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06 - Der Schattenkrieg

06 - Der Schattenkrieg

Titel: 06 - Der Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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ausgeschlossen werden konnte. Der Chauffeur, der zu den Sicherheitskräften der CIA gehörte, trug eine Beretta 92-F vom Kaliber 9 mm, und unterm Armaturenbrett war eine Uzi-Maschinenpistole befestigt. Der Mann war vom Secret Service, der Leibwache des Präsidenten, ausgebildet worden und schützte seinen »Prinzipal«, wie er den kommissarischen DDI nannte, fachmännisch. Es wäre ihm auch lieber gewesen, wenn der Chef nicht so weit von Washington entfernt gewohnt hätte. Er nahm die innere Schleife der Ringautobahn und wählte am Kreuz die Autobahn 50 nach Maryland. Jack Ryan stand um sechs Uhr fünfzehn auf; eine Zeit, die ihm immer früher vorkam, je weiter er auf die Vierzig zuging, und begann seine morgendlichen Verrichtungen, die sich nicht von denen anderer Berufstätiger unterschieden. Nur die Tatsache, daß er mit einer Ärztin verheiratet war, garantierte, daß er ein gesundes Frühstück vorgesetzt bekam und nicht die Speisen, die er mochte. Was ist eigentlich so schlimm an Fett, Zucker und Konservierungsstoffen? grummelte er insgeheim. Um fünf vor sieben war er angezogen und mit dem Frühstück fertig und hatte die Zeitung zur Hälfte gelesen. Es war Cathys Aufgabe, die Kinder zur Schule zu schicken. Jack gab seiner Tochter zum Abschied einen Kuß, aber sein Sohn Jack jr. fand, daß er für solchen Babykram zu alt war. Der Buick von der CIA traf gerade ein so pünktlich und zuverlässig, wie es Fluggesellschaften und Eisenbahn zu sein versuchen.
»Guten Morgen, Dr. Ryan.«
»Guten Morgen, Phil.« Jack öffnete, wie es seine Gewohnheit war, die Tür lieber selbst und glitt in den Fond. Zunächst einmal las er seine Washington Post zu Ende; die Comics hob er sich bis zuletzt auf. Wer für die CIA arbeitete, brauchte seine tägliche Dosis The Far Side. Der schwarze, manchmal bitterböse Surrealismus dieser Karikaturen war in Langley aus naheliegenden Gründen überaus beliebt. Inzwischen rollte der Wagen im dichten Berufsverkehr auf Route 50 in Richtung Washington. Ryan betätigte das Schloß des Aktenkoffers, öffnete ihn und schaltete mit seiner CIAKennkarte den Selbstzerstörungsmechanismus aus. Die Papiere im Koffer waren zwar wichtig, aber wer den Wagen angriff, würde sich wohl eher für Ryan als für Dokumente interessieren. Er hatte nun vierzig Minuten Zeit, sich über die Ereignisse der vergangenen Nacht in diesem Fall des vergangenen Wochenendes zu informieren, damit er in der Lage war, den Abteilungschefs und Wachoffizieren intelligente Fragen zu stellen, wenn sie ihm nach seinem Eintreffen Vortrag hielten. Die Zeitungslektüre rückte die offiziellen CIA-Meldungen immer in die rechte Perspektive. Was Journalisten anging, hatte Ryan seine Zweifel oft waren ihre Analysen inkorrekt, aber fest stand, daß sie im Grunde dieselbe Arbeit erledigten wie die CIA: Sie sammelten und verbreiteten Informationen
- und zwar genauso gut, manchmal sogar besser als die Fachleute in Langley.
Natürlich wurde ein guter Auslandskorrespondent besser bezahlt als ein Nachrichtendienstbeamter der Besoldungsgruppe GS-12, und talentierte Leute liefen oft dem Geld hinterher. Außerdem durften Reporter Bücher verfassen, und damit konnte man sehr viel Geld verdienen, wie es viele Moskauer Korrespondenten im Laufe der Jahre getan hatten. Eine Sicherheitsstufe zu haben, hatte Ryan mit der Zeit gelernt, bedeutete lediglich Zugang zu Quellen. Trotz seines hohen Ranges bei der CIA bekam er oft Informationen vorgelegt, die sich in der Substanz kaum von einem guten Pressebericht unterschieden. Der Unterschied war nur, daß Jack die Quellen kannte, was für die Einschätzung der Verläßlichkeit wichtig war.
Ein kleiner, aber oft entscheidender Unterschied. Die Lageberichte begannen mit der Sowjetunion. Dort gab es alle möglichen interessanten Entwicklungen, doch es konnte noch immer niemand sagen, was sie bedeuteten oder wohin sie führten. Gut. Ryan und die CIA hatten ihre Analysen schon seit einer Ewigkeit mit dieser Erkenntnis abgeschlossen. Die Bürger aber erwarteten mehr. Wie diese Elliot zum Beispiel, dachte Jack, die uns wegen Dingen haßt, die wir schon längst nicht mehr tun - und dann im Umkehrschluß von uns Allwissenheit erwartet. Wann erkennen die Leute endlich einmal, daß die Zukunft für einen Analysten vom Nachrichtendienst ebenso schwer vorherzusagen ist wie für einen Sportreporter, der Spekulationen über den Ausgang eines wichtigen Endspiels anstellt? In der Basketball-Liga drängten sich zum Beispiel im

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