06 - Der Schattenkrieg
Aktentasche war bereits nach Waffen durchsucht worden. Clark erkannte ihn. »Was treiben Sie denn hier, Tony?«
»Wer ist das?« fragte Ryan. »Unser Mann in Panama«, erwiderte Clark. »Tony, ich hoffe, Sie tauchen aus einem sehr guten Grund hier auf.«
»Ich habe ein Telex von Richter Moore für Dr. Ryan.«
»Wie bitte?« Clark nahm Luna am Arm und führte ihn ins Büro. Er hatte nicht viel Zeit, denn er sollte in wenigen Minuten mit Larson starten. »Hoffentlich ist das kein fauler Witz«, knurrte Clark. »Immer mit der Ruhe. Ich spiele hier nur den Postboten«, meinte Luna und reichte Ryan das erste Blatt.
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»Für dumm hat sie niemand gehalten«, hauchte Jack und gab Clark das Telex. Die Überschrift war eine separate Botschaft an Ryan und hatte nichts mit Geheimhaltung oder Verteilung zu tun. »Interpretiere ich das richtig?«
»Ein Washingtoner Arschloch weniger. Insgesamt also zwei«, merkte Clark an und begann, die gefaxten Dokumente durchzublättern. »Himmel noch mal!« Er legte den Stoß auf den Schreibtisch, ging kurz auf und ab, starrte durch die Fenster auf die Flugzeuge im Hangar. »Na schön«, sagte er zu sich selbst. Beim Plänemachen hatte er noch nie gezaudert. Er sprach einige Minuten lang mit Ryan und wandte sich dann an Larson: »Dann mal los. Es gibt Arbeit.«
»Ersatz-Funkgeräte?« fragte Colonel Johns, als er hinausging. »Zwei mit frischen Batterien, dazu Ersatzbatterien«, gab Clark zurück.
»Angenehm, mit jemandem zu arbeiten, der Nägel mit Köpfen macht«, sagte PJ.
»Allzeit bereit, Colonel Johns«, versetzte Clark auf dem Weg zur Tür. »Wir sehen uns in ein paar Stunden wieder.«
Die Hangartore öffneten sich. Ein kleiner Schlepper zog die Beechcraft hinaus in die Sonne; dann gingen die Tore wieder zu. Ryan hörte, wie die Triebwerke angelassen wurden. Der Lärm ebbte ab, als die Maschine wegrollte.
»Und wir?« fragte er Colonel Johns. Captain Frances Montaigne kam herein. »Ein Sauwetter kriegen wir, Colonel«, verkündete sie sofort. »Adele zieht wieder mit fünfundzwanzig Knoten nach Westen.« »Am Wetter läßt sich nichts ändern. Das Landen und Aufnehmen sollte nicht zu schwierig sein.« »Der Rückflug könnte aber aufregend werden, PJ«, merkte Frances Montaigne düster an. »Eins nach dem anderen, Frances. Außerdem haben wir ja eine Alternative zum Landen.« »Colonel, so verrückt sind selbst Sie nicht.« PJ wandte sich an Ryan und schüttelte den Kopf. »Die jungen Offiziere sind auch nicht mehr, was sie einmal waren.«
Sie flogen fast den ganzen Weg dicht überm Wasser. Larson steuerte die Maschine wie stets ruhig und sicher, schaute aber immer wieder nach Nordosten, wo Zirruswolken den herannahenden Hurrikan ankündigten. Hinter ihnen jagte Adele heran, die bereits Geschichte gemacht hatte. Der Sturm war vor den Kapverdischen Inseln geboren worden, mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von siebzehn Knoten über den Atlantik gezogen, in der östlichen Karibik zum Stillstand gekommen, hatte Energie verloren und wieder gewonnen und dann Haken nach Norden, Westen und einmal sogar nach Osten geschlagen. Schon seit Jahren hatte sich kein Hurrikan mehr so irrwitzig verhalten. Adele war zwar relativ klein und längst nicht so brutal wie Camille, aber trotzdem ein gefährlicher Sturm mit Windgeschwindigkeiten um 130 km/h. An solche tropischen Wirbelstürme flogen nur eingefleischte Hurrikan-Jäger heran, die normale Lebensgefahr langweilig fanden. Eine zweimotorige Beechcraft gehörte auf jeden Fall nicht in ihre Nähe. Larson legte sich bereits seine Pläne zurecht. Für den Fall, daß die Mission schiefging oder der Hurrikan erneut den Kurs wechselte, suchte er andere Flugplätze aus, auf denen er nachtanken und dann dem grauen Mahlstrom in südöstlicher Richtung ausweichen konnte. Die Luft war täuschend klar und still. Wie viele Stunden noch, bis hier die Hölle los ist? fragte sich der Pilot. Und das war nur eine der Gefahren, die ihnen bevorstanden. Clark saß schweigend auf dem rechten Sitz und starrte voraus. Sein Gesicht war ausdruckslos und fast friedlich, aber seine Gedanken rasten schneller im Kreis als die Propeller der Beechcraft. Hinter der Windschutzscheibe tauchten immer wieder Gesichter auf die von Lebendigen und
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