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06 - Geheimagent Lennet unter Verdacht

06 - Geheimagent Lennet unter Verdacht

Titel: 06 - Geheimagent Lennet unter Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Volkoff
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ich werde den ganzen Tag neben dem Telefon sitzen und alle Mitteilungen von sehr schönen, sehr vornehmen Frauenstimmen entgegennehmen.«
    Lennet hielt es für klüger, den Spott nicht zur Kenntnis zu nehmen. Er versetzte Silvia einen leichten, freundschaftlichen Klaps auf die Schulter und verließ die Wohnung.
    Es hatte zu regnen aufgehört. Lennet ging bis zur ersten Taxihaltestelle und ließ sich zum Postamt auf dem Boulevard Murat fahren. Am Schalter für postlagernde Sendungen holte er den Umschlag, den er sich am Tag zuvor selber geschickt hatte.
    Von der Post aus rief er Silvia an.
    »Alles ruhig", erklärte sie ihm. »Die schöne Stimme hat sich noch nicht vernehmen lassen.«
    Lennet versah sich mit einer Anzahl von Telefonmünzen und nahm die U-Bahn in Richtung Invalidendom.
    An der Station Latour-Maubourg stieg er aus und betrat ein Cafe. Er ging zum Telefon und wählte die schicksalhafte Nummer: INV 1123.
    Tut... tut... »Hallo!« meldete sich eine leise Fistelstimme.
    Sollte Therese etwa heiser sein? fragte sich Lennet. »Sind Sie es, Therese?« fragte er.
    Sogleich verwandelte sich die Fistelstimme in einen klingenden Bariton.
    »Ach, habe ich Sie erwischt, Sie Zwerg. Zwerg ist wohl die richtige Bezeichnung. Das ist doch wieder dieser Jojo, nicht wahr? Und was wollen Sie mir jetzt verkaufen: Staubsauger?
    Schweigen Sie! Antworten Sie mir nicht, Monsieur Jojo. Sie fangen an, mir auf die Nerven zu gehen. Ich kann Ihnen nur eins versichern, mein Lieber, wenn Sie Therese noch einmal während ihrer Dienststunden anrufen, schicke ich Sie ins Gefängnis nach Carcassonne. Da können Sie dann Steine klopfen.«
    Klick! Der General hatte aufgelegt. Lennet ließ drei Minuten verstreichen und wählte mit der Hartnäckigkeit, die für ihn charakteristisch war, von neuem die Nummer INV 1123.
    »Hier die Sekretärin des Chefs des Verbindungsstabes für Wehrwissenschaft", sagte Therese mit ihrer dienstlichen Stimme.

    »Ich schicke sie ins Gefängnis!« brüllte der General 
    »Guten Tag, Therese", meldete sich Lennet. »Hier François Brulard. Ich muß Sie sofort sprechen.«
    Es folgte ein langes Schweigen.
    »Hallo! Sind Sie noch dran?«
    »Ja. In Ordnung, François. In einer halben Stunde. Im Eingangshof zum Invalidendom.«
    »Zwischen den Kanonen?«
    »Zwischen den Kanonen.«
    Sie legte hastig auf. Wieder einmal wirkte sie völlig beherrscht und geradezu angriffslustig.
    Was hat sich ereignet? dachte er. Hoffen wir nur, daß sie ihrem Chef nichts gesagt hat.
    Da er noch eine halbe Stunde totschlagen mußte, rief Lennet vorsichtshalber noch beim Überfallkommando an.
    »Hallo", sagte er und versuchte seiner Stimme einen rauhen Ton zu verleihen. »Hier spricht Leutnant Thibaut von der Polizeileitstelle. Wir führen die Ermittlungen durch, die mit dem Mord von gestern abend in der Rue de Magdebourg in Zusammenhang stehen. Der Bursche ist doch tot, nicht wahr?«
    »Toteres kann es nicht mehr geben.«
    »Haben Sie ihn identifiziert? Wissen Sie, wer es ist?«
    »Er hat die Papiere eines gewissen Leutnants Lennet bei sich getragen.«
    »Könnte ich mir den Leichnam kurz einmal ansehen?«
    »Er ist von der Einheit des Betroffenen abgeholt worden.«
    »Vielen Dank.«
    Er rief Silvia an.
    »Noch immer keine schöne Stimme in der Leitung, mein Armer! Es tut mir leid. Ich tue alles, was ich nur kann: Ich hypnotisiere das Telefon, aber es nützt nichts.«
    Constanzes Schweigen bedeutete wahrscheinlich, daß bei ihr alles zufriedenstellend verlief. Nun ging Lennet ohne jede Eile in den Außenhof des Invalidendoms. Er hatte gerade die Ellbogen auf eine der alten Kanonen aufgestützt, als ein junger Mann mit Brille und einem Schnurrbart auf ihn zukam. Er trug einen Regenmantel und einen wollenen Schal.
    »Monsieur François Brulard?«
    »Das bin ich.«
    »Ich bin beauftragt, Ihnen die Zähne einzuschlagen.«

Therese und Jojo
    Die Faust des kleinen Mannes stieß in Richtung auf Lennets Gesicht vor. Der Geheimagent fing sie noch in der Bewegung ab und packte den Daumen, den er kräftig herumdrehte. Der Angreifer ging in die Knie, und seine Brille verrutschte. Lennet ließ ihn sofort los.
    »Monsieur Husson", sagte er, »ich freue mich, Sie kennenzulernen.«
    Joseph Husson, denn er war es, erhob sich sogleich, rückte seine Brille zurecht und klopfte den Staub von seiner Hose.
    »Wie haben Sie erraten können, wer ich bin?« fragte er, und seine Stimme klang vorwurfsvoll.
    »Sie sehen genauso aus, wie ich mir Sie vorgestellt hatte",

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