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0600 - Jenseits des Lebens

0600 - Jenseits des Lebens

Titel: 0600 - Jenseits des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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wären die echsenhaften Fremden keine Feinde.«
    »Mit der Zeitverschiebung«, sagte der Overallträger, ohne weiter auf Onaros Beobachtung einzugehen, »meinte ich etwas anderes. Der Silbermond ist um eine kleine Spanne in die Zukunft versetzt worden.«
    »Wie… wie ist das möglich? Was… was bedeutet das?«
    »Wie es möglich ist, weiß noch keiner von uns. Aber es bedeutet, daß wir nicht mehr in der gleichen Zeit leben wie alle anderen Wesen. Wir sind - unerreichbar fern! Es muß das Werk der Dämonischen sein!«
    Tshat Zarrek war ein Priester der Kälte. Erst vor kurzer Zeit war er vom Adepten aufgestiegen und hatte die Weihe erfahren.
    Aber das bedeutete nicht, daß die anderen auf ihn hinabsahen. Sie akzeptierten ihn als gleichwertig - solange er sich der Lehre unterordnete und den Weisungen der Oberpriester gehorchte.
    Diese Lehre war derzeit einem beachtlichen Wertewandel unterworfen. Seit es nicht mehr nötig war, nach einer Verminderung der Entropie und nach Weltentoren zu suchen, hatte die Priesterschaft an Einfluß verloren. Viele Sauroiden gehorchten mehr der sogenannten Stimme der Vernunft, statt dem alten Glauben zu folgen, der sie jahrtausendelang geleitet hatte.
    Sie glaubten, endlich in Sicherheit zu leben, und das für alle Zeiten.
    Doch die Priester der Kälte warnten immer wieder davor, dieser vermeintlichen Sicherheit allzusehr zu trauen. Sie wußten nur zu gut, daß die Existenz dieser Welt, auf der sie sich nun befanden, kaum weniger gefährdet war als seinerzeit die Echsenwelt.
    Wenn der Träumer Julian Peters starb, dann schützte sie nur noch die Zeitverschiebung vor der großen Katastrophe.
    Aber was war, wenn auch diese Zeitverschiebung nicht auf ewig hielt? Wenn sich die Zeit irgendwann zurückholte, was ihr entrissen worden war?
    Man mußte den Silbermond davor schützen!
    Dazu bedurfte es aber ähnlicher Energien, wie sie einst auf der Echsenwelt von den Priestern gesammelt wurden, um Rettungswege zu finden, hinaus aus ihrer sterbenden Welt.
    Es war aber nicht möglich in aller Öffentlichkeit nach freiwilligen Opfern auszurufen. Bei vielen, die sich jetzt in sorgloser Freiheit wähnten, würde das düstere Befürchtungen und Erinnerungen wachrufen. An jene Zeiten, in denen man zusehen konnte, wie sich die Ränder der Echsenwelt im Nichts auflösten, so daß dieses Nichts immer näher an die besiedelten Gebiete herankroch.
    Man mußte vorsichtig taktieren, denn jetzt, da sich alle sicher fühlten, hielten viele die Priester der Kälte für eine Sekte, die nicht ganz geheuer war. Auch das Opfern von sauroidem Leben wurde kritisch betrachtet.
    Die Priesterschaft mußte daher das Volk erst wieder an die alten Werte heranführen. Das Volk durfte dabei nicht verunsichert werden, denn sonst war alles umsonst.
    Viele Priester, darunter auch der junge Zarrek, waren der Ansicht, man solle auch die Vertreter der Ordnungsmacht für sich gewinnen. Allen voran diesen unverwüstlichen Reek Norr, der immer wieder zum obersten Sicherheitsbeauftragten gewählt wurde und der die Priester für eiskalte Mörder hielt.
    Wenn es gelang, ihm klarzumachen, daß die Arbeit der Priesterschaft wirklich überlebensnotwendig war, dann war vieles gewonnen.
    Tshat Zarrek machte sich auf, um Reek Norr einen Besuch abzustatten und mit ihm zu reden. Er hegte zwar keine großen Hoffnungen, daß sich Norr überhaupt zu einer Unterhaltung herabließ, denn der Sicherheitsbeauftragte galt als verbohrt in seiner starren Ablehnung der Priesterschaft gegenüber, und überhaupt war er arrogant und besserwisserisch. Zudem verwies er gern auf seine Verbündeten von den Fremdwelten, denen er scheinbar mehr vertraute als den Angehörigen seines eigenen Volkes.
    Aber es war einen Versuch allemal wert. Außerdem wollte Zarrek seine Jugend ins Spiel bringen. Er würde als ein Vertreter der neuen Generation unter den Kälte-Priestern auftreten und so versuchen, Norr zumindest zum Zuhören zu bringen.
    Bis zum Organhaus des Sicherheitsbeauftragten war es nicht weit.
    Die Tür stand offen.
    Das war nicht ungewöhnlich. Warum sollte man die Tür schließen in einer Welt, in der es weder schlechtes Wetter noch Diebe gab?
    Zarrek machte sich mit Räuspern und Rufen bemerkbar, aber er erhielt keine Antwort.
    Da trat er vorsichtig ein.
    Er ging davon aus, daß Norr nicht anwesend war, und er fühlte sich etwas unbehaglich bei dem Gedanken, in dessen Absenz einfach so einzudringen. Aber er wollte sich zumindest vergewissern, daß das Haus

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