06 - Der Schattenkrieg
Mark.«
»Ich verstehe, Sir.«
»Gut, dann fliegen Sie mal ganz schnell heim und kümmern sich um Ihre Familie. Vorzügliche Arbeit. Das werde ich nicht vergessen.«
Pat O’Day, ein frisch beförderter Inspektor des FBI, hatte auf dem Parkplatz Posten bezogen. Einer seiner Untergebenen stand in der ölverschmierten Uniform eines technischen Sergeants der Air Force auf dem Vorfeld des Luftstützpunkts Andrews. Erst landete eine F-4C, dann die VC-2oA. Das umgebaute Geschäftsflugzeug rollte zum Terminal des 89. Lufttransportgeschwaders auf der Westseite des Komplexes. Die Stufen wurden heruntergeklappt, und Cutter erschien in Zivilkleidung. Inzwischen hatte das FBI vom Nachrichtendienst der Air Force erfahren, daß er einer Hubschrauberbesatzung und einem Fernmelde-Lkw einen Besuch abgestattet hatte. Noch hatte niemand versucht, den Grund dafür herauszufinden, denn im Hauptquartier herrschte noch immer Unsicherheit. Typisch HQ, dachte O’Day. Cutter ging zu seinem Privatwagen, warf seine Reisetasche auf den Rücksitz und fuhr fort, verfolgt von O’Day und seinem Fahrer. Der Sicherheitsberater wählte den Suitland Parkway in Richtung Washington, fuhr aber nicht, wie seine Verfolger vermuteten, zum Weißen Haus, sondern weiter zu seiner Dienstvilla in Fort Myer, Virginia.
»Cortez? Der Name ist mir bekannt. Cutter hat sich mit einem ehemaligen DGI-Mann getroffen?« fragte Ryan.
»Hier ist ein Bild.« Murray reichte ihm die Aufnahme. Das FBI-Labor hatte mit Hilfe eines Computer-Bildverstärkers aus einer unscharfen Nachtaufnahme ein perfektes Porträt gemacht. Und Moira Wolfe hatte nur der Sicherheit halber Cortez’ Identität noch einmal bestätigt. »Hier ist noch ein Bild.« Dieses zeigte die beiden beim Händeschütteln.
»Das wird sich vor Gericht gut machen«, meinte Ryan und gab die Abzüge zurück. »Beweise sind das nicht«, erwiderte Murray. »Wieso nicht?«
»Hohe Regierungsbeamte«, erklärte Shaw, »treffen sich oft mit seltsamen Leuten. Erinnern Sie sich noch an Kissingers geheime Chinareise?«
»Das war aber doch…« Ryan hielt inne, als er erkannte, wie dumm sein Einwand klingen mußte. Immerhin hatte er selbst einmal ein geheimes Treffen mit dem sowjetischen Generalsekretär gehabt, von dem das FBI nichts wissen durfte. Was hätten einige Leute wohl dazu zu sagen gehabt? »Ein Beweis für ein Verbrechen oder auch nur eine Verschwörung sind die Bilder erst, wenn wir wissen, daß etwas Illegales besprochen wurde«, sagte Murray zu Jack. »Cutters Anwalt wird mit Erfolg erklären, das Treffen mit Cortez habe im Zusammenhang mit einer zwar geheimen, aber ansonsten ordnungsgemäßen Regierungspolitik stattgefunden.«
»Unsinn!« bemerkte Jack. »Das trüge Ihnen nur einen Verweis vom Richter ein, Dr. Ryan«, meinte Shaw. »Was hier vorliegt, ist eine interessante Information, aber noch kein Belastungsmaterial. Erst müssen wir wissen, ob überhaupt eine Straftat begangen wurde.«
»Ich bin übrigens dem Mann begegnet, der diese ‹Autobomben› ins Ziel steuerte.« »Wo steckt er?« fragte Murray sofort. »Wahrscheinlich ist er wieder in Kolumbien«, erwiderte Ryan und sprach ein paar Minuten lang weiter.
»Himmel noch mal, wer ist das?« fragte Murray. »Lassen wir seinen Namen fürs erste mal aus dem Spiel, ja?«
»Ich finde, wir sollten mit ihm reden«, sagte Shaw. »Er will nicht mit Ihnen reden. Er hat nämlich keine Lust, ins Gefängnis zu gehen.«
»Braucht er gar nicht.« Shaw erhob sich und ging im Raum auf und ab.
»Nur für den Fall, daß Sie es nicht wissen: ich bin auch Anwalt. Wenn wir versuchten, diesen Mann vor Gericht zu bringen, würde sein Anwalt mit Martinez-Barker kontern. Wissen Sie, was das ist? Ein wenig beachteter Nebeneffekt des Falles Watergate. Martinez und Barker waren WatergateVerschwörer, die zu ihrer Verteidigung vorbrachten, sie hätten in dem Glauben gehandelt, an einer legalen Aktion im Interesse der nationalen Sicherheit teilzunehmen. Und das Berufungsgericht entschied dann, es könne keine Straftat vorliegen, wenn die Angeklagten in gutem Glauben und ohne kriminelle Absichten gehandelt hätten. Und Ihr Freund wird sich im Zeugenstand auf die von seinen Vorgesetzten beschworene ‹klare und unmittelbare Gefahr› berufen und erklären, nur einen Befehl ausgeführt zu haben, der von ganz oben kam. Dan hat Ihnen vermutlich schon gesagt, daß es auf diesem Gebiet keinen Präzedenzfall gibt. Die Mehrzahl meiner Agenten würde dem Mann bestimmt ein Bier spendieren, weil
Weitere Kostenlose Bücher