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06 - Weihnacht

06 - Weihnacht

Titel: 06 - Weihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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deinige noch hast. Beruhige dich nur, lieber Onkel, und suche in deinen Taschen nach! Du mußt sie haben, denn wem soll ich sie sonst gegeben haben, als nur dir!“
    „Ich habe sie nicht!“ brauste der Alte auf. „Wie kommst du denn überhaupt dazu, die Sporen herunterzumachen?“
    „Ich besinne mich, daß mein Pferd sehr kitzlig ist. Man kann doch die Sporen nicht immer nach auswärts halten, und wenn ich es ja einmal mit ihnen berühre, geht es gleich in die Luft.“
    „Weil du die Beine nie stillhalten kannst, sondern wie ein Hanswurst mit ihnen um dich wirfst!“
    „Da habe ich die Sporen lieber gleich ganz heruntergemacht und sie dir zur Aufbewahrung übergeben. Wenn sie nicht in deinen Taschen sind, hast du sie verloren.“
    „Ich?! Da hört nun alles, alles auf! Kerl, es ist ja gar nicht mehr zum Aushalten mit dir!“
    „Bitte, lieber Onkel, rege dich nicht unnötig auf! Du kannst ja nichts dafür, daß du zuweilen zerstreut bist, ohne es zu wissen. Es muß das so in der Verwandtschaft, in der Familie liegen, denn meine Schwestern litten an ganz demselben Fehler. Ich weiß, daß sie – – –“
    „Komme mir nicht so oft mit deinen Schwestern! Du hast mir das alles schon hundertmal erzählt, und ebensooft habe ich dir nicht bloß gesagt, sondern unwiderleglich bewiesen, daß deine Schwestern ganz brave und umsichtige Ladies gewesen sind, während du allein der Hohlkopf warst, der alle diese Dummheiten beging, welche sie begangen haben sollen! Ich habe eure Schulden bezahlt und dich herüberkommen lassen, um einen brauchbaren Menschen aus dir zu machen: das ist aber bloß zu meinem Ärger geschehen, weil Hopfen und Malz an dir verloren sind!“
    „Lieber Onkel, wirf mir doch nicht immer die kleine Summe vor, welche du damals meinem Vater schicktest! Du weißt doch, daß mich das tief betrübt!“
    „Eine kleine Summe nennst du das? Zweihundert Dollars eine kleine Summe! Ja freilich, wer so wie du als Habenichts und armer Gymnasiast einer Vagabundin zwanzig Taler und auch noch, ich weiß nicht, wieviel Gulden schenkt, der kann allerdings vom Werte des Geldes nicht den mindesten Begriff besitzen!“
    „Das bin nicht ich, sondern mein Freund Sappho ist es gewesen.“
    „Freund? Ich danke für einen solchen Freund! Die Gulden waren doch auch mit dein Eigentum! Du hast es mir ja wiederholt erzählt, denn du hängst noch heut an diesem Taugenichts, diesem Luftikus, welcher nicht dein Freund, sondern dein Verführer gewesen ist!“
    Da fuhr der Neffe zornig auf:
    „Höre, Onkel, taste mir meinen Sappho nicht in dieser Weise an! Du weißt, daß dies ein Punkt ist, den du nicht berühren darfst. Hätte ich länger mit ihm verkehren können, so irrte ich jetzt nicht hier im wilden Westen herum, während er daheim eine jedenfalls sehr gute Anstellung bekleidet. Wir haben einander aus den Augen verloren, aber im Herzen halte ich ihn gradso fest wie in damaliger Zeit, die niemals wiederkommt!“
    Er sprach in seiner Erregung so laut, daß Eggly jetzt in scharfem Tone zu ihm sagte:
    „Brüllt nicht in dieser Weise, junger Mann! Ihr befindet Euch hier in keiner Niggerversammlung , wo jeder schreit, wie es ihm beliebt! Euer Onkel hat recht! Ihr habt Eure Gedanken niemals beisammen und werdet uns mit Eurer Zerstreutheit noch die größten Unannehmlichkeiten zuziehen. Das albernste dabei ist, daß Ihr die Schuld dabei stets auf andere werft. Ich habe Euch den Namen Old Jumble gegeben, und Ihr verdient ihn im vollsten Maße!“
    „Ich muß ihn mir aber verbitten! Ihr habt kein Recht, mir einen Namen zu geben, der mich beleidigen muß. Ich nenne Euch Mr. Eggly und verlange die gleiche Höflichkeit von Euch!“
    „Schweigt, Old Jumble! Ich will Euch jetzt nur eines sagen, daß die Sporen, welche Ihr heut verloren habt, uns in die heilloseste Verlegenheit bringen können. Wenn sie ein Indsman oder sonst ein Halunke findet und durch sie auf unsre Spur gerät, kann unser ganzer, schöner Plan ein schlimmes Ende nehmen! Ihr könnt nicht reiten, könnt nicht schießen, könnt überhaupt gar nichts von allem, was man hier können, wissen und verstehen muß, und wenn Ihr nun gar noch solche Unsinnigkeiten treibt, wie heut mit den Sporen, so werdet Ihr uns geradezu gefährlich, während Ihr uns bisher bloß lästig gewesen seid. Für ein gefährliches Mitglied aber müssen wir danken! Die Sporen heruntermachen und verlieren! So etwas hat man noch nie erlebt! Wenn Ihr Euch nicht besser zusammennehmt, werden wir uns

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