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06 - Der Schattenkrieg

06 - Der Schattenkrieg

Titel: 06 - Der Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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die Operation betreffendes Material an. Der Reißwolf war ein großes Gerät mit automatischem Einzug. Daß hohe Regierungsbeamte Akten vernichteten, war ganz normal. Zusätzliche Kopien geheimer Akten waren Passiva, keine Aktivposten. Niemand würde Notiz von der Tatsache nehmen, daß die Papierstreifen, die nun in einem Kunststoffsack landeten, einmal wichtige Geheimdienstdokumente gewesen waren. Bei der CIA wurden jeden Tag Tonnen von Papier verbrannt, und einen Teil der entstehenden Hitze nutzte man zur Warmwasserbereitung. Ritter gab das Material in Stößen in die Maschine und sah zu, wie die ganze Geschichte seiner Feldoperation sich in Abfall verwandelte.
»Da ist er«, sprach ein Agent in sein tragbares Funkgerät. »Fährt nach Süden.«
Drei Minuten später fand O’Day seinen Mann wieder. Der Ersatzwagen hatte sich schon an Cutter gehängt, und als O’Day aufgeholt hatte, stand fest, daß das Subjekt nur zurück in das VIPWohnviertel bei Fort Myer fuhr. Cutter wohnte in einer roten Ziegelvilla, von deren Terrasse man einen Blick auf den Heldenfriedhof Arlington hatte. O’Day, der in Vietnam gedient hatte und inzwischen einigermaßen über Cutter und diesen Fall informiert war, fand die Tatsache, daß der Mann ausgerechnet hier wohnte, skandalös. Keine voreiligen Schlußfolgerungen ziehen, dachte der FBI-Agent, doch sein Instinkt sagte ihm etwas anderes, als er zusah, wie der Mann seinen Wagen abschloß und ins Haus ging.
    Der Sicherheitsberater gehörte zum Stab des Präsidenten und konnte daher auf erstklassigen Personenschutz und auf die besten technischen Sicherheitseinrichtungen zurückgreifen. Der Secret Service und andere Regierungsbehörden sorgten für sichere Telefonleitungen. Wenn das FBI eine Leitung anzapfen wollte, mußte es sich erst mit diesen Stellen in Verbindung setzen und zuvor einen richterlichen Beschluß beibringen. Cutter wählte eine Nummer im WATS-Netz (mit gebührenfreier Vorwahl 800) und sprach ein paar Worte. Ein Mithörer hätte dem Gespräch wenig Sinn entnehmen können, und dem Angerufenen erging es nicht viel besser. Jedes Wort, das er sprach, war das erste Wort auf einer Seite eines Wörterbuchs mit dreistelligen Seitenzahlen. Cutter hatte die alte Taschenbuchausgabe des Wörterbuches vor Verlassen des Hauses in Panama erhalten und würde sie bald wegwerfen. Die wenigen Worte, die er sprach, standen für Seitenzahlen, und diese ergaben kombiniert Kartenkoordinaten bestimmter Stellen in Kolumbien. Der Mann am anderen Ende wiederholte die Wörter und legte dann auf. Das WATS-Gespräch würde auf Cutters Rechnung nicht als Ferngespräch erscheinen, und Cutter hatte vor, das Konto bei WATS am nächsten Tag aufzulösen. Schließlich nahm er eine kleine Computerdiskette aus der Tasche. Wie viele andere Leute hatte er Magnete an der Kühlschranktür kleben. Nun ergriff er einen und fuhr mit ihm über die Diskette, um die Daten darauf zu löschen. Die Diskette stellte die letzte Unterlage über die Soldaten der Operation SHOWBOAT dar. Sie war auch der letzte, einzige Schlüssel zur Wiederherstellung der Satellitenverbindung. Sie flog in den Abfall. SHOWBOAT hatte nie existiert.
Zumindest redete sich Vizeadmiral James A. Cutter von der US-Navy das ein. Er goß sich einen Whiskey ein, trat hinaus auf die Terrasse und schaute über den grünen Rasenteppich hinüber zu den zahllosen Grabsteinen. Viele Male war er zum Grab des Unbekannten Soldaten gegangen und hatte sich das roboterhafte Stolzieren der Präsidentengarde vor der letzten Ruhestätte jener, die das größte Opfer für ihr Land gebracht hatten, angesehen. Nun wurde ihm klar, daß es bald mehr unbekannte Soldaten geben würde, die in fremdem Land gefallen waren. Der erste unbekannte Soldat war im Ersten Weltkrieg in Frankreich gefallen und hatte gewußt, wofür er kämpfte - oder sich das zumindest eingebildet. Die meisten hatten nicht gewußt, worum es eigentlich ging, und was man ihnen erzählt hatte, war nicht immer die Wahrheit gewesen. Doch ihr Land hatte gerufen, und sie hatten ihre Pflicht getan. Er konnte sich entsinnen, als junger Offizier vor der Küste von Vietnam auf einem Zerstörer gestanden und zugesehen zu haben, wie die Fünf-Zoll-Geschütze den Strand beschossen. Damals hatte er sich gefragt, wie man sich wohl fühlte, wenn man als Infanterist im Schlamm leben mußte. Aber eine Armee bestand eben aus jungen Männern, die ihren Dienst versahen, ohne den Zweck zu kennen, und oft, wie in diesem Fall zum

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