06 - Der Schattenkrieg
Offizier zwei Paar Handschellen. Nachdem sie angelegt worden waren, steckte Riley die Waffe ein; es konnten also nur die beiden Männer an Bord gewesen sein.
Es knisterte im Funkgerät. »Captain, hier spricht Wilcox.«
»Ich empfange Sie.«
»Sieht übel aus, Sir… überall Blut. Einer der beiden schrubbte gerade die Kabine aus, aber hier herrscht eine unvorstellbare Schweinerei.«
»Sind nur die beiden an Bord?«
»Jawohl. Beide in Handschellen.«
»Schauen Sie noch einmal nach«, befahl Wegener. Wilcox las die Gedanken des Captain: Er blieb bei den Festgenommenen und ließ Riley suchen. Drei Minuten später kam der Bootsmann kopfschüttelnd wieder an Deck und sah blaß aus. Wegener starrte durchs Fernglas. Bei welchem Anblick wurde ein Mann wie Bob Riley blaß? fragte er sich.
»Nur diese zwei, Sir. Keine Ausweise.«
»Gut. Ich schicke Ihnen einen Mann rüber und lasse Ihnen Obrecki da. Können Sie die Jacht in den Hafen bringen?«
»Sicher, Captain. Es ist genug Treibstoff an Bord.«
»Gegen Abend soll ein Sturm aufkommen.«
»Ich habe mir heute morgen den Wetterbericht angesehen. Kein Problem, Sir.«
»Gut, dann lassen Sie mich den Vorfall melden und die Sache organisieren. Bleiben Sie auf Empfang.«
»Roger, Sir. Ich empfehle, zur Ergänzung der Standbilder die TV-Kamera mit rüberzuschicken.« »Gut, kommt in ein paar Minuten.« Es dauerte eine halbe Stunde, bis man auf dem Stützpunkt der Küstenwache den weiteren Verlauf der Aktion mit FBI und der Rauschgiftbehörde DEA koordiniert hatte. In der Zwischenzeit brachte das Schlauchboot einen weiteren Matrosen mit einer tragbaren Videokamera und einem Tonbandgerät hinüber. Ein Mitglied des Enterkommandos machte sechzig Polaroid-Aufnahmen, die Videokamera zeichnete alles auf VHS-Band auf. Die Männer der Küstenwache ließen die Maschinen der Empire Builder wieder an und nahmen Nordwestkurs auf Mobile, an Backbord eskortiert vom Kutter. Von oben kam endlich die Anweisung, Wilcox und Obrecki sollten die Jacht nach Mobile bringen, und ein Hubschrauber würde die beiden Festgenommenen am Nachmittag abholen sofern das Wetter es zuließ. Zum HubschrauberStützpunkt war es ein weiter Weg. Eigentlich sollte die Panache über einen eigenen Helikopter verfügen, aber dazu fehlten der Küstenwache die Mittel. Ein dritter Matrose kam auf die Jacht, und dann wurden die beiden Gefangenen auf die Panache geholt.
Chief Riley führte die beiden nach achtern. Wegener sah mit an, wie Riley sie praktisch in das Schlauchboot warf. Fünf Minuten später wurde es wieder an Bord gewinscht. Die Jacht wandte sich nach Nordwesten, und der Kutter drehte ab, um seine Patrouillenfahrt fortzusetzen. Als erstes Mitglied des Enterkommandos kam der Mann an Bord, der die Polaroid-Aufnahmen gemacht hatte. Er reichte Wegener sechs Farbbilder.
»Der Chief hat Beweismaterial gesammelt, Sir. Es sieht noch schlimmer aus als auf den Bildern. Warten Sie nur, bis Sie das Videoband sehen.«
Wegener gab ihm die Aufnahmen zurück. »Gut kommt alles in den Asservatenschrank. Gehen Sie jetzt zurück zu den anderen. Myers soll eine neue Leerkassette ins Videogerät einlegen, und dann wird jeder vor der Kamera berichten, was er gesehen hat. Erledigen wir das alles nach Vorschrift.« »Jawohl, Sir!« Kurz darauf erschien Riley. Robert Timothy Riley war das Urbild des Bootsmanns: eins-fünfundneunzig groß, über hundert Kilo schwer, haarige Arme wie ein Gorilla, mächtiger Bierbauch und ein Organ, das einen Wintersturm übertönen könnte. In der mächtigen Rechten hielt er zwei Klarsichtbeutel. Seine Miene verriet, daß nun der Schock dem Zorn zu weichen begann. »Das reinste Schlachthaus, Sir. Überall Blut.« Er hob einen Beutel. »Der Kleine war gerade beim Saubermachen. Im Abfalleimer in der Kajüte lag ein halbes Dutzend Patronenhülsen. Diese beiden lagen auf dem Teppich. Zwei Pistolen ließ ich an Bord. Aber es kommt noch schlimmer.« Der nächste Beutel enthielt ein kleines gerahmtes Foto, das wohl den Eigner der Jacht und seine Familie darstellte. In einem weiteren Beutel lag… »Hab ich unterm Tisch gefunden. Also auch noch Vergewaltigung. Hatte wohl ihre Tage, aber das hielt sie auch nicht ab. Vielleicht nur die Frau, vielleicht auch das Mädchen. In der Kombüse liegen blutige Fleischmesser herum. Ich vermute, daß sie die Leichen zerteilt und über Bord geworfen haben. Diese vier Menschen sind jetzt Haifischfutter.«
»Drogen?«
»Rund zwanzig Kilo weißes Pulver im Mannschaftsquartier.
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