06 - Weihnacht
bleibt in Gottes – – – wollte sagen, in drei Teufels Namen! Werde mich auch ohne Euch zurechtzufinden wissen!“
Er ging zu den Pferden, und einige Augenblicke später hörten wir ihn fortreiten.
„Fürchterlicher Hartkopf!“ meinte Sannel. „Habe mich verschieden über ihn zu ärgern gehabt und bin ganz zufrieden damit, daß er sich davongemacht hat!“
Das konnte er wohl sagen, aber wie stand es da mit mir? Ich hatte Aufträge an Hiller. Durfte ich es zugeben, daß er sich entfernte, ohne daß ich sie ausgerichtet hatte? Winnetou mochte ahnen, was für Gedanken ich hegte; er legte seine Hand einen Augenblick auf die meinige und sagte:
„Mein Bruder mag ihn reiten lassen! Wir wollten ihn befreien; er ist frei. Wir sind fertig mit ihm. Howgh!“
Ich mußte ihm recht geben, wenn ich daran dachte, daß ich beleidigt worden war; sah ich aber von dieser Beleidigung ab, so hätte ich ihn doch lieber zurückgerufen, denn es war doch wohl trotz allem meine Schuldigkeit, ihm mitzuteilen, was mir an ihn aufgetragen worden war. Wohin wollte er, jetzt mitten in der Nacht? Er hatte zwar heut nachmittag von Winnetou gehört, daß die Schoschonen am Marsh Creek herunterkämen, aber da waren sie doch jetzt nicht mehr! Er kam mir wie ein erwachsener Knabe vor, der seinen Kopf aufsetzt, mag er biegen oder brechen!
Wir saßen unter dem Eindrucke der unangenehmen Szene noch eine ganze Weile am Feuer, ohne etwas zu sagen; dann wurden die Wachen ausgelost. Als dies geschehen war, sagte Arnos Sannel:
„Aber, Mesch'schurs, so können wir uns doch nicht schlafen legen! Ich wenigstens könnte kein Auge zutun, ohne zu wissen, woran ich für morgen bin.“
„Wieso für morgen?“ fragte ich.
„Ich reite natürlich mit euch. Wohin wollen wir? Warum sind diese fünf Schoschonen geholt worden, und aus welchem Grunde haben sie die beladenen Packpferde mitgebracht?“
Da antwortete Winnetou:
„Arnos Sannel soll das alles kurz erfahren. Wir reiten nach dem Fremonts Peak und wissen nicht, wie lange wir da oben zu bleiben haben. Wenn uns der Schnee überfällt, können wir nicht herab. Darum hat Winnetou dafür gesorgt, daß wir für alles gerüstet sind. Die Packpferde sind mit Decken und Nahrung für uns beladen. Sobald wir oben sind, werden diese fünf Schoschonen zurückkehren und unsere Pferde in Sicherheit bringen, welche verhungern müßten, wenn die Decke des Schnees vom Himmel stürzt.“
„Schöne Aussicht! Aber sehr klug gehandelt! Gut nur, daß es nicht genau so zu kommen braucht! Wir können ja in viel kürzerer Zeit, als wir denken, oben fertig sein. Ich bin bereit, alles mitzutun; lieber wäre es mir aber, wenn wir nicht gezwungen wären, einiger Schurken wegen uns da oben einschneien lassen zu müssen. Einen ganzen, langen Winter im Eise zuzubringen, das ist nur für einen Eisbären angenehm! Wollen es beschlafen. Gute Nacht, Mesch'schurs!“
Er wickelte sich in seine Decke und war nach einigen Minuten eingeschlafen; die andern außer mir und Rost folgten diesem löblichen Beispiele. Die erste Wache war auf mich gefallen; darum durfte ich nicht schlafen, und Rost blieb noch sitzen, weil er etwas auf dem Herzen hatte.
„Mylord, ist das wahr, was Winnetou sagte?“ fragte er mich leise, um die Schläfer nicht aufzuwecken. „Müssen wir den ganzen Winter im Gebirge bleiben?“
„Möglich ist es, aber gewiß noch lange nicht“, antwortete ich. „Winnetou hat sich als vorsichtiger Mann für alles vorgesehen; damit ist aber nicht gesagt, daß grad nur die schlimmste Befürchtung einzutreffen hat.“
„Wäre es da nicht besser, wir kehrten um?“
„Umkehren? Wollen Sie Carpio im Stiche lassen?“
„Nein, nein! Daran dachte ich gar nicht. Den müssen wir natürlich auf alle Fälle wieder haben!“
„Schön! Und das Gold dazu!“
„Welches Gold?“
„Haben Sie vergessen, daß die Gesellschaft Corners ein Finding-hole ausnehmen will?“
„Ja, richtig! Aber wir wissen doch nicht, wo das liegt!“
„Die Spuren Corners werden uns draufführen.“
„Und dann gehört es uns?“
„Hm! Eigentlich nicht. Jedes Placer gehört dem Entdecker. Wir werden natürlich nur tun, was wir vor unserm Gewissen verantworten können; aber da diese Mörder das Gold auf keinen Fall bekommen dürfen, so wird sich wohl eine Art und Weise finden lassen, es in ehrliche Hände zu bringen, ohne dabei ein Unrecht zu begehen.“
„Hm! Wissen Sie, Mylord, was mir eine innere Stimme sagt?“
„Nun, was?“
„Daß mir
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