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06 - Denn keiner ist ohne Schuld

06 - Denn keiner ist ohne Schuld

Titel: 06 - Denn keiner ist ohne Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Burnley. Pflanzen und getrocknete Kräuter verkaufte sie in Laneshawbridge. Sie unternahm ab und zu einen Ausflug mit ihrer Tochter, immer war die Wahl des Ziels dabei eher ungewöhnlich, so besichtigte sie lieber das Lewis Textil-Museum in Lancaster Castle, zog die Sammlung von Puppenhäusern von Hoghton Tower den Vergnügungen Blackpools am Meer vor. Als er in seinem alten Landrover die holprige Straße entlanggerattert war, hatte er zunächst nur gedacht, wie hirnverbrannt eine Frau sein mußte, die in der Dunkelheit auf drei Jungen schoß, die am Waldrand Tiergeräusche machten. Und dann auch noch mit einer Schrotflinte. Da hätte das Schlimmste passieren können.
    Sonnenlicht fiel an diesem Nachmittag in den Eichenwald. Helles Grün sproß an den Ästen der Bäume, erstes Zeichen des nahenden Frühlings. Er fuhr um die Kurve auf der miserablen Straße, die die Townley-Youngs seit Jahren nicht mehr ausgebessert hatten, als plötzlich durch das offene Fenster Lavendelduft hereinwehte und eines jener schmerzlichen Erinnerungsbilder an Annie heraufbeschwor. So lebendig war es, daß er unwillkürlich auf die Bremse trat und einen Moment lang fast erwartete, sie würde aus dem Wald gelaufen kommen, wo man vor mehr als hundert Jahren, als Cotes Hall auf den Bräutigam gewartet hatte, der nie erschienen war, am Straßenrand den Lavendel in dichten Büschen gepflanzt hatte.
    Tausendmal waren sie hier gewesen, er und Annie. Sie pflegte an den Lavendelbüschen zu zupfen, so daß der Duft der Blüten und des Laubs in die Luft stieg, während sie an seiner Seite vor sich hin ging. Sie sammelte die Knospen für Duftkissen, die sie zu Hause zwischen die Wollsachen und die Bettwäsche legte. Er erinnerte sich auch dieser Duftkissen, unförmige kleine Gazebeutel, die mit ausgefranstem roten Band gebunden waren. Immer gingen sie innerhalb einer Woche auf. Dauernd las er sich Lavendelblüten aus den Socken oder fegte sie vom Bettlaken. Aber trotz seines Protests »Ach, hör doch auf, Annie.
    Was soll das denn?« verteilte sie weiterhin die Beutelchen eifrig in sämtlichen Nischen und Winkeln des Hauses, einmal hatte sie ihm sogar eins in die Schuhe gesteckt und erklärte dazu: »Die Motten, Col. Wir wollen doch keine Motten haben, oder?«
    Nach ihrem Tod warf er sie alle hinaus. Gleich nachdem er ihre Medikamente vom Nachttisch gefegt, gleich nachdem er ihre Kleider von den Bügeln gerissen und ihre Schuhe in Müllsäcke gestopft, gleich nachdem er ihre Parfumflaschen in den Garten hinausgetragen und eine nach der anderen mit einem Hammer zertrümmert hatte, als könnte er damit seine Wut loswerden, hatte er sich auf die Suche nach Annies Duftkissen gemacht. Der Geruch von Lavendel beschwor unweigerlich ihr Bild herauf. Es war schlimmer als nachts, wenn er sie in seinen Träumen sah, sich erinnerte und nach dem sehnte, was einmal gewesen war. Am Tag, wenn nur der Duft ihn verfolgte, war sie da, aber unerreichbar wie ein Wispern, das auf dem Wind an ihm vorübergetragen wurde.
    Annie, dachte er, Annie, und starrte, die Hände um das Lenkrad gekrampft, auf die Straße hinaus.
    Deshalb sah er Juliet Spence nicht gleich, und deshalb war sie ihm gegenüber im Vorteil gewesen, den sie, dachte er manchmal, bis heute gewahrt hatte. Sie sagte: »Alles in Ordnung, Constable?«, und er drehte den Kopf mit einem Ruck zum offenen Fenster und sah, daß sie mit einem Korb am Arm und verdreckten Jeans aus dem Wald getreten war.
    Er fand es überhaupt nicht merkwürdig, daß Juliet Spence wußte, wer er war. Das Dorf war klein. Sie hatte ihn gewiß schon des öfteren gesehen, obwohl sie einander nie vorgestellt worden waren. Außerdem hatte Townley-Young ihr wahrscheinlich gesagt, daß er im Rahmen seiner abendlichen Runden auch nach dem Herrenhaus zu sehen pflegte. Vielleicht hatte sie ihn ab und zu sogar vom Fenster ihres Häuschens aus gesehen, wenn er durch den Hof gefahren war und mit seiner Taschenlampe hier und dort die verbretterten Fenster des Herrenhauses angeleuchtet hatte, um sicherzustellen, daß diese bröckelige alte Ruine dem Zahn der Zeit überlassen blieb und nicht von Menschen vereinnahmt wurde.
    Er überging ihre Frage und stieg aus. Er sagte, obwohl er die Antwort schon wußte: »Sie sind Mrs. Spence, nicht wahr?«
    »Richtig.«
    »Sind Sie sich darüber im klaren, daß Sie gestern abend mit Ihrer Schrotflinte auf drei zwölfjährige Jungen geschossen haben? Auf Kinder also, Mrs. Spence.«
    Sie hatte verschiedene

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