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06 - Der Schattenkrieg

06 - Der Schattenkrieg

Titel: 06 - Der Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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verstand. Seines Wissens hatte kein Feind eine Begegnung mit ihm überlebt. Damals in Vietnam hatte er natürlich anders geheißen, aber nur, weil er nach dem Verlassen der Navy den Fehler begangen hatte, seine Fähigkeiten auf eigene Faust einzusetzen, und dabei beinahe von der Polizei erwischt worden war im Rückblick nur eine Verwirrung, die aber dazu geführt hatte, daß die CIA, die manchmal Leute mit seinem Talent brauchte, auf ihn aufmerksam geworden war. Fast ein Witz war das damals gewesen: »Wenn schon getötet werden muß, dann holt euch jemanden, der das berufsmäßig tut.« Zumindest war ihm das damals, vor fast zwanzig Jahren, komisch vorgekommen. Wer sterben mußte, entschieden andere; die ordentlich gewählten Vertreter des amerikanischen Volkes. Wenn der Präsident befahl: »Töte!« dann war Clark nur das Instrument der Politik seiner Regierung und des Kongresses, der in Gestalt ausgewählter Mitglieder der Entscheidung der Exekutive zustimmen mußte. Natürlich tötete Clark nur selten, sondern drang im Auftrag der CIA meist unbemerkt in andere Länder ein. Auf diesem Gebiet war er der beste verfügbare Mann. Doch zum Töten hatte man ihn ursprünglich ausgebildet, und Töten war für Clark, der in der Kirche St. Ignatius in Indianapolis auf den Namen John Terence Kelly getauft worden war, nicht mehr als eine von seinem Land und seiner Religion, die er einigermaßen ernst nahm, sanktionierte Kriegshandlung. Immerhin hatte es im Falle Vietnam nie eine offizielle Kriegserklärung gegeben, und was damals Recht gewesen war, konnte doch jetzt kein Unrecht sein. Von Mord redete John T. Clark nur, wenn Menschen nicht im Dienst einer gerechten Sache getötet wurden.
Im Augenblick beschäftigte ihn die Auswahl seines nächsten Zieles. Der Trägerverband war noch für zwei Tage verfügbar, und er wollte nach Möglichkeit noch eine Stealth-Bombe abwerfen lassen. Clark war in einem ganz gewöhnlichen Holzhaus am Stadtrand von Bogotá untergebracht, das der CIA gehörte und hin und wieder an Geschäftsleute vermietet wurde. Auch das Telefon war ein ganz normales gewesen, bis er einen Zerhacker angeschlossen hatte. Unter einem Loch im Dach hatte er eine Parabolantenne für Satellitenkommunikation aufgestellt und mit einem Chiffriergerät versehen, das einem tragbaren Kassettenrecorder ähnlich sah.
Und was nun? fragte er sich. Der Anschlag auf Untiveros war mit Bedacht so inszeniert worden, daß er wie eine Autoexplosion aussah. Warum es nicht noch einmal versuchen, diesmal mit einer richtigen Autobombe? Die Absicht war, den Zielpersonen Angst einzujagen und sie ins Freie zu treiben, wo man ein besseres Schußfeld hatte. Zu diesem Zweck mußte der Anschlag ernst sein, aber nicht so ernst, daß Unbeteiligte verletzt wurden.
Eine starke Bombe, die nicht richtig detoniert? Nein, zu kompliziert, entschied er. Am besten wäre ein simples Attentat mit einem Gewehr gewesen, aber das war zu schwer zu organisieren. Die Herren des Kartells überwachten alle Fenster mit Ausblick auf ihre Domizile.
Clarks Operationskonzept war so simpel und elegant, daß es selbst den angeblichen Experten für »schwarze« Operationen in Langley nicht eingefallen war. Clark wollte schlicht und einfach genug Leute auf seiner Liste töten, um in der Zielgruppe Furcht und unkontrollierte Reaktionen auszulösen. Das Kartell setzte sich aus einer Reihe sehr rücksichtsloser Leute zusammen, die immer gefaßt waren auf Gefahren von außen und von innen. Trotz ihrer erfolgreichen Zusammenarbeit blieben sie letzten Endes Rivalen, und Clark brauchte nun bei ihnen lediglich den Eindruck zu erwecken, es greife jemand innerhalb ihrer Hierarchie nach der Macht. Die Folge mußte sein, daß sie begannen, sich gegenseitig zu töten wie in den Mafia-Kriegen der dreißiger Jahre.
Vielleicht kommt es so, räumte er ein und schätzte die Erfolgschancen auf dreißig Prozent. Doch selbst wenn der Plan fehlschlug, war eine Reihe wichtiger Spieler vom Platz, und das allein zählte schon als taktischer, wenn nicht strategischer Erfolg. Andererseits bestand aber auch das Risiko, daß aus dem Bruderkrieg ein gestärktes, besser organisiertes und gefährlicheres Kartell hervorging. Das ist die wahre Gefahr, dachte Clark, aber schlimmer, als es im Augenblick ist, kann es nicht mehr werden.
»Schon die Nachrichten gehört?« fragte er Larson, der gerade hereingekommen war. »Alle sagen, es sei eine Autobombe gewesen«, erwiderte Larson mit einem verschmitzten Lächeln.

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