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06 - Weihnacht

06 - Weihnacht

Titel: 06 - Weihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nur gegen die Zusendung von soviel Gewehren, wie das Jahr Tage hat, ausliefern werde.“
    „Wird sie ihn lesen können?“
    „Nein, und auch in St. Louis wird sich wohl niemand gefunden haben, der es konnte. Darum habe ich ihn unterschrieben. Er hätte die Gewehre genommen und mich doch am Marterpfahle sterben lassen wie die vier unschuldigen Schoschonen. Ich weigerte mich nur deshalb nicht, meine Unterschrift zu geben, weil ich dadurch die Wachsamkeit meiner Wächter einzuschläfern hoffte. Das ist mir auch gelungen. Ich bin glücklich entkommen und nicht etwa nach Hause geritten, sondern durch dick und dünn direkt über die Berge gegangen, um die Schoschonen zur Rache aufzufordern.“
    „Rache? – Hm!“
    „Das gefällt Euch wohl nicht?“
    „Ich habe das Wort Rache nicht gern.“
    „Weil es Euch noch nicht so ergangen ist wie mir!“
    „Nicht? Ich glaube, ich bin öfter gefangen gewesen und habe mehr Unrecht erlitten als Ihr. Aber ich habe mich nie selbst gerächt, sondern die Bestrafung Gott überlassen.“
    „Das fällt aber mir nicht ein! Wenn Raub und Mord und Totschlag ungeahndet bleiben sollen, so hört auf Erden alles auf, und wenn man die Bestrafung jemandem überlassen soll, den es gar nicht gibt, so mögen die roten und weißen Halunken nur immer drauflos sündigen, weil ihnen nichts geschehen wird. Wie verhält sich denn aber diese Eure christliche Barmherzigkeit damit, daß Ihr jetzt hinauf nach dem Fremonts Peak wollt, Mr. Shatterhand?“
    „Ich will dort ein Verbrechen verhüten, weiter nichts.“
    „Nicht auch es bestrafen?“
    „Kann ich es bestrafen, wenn ich es verhütet habe und es also gar nicht geschehen ist?“
    „Das sind Wortdrehereien, auf die ich nicht eingehe. Ich bin hierhergekommen, um den Schoschonen zu sagen, daß die Kikatsa vier Leute von ihnen am Marterpfahle ermordet haben; sie sollen sich dafür rächen. Dadurch wird diesen roten Schuften zugleich meine Gefangenschaft vergolten, und ich bekomme vielleicht die Felle wieder, welche sie mir abgenommen haben.“
    „Die bekommt Ihr auch ohne Blutvergießen wieder.“
    „Wieso?“
    „Yakonpi-Topa hat mir versprochen, Euch freizugeben und Euch die Felle auszuliefern; ich soll nur kommen und Euch holen, falls sich herausstellt, daß die Blutindianer die Schuldigen sind.“
    „Und Ihr seid so dumm, an dieses Versprechen zu glauben?“
    „Ja, ich bin so dumm!“
    „Da tut Ihr mir leid. Ich habe Euch bisher für klüger gehalten. Ihr scheint zu derjenigen Art berühmter Leute zu gehören, welche verlieren, sobald man sie persönlich kennen lernt!“
    „Möglich; ich weiß das natürlich nicht!“
    „Ja; Eure fromme Denkungsart paßt ganz und gar nicht zu dem Bilde, welches man sich von Euch macht, wenn man Euch noch nicht gesehen hat. Dieses gefühlvolle – – –“
    Er wurde unterbrochen: Winnetou hatte eine Rute vom nächsten Strauch gerissen und schlug damit ins Feuer, daß die Funken hoch aufstoben.
    „Uff!“ sagte er. „Mein Bruder Scharlih ist ganz genau so, wie er sein muß, um Old Shatterhand zu sein. Howgh!“
    Er warf Hiller die Rute ins Gesicht und wendete sich dann von ihm ab. Der in dieser Weise Zurechtgewiesene nahm das nicht etwa ruhig hin, sondern er fuhr den Häuptling der Apatschen an:
    „Mit Ruten werfen ist Beleidigung! Ich werde Nana-po genannt; das ist wohl Beweis genug, daß ich eine eigene Meinung haben darf! Ich weiß nicht, was Old Shatterhand drüben in seinem Vaterlande gewesen ist, jedenfalls aber das nicht, was ich war! Und ich bin auch heut noch nicht gewohnt, mir in Beziehung auf das, was ich zu tun oder nicht zu tun habe, Vorschriften machen zu lassen!“
    Er sah sich auffordernd im Kreise um. Kein Mensch sagte ein Wort.
    „Ich muß um Antwort bitten!“ sagte er gebieterisch.
    Alles schwieg.
    „Nun, so kann ich ja gehen! Ich habe nicht Lust, bei Leuten zu sein, die nur ihren eigenen Willen kennen. Ich beabsichtige, die Schoschonen aufzusuchen. Wo sind sie jetzt?“
    Er richtete diese Frage an die Roten, welche mit am Feuer saßen. Bei ihnen befand sich Teeh, der Kundschafter, den wir kurz vor dem Fleischwasser getroffen hatten. Als Hiller von ihnen keine Silbe zu hören bekam, stand er auf.
    „Bleibt Ihr hier, oder reitet Ihr mit mir?“ fragte er Arnos Sannel, seinen bisherigen Gefährten.
    „Ich bleibe“, antwortete dieser. „Bin froh genug, Old Shatterhand und Winnetou getroffen zu haben, und werde mich hüten, mir dieses Vergnügen verderben zu lassen!“
    „So

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