0599 - Die Burg der Schlange
von ihrem Leib zu Boden. Das lange, blonde Haar lag an ihrem Kopf wie eine Haube. Sie sah aus wie ein Engel.
Ein sündiger Engel.
»Was hat Nicole, was ich nicht habe?« wollte Sandra mit einem verführerischen Lächeln wissen.
Ihre Hände glitten über ihren Körper wie die eines Liebhabers, während sie Zamorra mit lauerndem Blick fixierte.
»Bin ich nicht schön? Begehrenswert? Glaubst du nicht, daß ich dir all das, was sie dir gibt, auch schenken kann?«
»Nun«, sagte Zamorra. »Wenn ich ehrlich bin, interessiert mich das im Moment herzlich wenig.« Er hatte den Blaster noch immer auf sie gerichtet, deutete mit einem Nicken auf Nicoles Kleider, die auf der Kommode lagen. »Zum letzten Mal«, sagte er kühl. »Wo ist Nicole?«
»Fort«, antwortete eine Frauenstimme hinter ihm.
Zamorra wirbelte herum.
Lady Sylvia stand im Türrahmen.
Sie hatte den Kopf leicht zur Seite geneigt und blickte Zamorra aus gelben, kalten Augen an. Die Pupillen hatten sich in schwarze Schlitze verwandelt, während Schlangenzähne ein Stück über Lady Sylvias Unterlippe ragten…
***
Lady Sylvia grinste amüsiert. »Überrascht?«
Zamorra nickte. »Kann man so sagen.«
Wie es aussah, war er blind und taub in die Falle gelaufen, die Sylvia Stoker ihm gestellt hatte.
Verwirrt fragte er sich was nur mit ihm losgewesen war. Merlins Stern hatte ihn die ganze Zeit zu warnen versucht, aber er hatte es einfach ignoriert.
Lady Sylvia hatte ihn vom ersten Moment an in ihren Bann geschlagen, beziehungsweise schon ihre Assistentin Sandra, als sie die Tür des Hauptportals öffnete.
Aber wie? Und warum? Wie hatten die beiden Frauen das geschafft? Warum hatte ihn Merlins Stern nicht schützen können?
Das Amulett, zur Zeit der ersten Kreuzzüge von dem Zauberer Merlin aus der Kraft einer entarteten Sonne geschaffen, war das Haupt des Siebengestirns von Myrrian-ey-Llyrana.
Es reagierte auf jede Art von schwarzmagischer Aktivität.
Und es hatte die schwarzmagische Aura, die Lady Sylvia umgab, auch sofort registriert.
Aber er, Zamorra, hatte es nicht bemerkt. Es nicht bemerken wollen!
Ein einziger Blick einer dieser Frauen, und er war nicht mehr Herr seiner Sinne gewesen.
Aber wie war das möglich, er konnte doch nicht so einfach hypnotisiert werden?
Aber er erinnerte sich in diesem Augenblick an sein letztes Zusammentreffen mit dem Gott Odin. Der hatte es geschafft, den Dämonenjäger durch das Farbenspiel seiner Schmetterlinge unter Kontrolle zu bringen. Zamorra war nur noch eine Marionette gewesen, bis der Odin die Fäden gezogen hatte. [1]
Funktionierte das hier genauso?
Aber im Moment spielte das alles keine Rolle mehr, denn Lady Sylvia war das Versteckspiel anscheinend leid.
Sie löste sich aus dem Türrahmen und näherte sich Zamorra mit geschmeidigen, katzenhaften Bewegungen.
Zamorra ließ den Blaster unruhig von Sylvia zu Sandra wandern, die sich ebenfalls ihrer Maske entledigt hatte und nun ihr wahres - und nicht sehr hübsches - Gesicht zeigte.
Schweiß glänzte auf Zamorras Stirn, lief seine Wangen hinab. Sein Finger lag auf dem Kontaktknopf der Strahlwaffe, bereit, zu feuern, wenn es erforderlich sein sollte.
Sylvia blieb zwei Schritte vor ihm stehen. Die Parodie eines Lächelns spielte über ihr Gesicht, das sich veränderte, immer schmaler wurde, während die Haut Blasen warf und sich zusehends schuppte.
Gleichzeitig schien der Schädel in sich zusammenzusinken, wurde platt wie der einer Schlange, bis Sylvia Stoker kaum mehr menschlich wirkte.
Die graziöse Schönheit, die dieses Ding einst besessen hatte, war völlig verschwunden.
Zamorra schluckte trocken.
Als die Verwandlung schließlich abgeschlossen war, zischte die Schlangenfrau ihm boshaft zu. »Bereit, dem Tod ins Auge zu sehen, Zamorra?«
»Und du?« erwiderte der Dämonenjäger.
Dann richtete er plötzlich und unerwartet den Blaster auf die Schlangenfrau, betätigte den Kontaktknopf.
Aber er hatte nicht mit der Schnelligkeit und Geschicklichkeit gerechnet, die diesen Wesen zu eigen war.
Lady Sylvia zischte wütend und warf sich derart schnell zur Seite, daß der Laserblitz sie verfehlte und ein faustgroßes Loch in die Wand hinter ihr riß.
Mörtel und Steinstaub stoben davon.
Zamorra fluchte und legte erneut auf die Schlangenfrau an, doch er hatte die Blondine hinter sich völlig vergessen, und das entpuppte sich jetzt als schwerer Fehler.
Denn unvermittelt versetzte ihm Sandra einen wuchtigen Tritt in die Seite, der den Dämonenjäger,
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