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06 - Weihnacht

06 - Weihnacht

Titel: 06 - Weihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Wirkung sich nicht nur auf die Geruchs- sondern auch auf alle übrigen Nerven zu erstrecken schien, denn Carpio, der eben noch so hinfällige, richtete sich zu seiner vollen Länge empor, sog den Geruch mit Wohlbehagen ein und sagte:
    „Freund Sappho, ein gütiges Geschick hat uns in das Elysium geführt; Franzi ist das Geschick, und wo sich das Elysium befindet, das brauche ich dir wohl nicht zu sagen. Es weht ein Odem überirdischen Behagens hier, dem jede Krankheit weichen muß. Ich werde die letzten zwei Stunden in meinem ganzen Leben nicht vergessen; es war mir unbeschreiblich schauderhaft zumute. Ich fühlte mich nicht mehr als Mensch, sondern ich kam mir wie ein großer dicker Sack voller Jammer und Elend vor. Ich habe alle zehntausend Niederträchtigkeiten des Erdenlebens in diesen beiden Stunden durchgemacht und bin davon so vollständig befriedigt worden, daß ich satt genug für immer bin. Das Nikotin ist ein Drache, der mich niemals wieder in seine Krallen bekommen soll, und der Alkohol eine Schlange, die ich zähmen werden, weil man doch nicht für immer von ihr loskommen kann, denn sie taucht in hunderterlei Arten auf, die oft gefährlich, zuweilen aber auch nützlich sind. In meiner höchsten Qual und Not nahm ich mir vor, dir, meinem Freunde, an Eides Statt ein heiliges Versprechen abzulegen, nur wußte ich noch nicht in welcher Form. Nun ich aber hier in dieser guten Stuben die verlorengegangene Lebensfreude wiederfinde und auch fast wieder logisch denken kann, verspreche ich dir bei diesen Schinken und Würsten, welche die erlaubten, die wahren Genüsse des Lebens repräsentieren, daß ich mich niemals wieder von einem heuchlerischen, hinterlistigen Genusse verlocken lassen werde, auf meine Menschenwürde, wenn auch nur für eine Stunde, zu verzichten. Es ist nicht Scherz, sondern mein vollster, wahrster Ernst. Nie wieder soll der Tabak meine Lippen berühren, und jedes Getränk, welches Alkohol enthält, sei mir fortan nur als Arznei erlaubt. Ich habe mein Versprechen bei diesen ehrlichen Schinken und hochachtbaren Würsten abgelegt; du bist dessen Zeuge und sollst mich vor jedermann für einen ehrlosen Menschen erklären, wenn du mich jemals rauchend oder gar berauscht zu sehen bekommst. Hier, meine rechte Hand darauf!“
    Der sonst so wortkarge Freund pflegte nur gegen mich zumal während unsrer Wanderungen, aus seiner Schweigsamkeit herauszutreten; jetzt hatte er gar eine Rede gehalten, was mir als unumstößlicher Beweis dafür diente, daß es ihm völliger Ernst mit seinem Versprechen war. Ich will übrigens gleich jetzt und im voraus bemerken, daß, wie meine lieben Leser später auch selbst noch sehen werden, er dieses Versprechen stets gehalten hat.
    Ich nahm die dargereichte Hand, schüttelte sie ihm herzlich und sagte:
    „Es freut mich, daß du die Lehre, welche du erhalten hast, beherzigen willst. Die Virginias wachsen nicht für Knaben, sondern nur für erwachsene Männer auf den Tabaksbäumen Österreichs.“
    „Du nennst mich, deinen Busenfreund, einen Knaben?!“
    „Ja.“
    „Und denkst wohl aber, du selbst seist ein Mann?“
    „Ja.“
    „Wohl etwa nur darum, weil die Zigarren dich nicht elend gemacht haben wie mich?“
    „Ja, denn es war eine höchst männliche Selbstbeherrschung von mir, daß ich dieses Kraut; des Teufels mäßig genossen habe, während du grad wie ein Kölner Funke geräuchert und gestopfholzt hast.“
    „Dafür hast du aber mehr Wein getrunken als ich!“
    „Weil ich merkte, daß ich ihn vertragen konnte!“
    „Ja, leider bist du in dem glücklichen Besitz eines Magens, dem es ganz gleichgültig ist, ob er jetzt drei volle Tage hungern und gleich darauf einen ganzen Berg voll Kieselsteine, Beißzangen und Ofengabeln verdauen muß! Das ist aber gar kein Beweis der Männlichkeit, mit welcher du dich brüstest. Wer einen Knaben seinen Busenfreund nennt, ist selbst noch ein Knabe; das merke dir. Nicht du selbst bist mir über, sondern nur dein Magen ist besser als der meinige; das ist die ganze, bevorzugte Stellung, welche du in der heutigen Weltgeschichte einnimmst.“
    „Mein Sohn, ich habe dich vor den Folgen des Tabaks gewarnt, und wer einen andern Menschen warnt, der beweist damit, daß er ihm über ist. Ich habe sogar jetzt wieder eine Warnung, eine sehr ernste, eindringliche und berechtigte Warnung auf den Lippen.“
    „Welche ?“
    „Bist du bereit, sie zu vernehmen?“
    „Ja.“
    „Und wird deine Moralität auch kräftig genug sein, sie zu

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