0606 - Marathon der Raumschiffe
die Speicher des Bordrechners keinerlei Daten enthielten, die dem Raumschiff bei dem bevorstehenden Rennen zu einem unfairen Vorteil gegenüber anderen Teilnehmern verhelfen würden. Der Bordrechner bestand diese Prüfung in glänzender Manier. Die Herren Kontrolleure wurden, wie üblich, zu einem freundlichen Umtrunk eingeladen.
Als sie schließlich von Bord gegangen waren, wurde die Kabelverbindung zu einem im Empfangsgebäude stehenden Positronik-Speicher hergestellt, und die Koordinaten der Zwischenziele wurden von dort aus in den Bordrechner eingegeben. Nach der Aushändigung der Daten löschte sich der Speicher im Empfangsgebäude selbsttätig, und das mit besonderen Chemikalien präparierte Kabel zerfiel in Sekundenschnelle, so daß keine Spur davon übrig blieb.
Der Start der MARCO POLO war auf zehn Uhr festgesetzt.
Der Flug zum Auro-Pety-System, wo das Startfeld sich zu versammeln hatte, würde selbst bei geringer Fahrt nur wenige Stunden in Anspruch nehmen. Der Beginn des Sonnen-Marathons, das heißt: die Ausgabe der verschlüsselten Koordinaten der Zwischenziele, würde um 18 Uhr Standardzeit erfolgen. Um neun Uhr dreißig begannen die schweren Aggregate der MARCO POLO und ihrer Begleitschiffe anzulaufen. In letzter Sekunde, gerade bevor sich die automatischen Schotts verriegelten und das riesige Schiff hermetisch von der Umwelt abschlossen, brachte ein Kurier ein an Perry Rhodan adressiertes kleines Päckchen, das eine Ordonnanz am Kopfende der Feldbrücke in Empfang nahm. Das Päckchen passierte mehrere Instanzen, wobei man es schüttelte, beklopfte, durchleuchtete, wog und mit radioaktiver Strahlung bombardierte, um sich von seiner Harmlosigkeit zu überzeugen.
Erst dann gelangte es in den Besitz Perry Rhodans. Er öffnete es und entnahm ihm drei Gegenstände: Das Rangabzeichen eines Leutnants der Solaren Flotte, eine auf Leutnant Kalle Wessel ausgestellte militärische ID-Karte und schließlich ein Stück Schreibfolie, auf der zu lesen stand: SO RÄCHT SICH EIN HALUTER FÜR HEIMTÜCKE Das war das letzte, was auf dieser Bezugsebene im Zusammenhang mit Leutnant Wessel gehört wurde.
7.
Langsam, majestätisch sank die MARCO POLO durch die wirbelnden Gasmassen der Chromosphäre. Die Feldschirme waren ausgefahren. Die mörderischen Temperaturen der höchsten Schichten der Sonnenatmosphäre vermochten dem Schiff nichts anzuhaben. In der Tiefe brodelte der Atomofen der Sonne Verko-Voy. Tastergeräte maßen ständig den Abstand von den obersten Schichten der Photosphäre. Unmittelbar über den heißen und dichteren Gasmassen der Photosphäre würde die MARCO POLO zur Ruhe kommen.
So tief war noch nie ein Raumschiff in das Innere einer Sonne eingedrungen. Normalerweise genügte es, sich am Rande der Korona zu verstecken, wenn man nicht geortet werden wollte.
Perry Rhodan jedoch war sicher, daß die Einheiten seines Gegenspielers diesmal besonders sorgfältig nachsehen würden, und daß die Korona ihm keinen ausreichenden Schutz bot. In der Tiefe, dicht über der Photosphäre, würde er sicher sein. Das neue Nugas-Kraftwerk war aktiviert worden, um die Feldschirme zu verstärken und zu verhindern, daß die Außenhülle des Schiffes schutzlos der mörderischen Umgebung preisgegeben wurde.
Das Chronometer zeigte den 23. Oktober. In drei Tagen erst war mit dem Eintreffen der ersten Teilnehmer am Sonnen-Marathon zu rechnen. Vorher jedoch würden die Sicherungseinheiten der Solaren Flotte und das Wachschiff der Marathon-Kontrolleure eintreffen. Vor ihrem Eintritt in die Sonnenkorona von Verko-Voy hatte die MARCO POLO außerhalb der Protuberanzenzone eine Meßsonde hinterlassen.
Die automatischen Taster der Sonde durchsuchten unaufhörlich den Raumsektor nach Anzeichen, die auf die Annäherung eines Raumschiffes hinwiesen. Per Hyperfunk wurden die von der Sonde gemessenen Daten an die in der Chromosphäre versunkene MARCO POLO weitergeleitet. Der Empfang war, wegen der Störungen, die von Verko-Voy ausgingen, von mäßiger Qualität. Er reichte jedoch aus, um die Besatzung des Riesenschiffes über die Vorgänge in der Außenwelt auf dem laufenden zu halten.
Die MUTTER BEMM war wohlbehalten an Bord des Schiffsgiganten zurückgekehrt. Techniker bemühten sich um sie und entfernten die häßlichen An-und Umbauten, die angebracht wurden, um dem kleinen Raumschiff einen neuen Charakter zu verleihen. Auch die beiden Scouts legten nicht nur ihre falschen Namen, sondern auch ihre Masken ab und verwandelten
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