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06 - Weihnacht

06 - Weihnacht

Titel: 06 - Weihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sprach englisch, also tat auch ich es.
    „War Festtag für die Jäger. Wißt Ihr das?“
    „Yes!“
    „Feine Schützen! Nicht?“
    „Leidlich!“
    „Wie? Nur leidlich?“
    „Yes!“
    „Versteht Ihr denn etwas davon?“
    „Yes!“
    „Seid wohl gar selber ein guter Treffer?“
    „No!“
    „Nicht! Und wollt doch etwas davon verstehen?“
    „Yes!“
    „Wie reimt sich das zusammen Sir? Ihr scheint überhaupt ein sehr gesprächiger und unterhaltender Mann zu sein; ich aber langweile mich dort an meinem Tische. Darf ich mein Bier holen und mich zu Euch setzen?“
    „Yes!“
    Ich hatte seine Fragen immer nur mit einem einzigen Wort beantwortet, und doch nannte er mich einen gesprächigen und unterhaltenden Mann! Jedenfalls war er das mehr als ich. Als er sich bei mir niedergesetzt hatte, nahm er den zerrissenen Faden wieder auf:
    „Also, wie reimt sich das zusammen? Ihr meint wohl, daß man, ohne selbst schießen zu können, zu sehen vermag, ob jemand in das Schwarze getroffen hat?“
    „Yes!“
    „Das ist nicht ganz falsch gedacht; aber sehen oder selbst schießen, das ist ein Unterschied! Und das Schwarze nur einmal zu treffen oder alle Kugeln nacheinander hineinzusetzen, das ist auch nicht ein und dasselbe! Meint Ihr nicht?“
    „Yes.“
    „Solltet einmal mich schießen sehen, nämlich mich! Möchtet das wohl gern, Sir?“
    „Yes.“
    „Könnt das Vergnügen einmal haben, wenn Ihr einige Tage hier bleibt. Wann wollt Ihr wieder fort? Morgen?“
    „No!“
    „Nicht! Ich schätze nämlich, daß Ihr auch fremd hier seid wie ich. Habe ich recht?“
    „Yes.“
    „Schön! Wir sind also in dieser Beziehung Kameraden, und Kameraden müssen zusammenhalten. Stellen wir uns also einander vor! Kennt Ihr mich?“
    „No!“
    „Ich heiße Watter. Jedenfalls habt Ihr diesen Namen schon oft gehört?“
    „No!“
    „Nicht? Das wundert mich. Ist Euch etwa auch der Name Welley unbekannt?“
    „Yes!“
    Jetzt fiel ihm meine Wortarmut doch endlich auf; er sagte:
    „Yes – no, no – yes – – kein anderes Wort sagt Ihr, und das soll eine Unterhaltung unter Kameraden sein! Tut doch den Mund etwas weiter auf! Ihr könnt das ruhig wagen, denn Ihr verschwendet Eure Worte an keinen Unwürdigen. Werdet es sofort erfahren. Sagt mir nur vorher, was Euer Name ist!“
    „Meier.“
    „Meier?! Schöner Name, sehr schön; so schön, daß sich ein paar Millionen Menschen erst bis aufs Blut um ihn gestritten und dann sich friedlich in ihn geteilt haben. Nicht?“
    „Yes!“
    „So ein Friedlicher scheint auch Ihr zu sein. Wenigstens kann man bei Euer kurzen Ausdrucksweise keinen großen Streit mit Euch anfangen. Sagt doch einmal, Mr. Meier, was habt Ihr denn eigentlich für ein Geschäft?“
    „Writer.“
    „Writer? So, so! Also Tinte und Feder! Das reicht freilich nicht aus zu einem guten Schuß! Der Wilde Westen ist Euch also geradeso unbekannt wie mein Rücken dem Bauche; zwei ganz verschiedene, entgegengesetzte Seiten! Aber nun sollt Ihr erfahren, was ich bin. Ich bin nämlich ein Westmann. Wißt Ihr, was das ist?“
    „Yes!“
    „Ja, aber verstehen werdet Ihr nichts davon! Und ich bin nicht nur ein Westmann, sondern sogar ein berühmter Westmann. Und Welley ist auch so einer. Wir sind nämlich stets beisammen, nur heut nicht, er ist noch unterwegs, kommt aber nach. Er kann jeden Augenblick da zu der Tür hereintreten. Ihn müßt Ihr auch schießen sehen, ihn und mich! Welley sollte morgen schon da sein; würde mich freuen, sehr freuen, des Wettschießens wegen.“
    „Wettschießen?“ fragte ich.
    „Ja, ein Wettschießen. Ich war da draußen auf dem Platze, gleich als das Schießen begann. Da gab es so ein paar Jäger, welche groß taten; habe über sie gelacht und bin eine Wette mit ihnen eingegangen. Das müßt Ihr morgen sehen! Werde mir da einige Pfund Dollars verdienen. Brauche es zwar nicht, denn ich habe genug, Welley auch. Was meint Ihr wohl, wieviel wir zusammen haben, er und ich?“
    „Das kann ich nicht wissen.“
    „Ja richtig, nicht wissen, aber auch nicht ahnen. Wir sind nämlich reich, ungeheuer reich, an Staub und an Nuggets. Wißt Ihr, was das ist, Nuggets?“
    „Yes!“
    „Ja, wissen werdet Ihr es, aber gesehen habt Ihr wohl noch keine. Werde Euch 'mal welche zeigen. Da, schaut her!“
    Er griff in die Tasche und brachte eine halbe Hand voll Goldkörner hervor, welche von der Erbsen- bis zur Haselnußgröße waren. Das waren natürlich Renommier-Nuggets, die er stets bei sich trug, um

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