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06 - Denn keiner ist ohne Schuld

06 - Denn keiner ist ohne Schuld

Titel: 06 - Denn keiner ist ohne Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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hoch und senkte sie wieder. »Du bist heute noch genauso stur wie vor zwanzig Jahren. Und auch noch genauso dumm.«
    Colin zuckte die Achseln.
    »Du hast jetzt keine Wahl. Das weißt du doch, nicht wahr? Du hast wegen dieser scharfen Muschi, hinter der du so her bist, das ganze Dorf...«
    »Das reicht, Vater«, sagte Colin mit erzwungener Ruhe. »Fahr jetzt lieber. Wenn ich mich nicht irre, wartet ja auf dich selbst irgendwo eine scharfe Muschi.«
    »Du bist für eine Tracht Prügel noch nicht zu alt, Junge.«
    »Kann sein. Aber diesmal würdest du wahrscheinlich den kürzeren ziehen.«
    »Nach allem, was ich für dich getan...«
    »Du brauchtest nichts zu tun. Ich habe dich nicht gebeten, hierherzukommen. Ich habe dich nicht gebeten, mir hinterherzulaufen wie ein Hund, der den Fuchs in die Nase gekriegt hat. Ich hatte alles im Griff.«
    Sein Vater nickte spöttisch. »Stur, dumm und blind dazu.«
    Er ging aus der Küche hinaus zur Haustür, schlüpfte in seine Jacke, stieß wütend einen Fuß in einen seiner Stiefel. »Du kannst froh sein, daß sie gekommen sind.«
    »Ich brauche sie nicht. Sie hat nichts getan.«
    »Außer daß sie den Pfarrer vergiftet hat.«
    »Versehentlich, Vater.«
    Sein Vater stieg in den zweiten Stiefel und richtete sich auf. »Da bete mal lieber dafür, Junge. Im Moment sieht's für dich nämlich verdammt schwarz aus. Im Dorf. Und in Clitheroe genauso wie in Hutton-Preston. Und die schwarze Wolke wird sich nur verziehen, wenn die Freunde vom Yard nicht im Bett deiner Freundin Verdacht wittern.«
    Er kramte seine Lederhandschuhe aus seiner Tasche und zog sie über. Schweigend setzte er seine Schirmmütze auf, dann warf er seinem Sohn einen scharfen Blick zu. »Du warst mir gegenüber doch offen? Du hast mir doch nichts verheimlicht?«
    »Vater...«
    »Wenn du sie nämlich gedeckt hast, dann bist du erledigt. Sie feuern dich, und sie hängen dir ein Verfahren an. So läuft das. Das begreifst du wohl, wie?«
    Colin sah die ängstliche Sorge in den Augen seines Vaters und hörte sie durch den Zorn in seiner Stimme. Er wußte, daß eine Menge väterlicher Fürsorge dahintersteckte, aber er wußte auch, daß vor allem sein absolut unverständlicher Mangel an Ehrgeiz und Erfolgssucht seinen Vater zur Weißglut trieb. Nie hatte es ihn gejuckt, aufzusteigen. Er gierte nicht nach einem höheren Rang und dem Recht, es sich hinter einem Schreibtisch bequem zu machen. Er war vierunddreißig Jahre alt und immer noch Dorfpolizist, und sein Vater war der Meinung, das ließe sich nur durch einen triftigen Grund rechtfertigen. Es gefällt mir so, reichte nicht aus. Ich lebe gern auf dem Land, würde niemals akzeptiert werden. Vor einem Jahr hätte sein Vater vielleicht ein Ich kann meine Annie nicht verlassen noch gelten lassen, wenn Colin jetzt von Annie gesprochen hätte, da sein Leben sich um Juliet Spence drehte, hätte er getobt.
    Und nun drohte auch noch Demütigung infolge der Beteiligung seines Sohns an der Vertuschung eines Verbrechens. Nachdem der Coroner sein Urteil gefällt hatte, war der alte Shepherd beruhigt gewesen. Jetzt würde er Qualen leiden, bis die Leute vom Yard ihre Ermittlungen abgeschlossen und sichergestellt hatten, daß kein Verbrechen vorlag.
    »Colin«, sagte er wieder. »Du warst doch offen zu mir? Du hast mir nichts verheimlicht?«
    Colin sah ihm direkt in die Augen. Er war stolz darauf, daß er es schaffte. »Ich habe nichts verheimlicht«, sagte er.
    Erst als Colin die Tür hinter seinem Vater geschlossen hatte, wurden ihm die Knie weich. Er hielt sich am Türknauf fest und drückte die Stirn gegen das Holz. Es war nichts, worüber er sich Sorgen zu machen brauchte. Kein Mensch brauchte es je zu erfahren. Er hatte selbst nicht einmal daran gedacht, bis der Inspector vom Yard seine Frage gestellt und die Erinnerung an Juliet und die Pistole wachgerufen hatte.
    Er war zu ihr hinausgefahren, um mit ihr zu sprechen, nachdem drei zornige und verängstigte Elternpaare ihn angerufen hatten, deren Söhne auf dem Anwesen von Cotes Hall Unfug getrieben hatten. Sie hatte damals gerade ein Jahr im Verwalterhaus gewohnt, eine großgewachsene, herbe Frau, die niemals Gesellschaft suchte, sich ihr Leben mit dem Anbau von Pflanzen und Kräutern verdiente, aus denen sie heilende Tränke mischte, mit ihrer Tochter zusammen ausgedehnte Wanderungen im Hochmoor machte und nur äußerst selten ins Dorf kam. Ihre Lebensmittel kaufte sie in Clitheroe ein, was sie für ihren Garten brauchte, in

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