06 - Der Schattenkrieg
Clark. Nun fuhren sie eine Stunde lang weiter nach Norden und bogen kurz vor Vegas del Rio in die Berge ab. Clark steckte die Nase in eine Landkarte, Larson hielt auf einer Anhöhe an. Nun kam das Funkgerät zum Vorschein.
»MESSER, hier VARIABEL, Over.« Schweigen, obwohl sie es fünf Minuten lang versuchten. Larson fuhr weiter nach Westen und scheuchte den Bus Viehpfade hinauf in dem Versuch, eine größere Höhe zu erreichen, auf der Clark es noch einmal probieren konnte. Es war schon fünfzehn Uhr, und beim fünften Versuch bekamen sie eine Antwort.
»Hier MESSER. Over.«
»Chavez, hier Clark. Wo stecken Sie?« fragte Clark. »Unterhalten wir uns erst mal ein bißchen.« »Klug von Ihnen. Sie hätten wir in Vietnam bei der dritten SOG gebrauchen können.« »Warum soll ich Ihnen eigentlich glauben? Jemand hat uns abgesägt, Mann, einfach hier sitzen gelassen.«
»Ich war das nicht.«
»Das hört man gerne«, kam die skeptische, bittere Antwort. »Chavez, dieser Funkkreis kann abgehört werden. Haben Sie eine Karte?« Clark nannte ihm die Koordinaten seiner Position. »Wir sind zu zweit und haben einen blauen VW-Bus. Überprüfen Sie uns ruhig, lassen Sie sich Zeit.« »Schon passiert«, kam es aus dem Funkgerät. Clark fuhr herum und sah sechs Meter weiter einen Mann mit einem AK-47 stehen.
»Und jetzt ganz ruhig, Leute«, sagte Sergeant Vega. Drei weitere Männer kamen aus dem Wald. Einer hatte am Oberschenkel einen blutigen Verband. Auch Chavez hatte sich ein AK-47 über die Schulter gehängt, trug aber noch seine schallgedämpfte MP-5. Nun ging er direkt auf den Kleinbus zu. »Nicht übel«, meinte Clark. »Woher wußten Sie, wo wir sind?«
»Sie sendeten auf UHF, also zwangsläufig von einer Anhöhe aus, weil sich ein FM-Signal quasioptisch verbreitet, wie mir ein Ausbilder mal erzählt hat. Laut Karte gibt es hier sechs Höhen. Einmal bekamen wir Sie rein, und dann sah ich Sie vor einer halben Stunde in diese Richtung fahren. Und nun sagen Sie mir vielleicht mal, was los ist?«
»Versorgen wir erst einmal den Verwundeten.« Clark machte einen Schritt vorwärts und reichte Chavez seine Pistole, Knauf zuerst. »Ich habe einen Verbandskasten im Wagen.«
Der Verletzte war Sergeant Juardo von der 10. Gebirgsjäger-Division in Fort Drum. Clark half ihm hinten in den Bus und nahm dann den Verband ab.
»Wissen Sie, was Sie da tun?« fragte Vega. »Ich war mal ein SEAL«, erwiderte Clark und hob den Arm, damit sie die Tätowierung sehen konnten. »Dritte Spezialoperationen-Gruppe. Ich war lange in Vietnam und drehte Dinger, die nie in die Nachrichten kamen.«
»Welcher Rang?«
»Oberbootsmannsmaat, bei Ihnen E-sieben.« Clark untersuchte die Wunde. Sie sah häßlich aus, war aber nicht lebensgefährlich, solange der Mann nicht zuviel Blut verlor. Die Infanteristen schienen bisher die richtigen Maßnahmen getroffen zu haben. Clark riß einen Beutel auf und bestreute die Wunde mit Sulfonamidpuder. »Haben Sie Plasmaexpander dabei?«
»Hier.« Sergeant León reichte ihm einen IV-Beutel. »Es weiß nur keiner von uns, wie man da einen Mann dranhängt.«
»Ganz einfach. Schauen Sie mir zu.« Clark packte Juardo am Oberarm und ließ ihn eine Faust machen. Dann schob er die Nadel in die große Vene in der Ellbeuge. »Klar? Na schön, ich habe einen unfairen Vorteil, weil meine Frau Krankenschwester ist«, gestand Clark zu. »Na, wie geht’s jetzt?« fragte er dann den Patienten.
»Sitzen tut gut«, erwiderte Juardo. »Ich möchte Ihnen noch kein Schmerzmittel geben, weil Sie unter Umständen vollwach gebraucht werden. Halten Sie das aus?«
»Wenn Sie meinen… He, Ding, hast du ’ne Pille?« Chavez warf ihm eine Packung Tylenol zu. »Das sind die letzten, Pablo. Friß sie nicht alle auf einmal.«
»Danke, Ding.«
»Vorne gibt’s belegte Brote«, sagte Larson.
»Wau!« Vega flitzte sofort los. Eine Minute später schlangen die Männer wie die Wölfe und tranken Coca-Cola, das Larson unterwegs gekauft hatte.
»Wo haben Sie die Waffen her?«
»Vom Gegner. Erstens haben wir für unsere M-16 so gut wie keine Munition mehr, zweitens fallen wir mit den AK weniger auf.«
»Gut gemacht«, lobte Clark. »Und was wird jetzt?« fragte Chavez. »Hängt von Ihnen ab«, antwortete Clark. »Entweder fahren wir Sie zum Flugplatz und fliegen Sie aus; dann sind Sie in sechs Stunden wieder auf US-Territorium.«
»Oder?«
»Chavez, wie wäre es, wenn wir den Kerl schnappen, der Ihnen das angetan hat?« Clark wußte die Antwort, noch ehe er
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