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06 - Denn keiner ist ohne Schuld

06 - Denn keiner ist ohne Schuld

Titel: 06 - Denn keiner ist ohne Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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griff in seine Jacke und zog einen Beutel heraus, den er öffnete. Ohne die Pfeife gereinigt zu haben, begann er sie mit frischem Tabak zu stopfen. Colin beobachtete ihn neugierig. »Ja. Richtig. Ich war draußen beim Herrenhaus. Um nach dem Rechten zu sehen. Becky ist unruhig. Es ist soviel schiefgegangen, aber das wissen Sie ja schon.«
    »Es hat doch seit dem Wochenende nicht neuen Ärger gegeben?«
    »Nein, nein. Nichts. Aber man kann nicht vorsichtig genug sein. Es beruhigt Becky, wenn ich nach dem Rechten sehe. Und ich hab nichts gegen den Spaziergang. Frische Luft, das ist gut für die Lunge.«
    Wie zur Demonstration holte er einmal tief Atem. Dann versuchte er, seine Pfeife anzuzünden, doch der Erfolg war von kurzer Dauer. Der Tabak begann zwar zu brennen, aber da er zu fest gestopft war, zog es nicht. Nachdem Power noch zwei weitere Versuche gemacht hatte, gab er auf und steckte Pfeife, Tabaksbeutel und Streichhölzer ein. Er sprang von der Mauer. »Becky wird sich wundern, wo ich bleibe. Also dann, guten Abend, Constable.«
    Er setzte sich in Bewegung.
    »Mr. Power!«
    Abrupt drehte Brendan Power sich herum. Er achtete darauf, außerhalb des Lichtkegels zu bleiben, den Colin auf ihn richtete.
    »Ja?«
    Colin nahm die Taschenlampe, die auf der Mauer lag. »Sie haben die Lampe vergessen.«
    Power bleckte die Zähne, es sollte wahrscheinlich ein Lächeln sein. Er lachte kurz. »Ja, die frische Luft muß mir zu Kopf gestiegen sein. Vielen Dank.«
    Als er nach der Taschenlampe griff, hielt Colin sie einen Augenblick länger als unbedingt nötig fest. Und da New Scotland Yard ohnehin bald den Finger auf die Wunde legen würde, bemerkte er: »Wußten Sie, daß dies die Stelle ist, wo Mr. Sage gestorben ist? Gleich hier, auf der anderen Seite der Treppe.«
    Power schluckte. »Äh, ich...«
    »Er hat versucht, auf die andere Seite herüberzukommen, aber er hatte Konvulsionen. Wußten Sie das? Er ist mit dem Kopf auf die unterste Stufe aufgeschlagen.«
    Powers Blick flog rasch von Colin zur Mauer. »Nein, das habe ich nicht gewußt. Nur, daß er - daß Sie ihn irgendwo hier auf dem Weg gefunden haben.«
    »Sie waren doch am Morgen vor seinem Tod noch bei ihm, nicht wahr? Zusammen mit Miss Townley-Young?«
    »Ja. Aber das wissen Sie doch schon. Was...«
    »Das waren doch Sie gestern abend mit Polly, nicht wahr? Draußen vor dem Pförtnerhäuschen?«
    Power antwortete nicht gleich. Er sah Colin leicht verwundert an, und als er schließlich sprach, tat er es langsam, als dächte er noch darüber nach, was diese Frage überhaupt bedeuten sollte. Er war schließlich Anwalt. »Ich war auf dem Weg zum Herrenhaus. Polly war auf dem Weg nach Hause. Wir sind zusammen gegangen. Irgend etwas dagegen?«
    »Und was ist mit dem Pub?«
    »Mit dem Pub?«
    »Crofters, Da waren Sie doch auch mit ihr. Am Abend. Und haben was getrunken.«
    »Ein-, zweimal, ja, da hab ich Polly zufällig im Pub getroffen, wenn ich nach meinem Spaziergang noch auf ein Bier hineingegangen bin. Natürlich hab ich mich zu ihr gesetzt.«
    Er warf die Taschenlampe von einer Hand in die andere: »Was soll das alles?«
    »Sie haben Polly schon vor Ihrer Heirat gekannt. Sie sind ihr im Pfarrhaus begegnet. Hat sie Sie gut behandelt?«
    »Was soll das heißen?«
    »Ich meine, hat sie Ihre Gesellschaft gesucht? Hat sie Sie um Gefälligkeiten gebeten?«
    »Nein. Natürlich nicht. Worauf wollen Sie hinaus?«
    »Sie haben doch Zugang zu den Schlüsseln zum Herrenhaus, nicht wahr? Und auch zu denen für das Verwalterhäuschen? Hat sie nie gefragt, ob sie die Schlüssel einmal ausleihen kann, und Ihnen zur Belohnung ein Angebot gemacht?«
    »Das ist eine Unverschämtheit! Was, zum Teufel, wollen Sie damit andeuten? Daß Polly...?«
    Power brach ab und blickte zum Cotes Fell hinüber. »Was soll das alles? Ich dachte, die Angelegenheit wäre erledigt.«
    »Nein«, antwortete Colin. »Jetzt haben wir Besuch von New Scotland Yard.«
    Power drehte den Kopf. Sein Blick war kühl. »Ach, und Sie versuchen, sie auf eine falsche Spur zu setzen.«
    »Ich versuche, die Wahrheit herauszufinden.«
    »Ich dachte, die hätten Sie schon gefunden. Ich dachte, die hätten wir bei der Leichenschau zu hören bekommen.«
    Power zog seine Pfeife wieder heraus. Er klopfte den Pfeifenkopf am Absatz seines Schuhs aus, ohne den Blick von Colin zu wenden. »Sie sitzen in der Tinte, wie, Constable Shepherd? Nun, dann lassen Sie mich einen Vorschlag machen: Versuchen Sie lieber nicht, Polly Yarkin

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