0603 - Nächte des Schreckens
auszumachen.
Zamorra war verwirrt. Eigentlich hatte er angenommen, daß das Hämmern an seiner Tür im ganzen Haus zu hören gewesen war, doch weder Derleth noch die anderen ›Geisterjäger‹ ließen sich blicken. Alle Türen auf dem Korridor blieben geschlossen. Niemand verließ sein Zimmer, um nachzusehen, was es mit dem Krach auf sich hatte.
Was hatte das zu bedeuten?
Hatten sie den Lärm möglicherweise gar nicht gehört?
Zamorra vermochte es nicht zu sagen. Doch spätestens jetzt wurde ihm klar, daß seine Entscheidung, hierher nach Hidden Place zu kommen, richtig gewesen war.
Was auch immer in dieser alten Villa vorging, es ließ sich mit ›rationalen‹ Mitteln nicht erklären. Hinzu kam, daß Merlins Stern, der sich inzwischen wieder ›beruhigt‹ hatte, heftig auf die Anwesenheit von Schwarzer Magie reagiert hatte. Das bedeutete, daß sich Zamorra in Zukunft wohl besser vorsehen mußte…
Denn irgendwas lauerte im Marsten-Hauses.
Irgend etwas Mächtiges.
Irgend etwas durch und durch Böses…
Mit diesem Gedanken im Hinterkopf schloß Zamorra die Tür des Zimmers und ging zurück zu seinem Schlafsack. Er legte sich so auf sein Lager, daß er die Tür im Auge behielt, und wartete darauf, daß das Klopfen von neuem beginnen würde. Das war häufig der Fall, wenn ein Poltergeist seine Finger im Spiel hatte.
Doch nichts regte sich.
Stille lag über dem Marsten-Haus.
Tiefe, unheilvolle Stille.
Dennoch blieb Zamorra wachsam. Angespannt lag er in der Dunkelheit, starrte so lange auf die Zimmertür, bis die Müdigkeit ihn schließlich nach einer Weile übermannte und er einfach einschlief.
***
Poch! Poch! Poch!
Als das Klopfen von neuem einsetzte, schlug Zamorra ruckartig die Augen auf. Seine innere Uhr sagte ihm, daß seit der letzten Störung etwa anderthalb Stunden vergangen sein mußten.
Innerhalb von einer Sekunde war er auf den Beinen und eilte zur Tür des Zimmers, packte den Knauf und drehte ihn energisch nach rechts, riß die Tür schwungvoll nach innen auf, und…
Draußen stand Professor Derleth!
Er trug einen Schlafanzug, darüber einen Hausmantel. Seine fünfzig Haare standen wirr vom Kopf ab. Seine Augen hinter den dicken Gläsern der Hornbrille machten einen verwirrten Eindruck.
»Professor«, sagte Zamorra beunruhigt. »Was ist los?«
»Collins«, sagte Derleth.
»Was ist mit ihm?«
»Er ist verschwunden.«
Zamorra war mit einem Schlag hellwach. »Haben Sie schon nach ihm gesucht?«
»Wir sind dabei«, sagte Derleth. »Bis jetzt erfolglos.«
»Eine Sekunde. Ich will mir bloß kurz was überziehen. Dann komme ich, um Ihnen bei der Suche nach Collins zu helfen.«
»Okay. Vielen Dank.«
Zamorra ließ die Tür offen, ging zurück zu seinem Lager und zog sich schnell an.
Einen Moment lang überlegte er, ob er seinen Dynastie-Blaster mitnehmen sollte. Doch er entschied sich dagegen.
Die kompakte, handliche Strahlenwaffe war in einem Seitenfach seiner Reisetasche untergebracht und stammte aus dem Fundus der DYNASTIE DER EWIGEN, einem außerirdischen Sternenvolk mit universalen Großmachtsansprüchen. Die Dynastie hatte Zamorra in der Vergangenheit oft genug erheblich zu schaffen gemacht.
Doch Zamorra verzichtete auf die Waffe. Schließlich sah es bislang so aus, als würden sich die Kräfte des Hauses allein auf die Psyche der Menschen auswirken. Der Dynastie-Blaster, der sich sowohl auf Laser-, als auch auf Betäubungsmodus einstellen ließ, war mehr für physisch greifbare Gegner gedacht. Merlins Stern war in diesem Fall die bessere Waffe.
Zamorra verließ das Zimmer und ging den Gang entlang zur Treppe. Während er die Stufen hinabging, hörte er, wie im Erdgeschoß aufgeregt debattiert wurde. Stimmen wurden laut, die einen Moment später abrupt verstummten, als Zamorra die Diele des Hauses betrat.
Derleth und sein Team hatten sich zwischen den Computern und Kontrollapparaturen versammelt. Alle Blicke richteten sich auf den Dämonenjäger.
Zamorra registrierte, daß in den Augen der Versammelten eine Mischung aus Angst, Neugierde und Faszination glänzte. Faszination deshalb, weil sie im Grunde nicht ernsthaft damit gerechnet hatten, daß sich während ihres Wochenendaufenthalts im Marsten-Haus tatsächlich unerklärliche Phänomene ereignen würden. Neugierde, weil sie gespannt waren, wie die Sache sich entwickeln würde. Und Angst, weil sie erkennen mußten, daß das, was im Verborgenen in dieser Villa lauern mochte, auch vor ihnen nicht haltmachen würde.
Wenn das
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