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06 - Der Schattenkrieg

06 - Der Schattenkrieg

Titel: 06 - Der Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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und die Welt hat sich dabei verändert. Aber es gibt eine Sache, der ich ganz besonders nachtrauere.«
»Was wäre das, Portagee?« Der Chief wandte sich um und schaute seinen Kapitän an. »Etwas, auf das ich vor ein paar Jahren in New London gestoßen bin. Ich nahm Kurse, wenn ich nichts Besseres zu tun hatte. Wenn man in der guten alten Zeit Piraten erwischte, hatte man die Möglichkeit, sie auf der Stelle vor ein Kriegsgericht zu stellen und die Angelegenheit sofort zu klären - und wissen Sie was? Das wirkte auch, denn die Seeräuberei kam aus der Mode.« Oreza grunzte wieder. »Deshalb gab man die Praxis wohl auch auf.«
»So etwas geht heute nicht mehr. Wir leben in einer zivilisierten Gesellschaft.«
»Von wegen zivilisiert.« Oreza öffnete die Tür zum Ruderhaus. »Ich hab die Bilder von der Jacht gesehen.«
Wegener stellte fest, daß seine Pfeife ausgegangen war, zündete sie wieder an und wollte das Streichholz über Bord werfen. Doch ein Windstoß erfaßte es und wehte es aufs Deck. Wirst langsam alt, dachte Wegener und bückte sich, um es aufzuheben.
Halb im Speigatt lag eine Packung Zigaretten. Wegener hielt fanatisch auf Reinschiff und wollte gerade den vermeintlichen Übeltäter anschnauzen, als er merkte, daß die Packung nicht von seiner Mannschaft stammen konnte; es war nämlich eine südamerikanische Ware. Aus schlichter Neugier öffnete er die Packung.
Seltsam, richtige Zigaretten aus Tabak enthielt sie nicht, sondern Grasjoints. Der Captain mußte lächeln. Ein schlauer Geschäftsmann war auf die Idee gekommen, Marihuanazigaretten auf diese Weise zu tarnen. Die Packung mußte dem Piraten aus der Brusttasche gefallen sein, als er von Riley in die Mangel genommen worden war. Wegener schloß die Packung, steckte sie ein und nahm sich vor, sie bei nächster Gelegenheit in den Asservatenschrank zu legen. Oreza kehrte zurück. »Die neueste Wettervorhersage. Die Gewitterfront wird spätestens um einundzwanzig Uhr hier sein. Es muß mit Böen von mindestens vierzig Knoten gerechnet werden.«
»Stellt das ein Problem für Wilcox und die Jacht dar?« Noch war Zeit, ihn zurückzurufen. »Wohl kaum, Sir. Wilcox ist nach Süden gefahren. Von Tennessee zieht ein Hoch heran. Mr. Wilcox wird eine glatte Fahrt haben, aber für den Hubschrauber sieht es unangenehm aus. Der soll erst um achtzehn Uhr bei uns eintreffen und müßte auf dem Rückflug durch die Front.«
»Wie sieht es morgen aus?«
»Bei Tagesanbruch soll es aufklaren, und dann setzt sich der Hochdruckeinfluß durch. Heute nacht wird’s grobe See geben, doch dann stehen uns vier Tage gutes Wetter bevor.«
Wegener nickte. »Weisen Sie Mobile an, den Hubschrauber erst morgen um die Mittagszeit zu schicken.«
»Aye, aye, Captain. Wozu einen Hubschrauber riskieren, um dieses Gesocks zu transportieren?« »Ganz meine Meinung, Portagee. Sorgen Sie dafür, daß Wilcox verständigt wird, falls dieses Tief den Kurs ändert.« Wegener schaute auf die Uhr. »Zeit, daß ich mich um den Papierkrieg kümmere.« »Scheint heute viel zu tun zu geben, Red.«
»Wohl wahr.«
    Wegeners Kajüte war die geräumigste an Bord und auch die einzige Privatunterkunft, denn Ungestörtheit und Einsamkeit gehören zu dem Luxus, den man einem Kapitän gestattet. Doch die Panache war kein Kreuzer, und Wegeners Kajüte war kaum mehr als zehn Quadratmeter groß, verfügte aber über eine private Toilette; auf einem Schiff etwas, für das sich ein Kampf lohnt. Im Lauf seiner Karriere hatte Wegener schon immer nach Kräften versucht, sich vor Schreibtischarbeit zu drücken. Sein Erster Offizier war ein heller junger Lieutenant, dem er alles zuschob, was er vor seinem Gewissen verantworten konnte. Übrig blieben so zwei bis drei Stunden am Tag, und der Captain ging mit der Begeisterung eines Mannes, der zur Hinrichtung geführt wird, an die Arbeit. Eine halbe Stunde später merkte er, daß ihm die Sache noch schwerer fiel als gewöhnlich. Die Morde wollten ihm nicht aus dem Sinn. Mord auf hoher See, dachte er und schaute aus dem Bullauge. Ganz ungewöhnlich war das nicht; er hatte im Lauf seiner dreißigjährigen Dienstzeit von einigen solchen Fällen gehört, aber nie direkt mit einem zu tun gehabt. Es war zum Beispiel einmal vor der Küste von Oregon ein Matrose Amok gelaufen und hätte beinahe einen Maat getötet - wie sich später herausstellte, litt der arme Teufel unter einem Gehirntumor, an dem er dann starb. Die Point Gabriel war ausgelaufen, um den Mann abzuholen. Weiter

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