber auf der Stelle. »Na«, sagte sie, »wie gefalle ich dir? Sag ehrlich, Willy.«
Er schaute und nickte. »Ja, du bist gut, Marylin, du bist stark, siehst gut aus.«
»Mehr nicht?«
»Scharf, verrucht, so macht man Männer an. Du gehörst zu den besten, glaube ich.«
»Und ob.«
Marylin hatte ihr Haar mit dem Kamm in die Höhe gedrückt, regelrecht gestylt, und an den Seiten ließ sie die Strähnen als Korkenzieherlocken herabhängen. Auch die Lippen hatten Farbe bekommen. Sie schimmerten in einem blassen Rot, der den erotischnaiven Schmollausdruck noch unterstrich. Die Pupillen zeigten einen grünen Schimmer, als bestünden sie aus Glas.
Das Kleid war eine Verführung. Mit hauchdünnen Trägern wurde es über den Schultern gehalten. Der Stoff schimmerte in einem blassen Rot, er war dünn, er flatterte und lag an gewissen Stellen trotzdem eng. So auch unterhalb des sehr großzügigen Ausschnitts, der mehr freigab, als er verbarg. Puh!!! Das war es, was die Käufer und Ausleiher lockte.
Als Schmuck trug sie
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