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06 - Weihnacht

06 - Weihnacht

Titel: 06 - Weihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Mann wird sagen, daß wir wegen dieses Vorkommnisses als eure Feinde zu betrachten seien. Nun frage ich dich, warum du uns hier überfallen hast!“
    Da lachte er mich höhnisch an und fragte spottend:
    „Wünschest du, daß ich euch losbinden und fortreiten lasse?“
    „Nein“, lachte auch ich.
    „Warum nicht?“
    „Weil ich solche Erlebnisse liebe. Habt ihr mich einmal gefangen, so will ich auch Gefangener bleiben, so lange es mir beliebt.“
    „Beliebt? Uff, uff! Dein Verstand steht im Begriff, verloren zu gehen!“
    „O nein! Ich bleibe sehr gern für einige Zeit bei euch, denn ich möchte wissen, was für ein Gesicht du machst, wenn ich von dir Abschied nehme, ohne daß du mich gehen lassen willst.“
    „Uff! Du gedenkst, zu fliehen?“
    „Fliehen? Nein! Der Ausdruck fliehen ist auf einen Feigling passend, welcher sich nicht getraut, dem Gegner standzuhalten. Unsere Trennung wird höchstwahrscheinlich eine ganz andere sein. Also ich bleibe bei euch, zumal ich sehe, daß ihr mich gern bei euch habt. Wenn es mir nicht mehr gefällt, werde ich schon selbst gehen, ohne daß du es nötig hast, mich zum Aufbruche aufzufordern.“
    Diese edle Dreistigkeit meinerseits versetzte ihn so in Wut, daß er aufsprang, zu mir herüberkam, mir einen Tritt versetzte und dabei ausrief:
    „Hund, ich durchschaue dich! Du fürchtest den Martertod und möchtest gern schnell sterben; darum reizest du mich, damit ich dich im Zorne töten möge. Denke nicht, daß ich so dumm bin, dies zu tun! Ihr werdet langsam sterben, so langsam, daß ihr meinen werdet, es liegen Monde zwischen den Minuten. Jetzt habe ich mit dir gesprochen und will nichts mehr hören. Du schweigst also!“
    Nichts war mir lieber als das! Er setzte sich wieder an seinen Platz, konnte aber das Vergnügen, nichts mehr hören zu müssen, nicht lange genießen, denn jetzt ertönte Corners Stimme von der Seite her, wo dieser mit seinen Genossen auch gefesselt lag:
    „Der Hund da drüben, der sich Old Shatterhand nennen läßt, mag freilich aufhören, zu bellen und zu heulen; desto nötiger ist es, daß nun wir mit dir reden. Wann gibst du uns frei?“
    „Heut nicht!“ antwortete der Häuptling kurz und drohend.
    „Ich erinnere dich an dein Wort, welches du uns gegeben hast!“
    „Schweig!“
    „Ich schweige nicht!“
    „So werde ich dich zum Schweigen bringen!“
    „Wir haben uns freiwillig binden lassen!“
    „Ja, ihr waret so dumm!“
    „Damit Old Shatterhand und Winnetou, wenn sie euch belauschten, denken sollten, ihr wäret unsere Feinde und also ihre Freunde. Du versprachst, uns sofort freizugeben, sobald ihr diese beiden Männer ergriffen hättet. Willst du das etwa leugnen?“
    „Nein“, lachte Peteh.
    „So halte Wort!“
    „Schweig, Hund! Peteh, der berühmte Häuptling der Blutindianer, hält stets das Wort!“
    „Aber uns willst du es brechen!“
    „Wer wagt es, dies zu behaupten?“
    „Ich!“
    Da ging ein grausames, ich möchte sagen, blutgieriges, breites Grinsen über das Gesicht des Häuptlings, und er sagte lachend:
    „Es gibt kein Bleichgesicht, welches ein Gehirn unter dem Schädel hat! Der Weiße, welcher Corner heißt, mag mir doch einmal so antworten, wie es sich gehört. Wann wollte ich euch freilassen?“
    „Wenn du sie ergriffen hättest“, antwortete der Gefragte.
    „Wen wollte ich ergreifen?“
    „Winnetou, Old Shatterhand und die zwei andern.“
    „Habe ich sie festgenommen?“
    „Ja.“
    „Winnetou auch?“
    „Den freilich nicht.“
    „Uff! Nimm also deine Gedanken zusammen! Solange mir der Apatsche noch fehlt, könnt ihr nicht verlangen, freigelassen zu werden!“
    Corner schien von dieser Logik überrascht zu sein; er schwieg eine Weile, brauste aber dann um so lauter und energischer auf.
    „Das ist eine Ausrede, eine hinterlistige Ausrede! Es handelte sich doch nur darum, Winnetou und Old Shatterhand beim Anschleichen zu täuschen. Dieses Anschleichen ist vorüber, also unsere Gefangenschaft auch!“
    „Ja, so legst du es aus; ich aber richte mich danach, wie ich es auslege. Winnetou sollte auch ergriffen werden; er ist entkommen; also sind die Bedingungen nicht vollständig erfüllt worden.“
    „Sind wir schuld an seiner Flucht? Hättet ihr besser aufgepaßt!“
    Da sprang der Häuptling wieder auf und rief ihm drohend zu:
    „Weißer Wurm! Willst du es vielleicht wagen, uns Vorwürfe zu machen?“
    „Nein; aber ich fordere, daß uns Wort gehalten wird! Wenn du das nicht tust, so werden

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