06 - Der Schattenkrieg
wandte sich an einen der Bewaffneten und holte dann zwei Flaschen Bier heraus; eine für sich selbst, eine für den Mann, der ihm die Erlaubnis gegeben hatte.
Schwachköpfe! dachte Ding. In seinem Ohrhörer knackte es dreimal. Ramirez war in Position und wollte wissen, ob Ding bereit war. Zur Antwort drückte er zweimal auf die Sprechtaste, schaute dann nach rechts und nach links. Vegas MG lag auf dem Zweibein, daneben die geöffnete Leinwandtasche mit Munition. Zweihundert Schuß waren bereit, und neben der ersten Tasche lag eine zweite. Chavez schmiegte sich so eng wie möglich an einen dicken Stamm und wählte sich das am weitesten entfernte Ziel. Die Entfernung schätzte er auf achtzig Meter; ein wenig zu groß für einen Kopfschuß, entschied er. Er stellte auf Dauerfeuer um, legte die Waffe an und zielte sorgfältig. Die MP warf drei Patronenhülsen aus. Das Gesicht des Mannes verriet Überraschung, als zwei Geschosse in seine Brust einschlugen. Er stieß einen heiseren Schrei aus, der die Köpfe der anderen herumfahren ließ. Chavez legte auf einen weiteren Schützen an, der im Begriff war, die Waffe von der Schulter zu reißen. Auch dieser bekam zwei oder drei Kugeln ab, was ihn aber nicht hinderte, seine AK in Anschlag zu bringen.
Sowie sich abzeichnete, daß zurückgeschossen wurde, eröffnete Vega das Feuer, nagelte erst den Mann mit Leuchtspurgeschossen aus seinem MG fest und hielt dann auf zwei andere Bewaffnete. Einer gab noch zwei Schüsse ab, die aber viel zu hoch lagen. Die Unbewaffneten reagierten langsamer als die Wächter. Zwei ergriffen die Flucht, wurden aber von Vega niedergemäht. Die anderen warfen sich zu Boden und versuchten, sich kriechend zu entfernen. Zwei weitere Bewaffnete
- oder eher das Mündungsfeuer ihrer Waffen erschienen auf Bäumen. Sie schössen auf das Überwachungsteam genau wie geplant.
Nun eröffnete der Sturmtrupp unter Captain Ramirez von ihrer rechten Flanke das Feuer. Das unverkennbare Rattern der M-16 fetzte durch die Bäume, als Chavez, Vega und Ingeles auf weitere Ziele schössen. Einer der Schützen auf den Bäumen mußte getroffen worden sein, denn das Mündungsfeuer seiner Waffe flammte jäh nach oben. Zwei andere aber beschossen den angreifenden Zug, bis sie zum Schweigen gebracht wurden. Die Soldaten feuerten nun auf alles, was sich bewegte. Einer der Männer, die in der Wanne gestanden hatten, griff nach einem weggeworfenen Gewehr, schaffte es aber nicht. Einer stand auf und wollte sich wohl ergeben, hob aber die Hände nicht rasch genug und wurde vom MG des Zuges in die Brust getroffen.
Chavez und sein Team stellten das Feuer ein, um dem Zug das ungefährdete Betreten des Zielgebietes zu ermöglichen. Zwei gaben Männern, die sich trotz ihrer Verletzungen noch bewegten, den Gnadenschuß. Dann wurde es still. Nur die Lampen zischten noch und erhellten die Umgebung, und der Wald hallte wider vom Echo der Rufe aufgebrachter Vögel.
Vier Soldaten durchsuchten die Toten. Der Rest des Teams hatte das Zielgebiet inzwischen umstellt. Chavez, Vega und Ingeles sicherten ihre Waffen, sammelten ihre Ausrüstung ein und kamen ins Freie. Der Anblick, der sich Chavez bot, war gräßlich. Zwei Feinde lebten immer noch. Einem hatte Vegas MG-Garbe den Leib aufgerissen. Dem anderen waren praktisch beide Beine abgeschossen worden, er verblutete rasch. Der Sanitäter schaute mitleidslos zu. Beide waren innerhalb einer Minute tot. Was Gefangene betraf, waren die Befehle des Zuges etwas vage. Niemand konnte nach dem Gesetz amerikanischen Soldaten befehlen, keine Gefangenen zu machen, und es war Captain Ramirez nicht leichtgefallen, die entsprechende Formulierung zu finden, aber die Männer hatten verstanden. Pech für die Kerle. Aber das Vergiften amerikanischer Jugendlicher mit Drogen stand ja schließlich auch nicht im Einklang mit der Genfer Konvention. Außerdem hatten die Männer andere Sorgen. Kaum hatte Chavez den Platz betreten, da hörte er ein Geräusch. Alle anderen vernahmen es ebenfalls. Jemand floh bergab. Ramirez wies auf Ding, der sofort hinterher rannte. Ding griff nach seinem Nachtsichtgerät und versuchte, es beim Sprinten in der Hand zu halten, erkannte aber dann, daß Rennen wahrscheinlich ein Fehler war. Er hielt inne, setzte das Sichtgerät an und machte den Flüchtenden und einen Pfad aus. Manchmal mußte man vorsichtig sein, manchmal kühn. Sein Instinkt riet ihm zur Kühnheit. Chavez rannte den Weg hinunter und holte rasch auf. Nach drei Minuten hörte er
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