0608 - Das Böse kommt
anderes. Ich muß ja wieder zurück in meine Zeit, um dort bis zum Tode weiterleben zu können. Wie wollen wir das schaffen?«
»Da wird uns wieder der Spiegel helfen, keine Sorge. Zunächst verlassen wir das Haus.«
»Wo begeben wir uns hin?«
»Zu mir.«
Mehr sagte ich nicht und überließ sie ihrem Staunen, denn sie bekam mit, wie ich zum Telefon ging und die Nummer meines Freundes Suko wählte. Er war in seiner Wohnung, die Stimme klang frisch, und er wollte sofort wissen, wo ich mich aufhielt.
Ich erklärte es ihm, um anschließend rasch zur Sache zu kommen.
Suko hörte gespannt zu, zischte manchmal nur durch die Zähne seinen Atem aus und räusperte sich einige Male, bevor er eine Frage stellte. »Willst du sie tatsächlich mitbringen?«
»Ja.«
»Und dann?«
»Werden wir einen bestimmten Versuch starten. Femina wird einiges wissen, was jetzt noch in ihrem Gedächtnis begraben ist. Ich möchte außerdem, daß du mir zur Seite stehst. Sollten wir in die Vergangenheit zurückreisen, dann zu dritt.«
»Dagegen habe ich so lange nichts, wenn wir auch sicher sein können, wieder zurückzukehren«, lachte Suko.
»Bestimmt, mein Lieber, bestimmt.«
»Dann ist es gut.«
Ich legte auf, drehte mich um und hörte den überraschten Ruf der jungen Frau.
»Was ist mit dir?«
Sie deutete zitternd auf das Telefon. »Du… du hast gesprochen?«
»Natürlich.«
»In diesen komischen…« Sie hob die Schultern. »Ich weiß nicht, wie es heißt.«
»Telefon.«
Sie sprach das ihr fremde Wort langsam aus.
Als wir dann vor dem Rover standen und ich ihr die Tür öffnete, begann das richtige Staunen, vermischt mit dem Ausdruck von Angst und Panik.
»Was soll ich da?«
»Einsteigen.«
»Und… und dann?« Sie hatte sich schon gebückt und schaute in den Wagen.
»Wir werden fahren.«
»Einfach so.«
»Laß dich überraschen, Femina.« Ich lächelte so nett wie möglich und hatte sie überzeugen können. Dennoch setzte sie sich sehr vorsichtig auf den Beifahrersitz, bewegte sich etwas, räusperte sich, wischte Schweiß von ihrer Stirn, lächelte knapp und zog die Tür zu.
»Fertig?«
»Ja.«
Ich schnallte zuerst sie und dann mich an.
»Warum das?«
»Du wirst es sehen, Femina.« Ich startete den Motor und merkte, wie sie zusammenschrak. Steif hockte sie auf dem Beifahrersitz. Ich mußte sie wieder beruhigen.
Nach einigen Minuten hatte ich sie soweit, daß sie nur mehr staunen konnte, als sie mit mir durch London rollte, das sie so sicherlich nicht kannte.
Ihre Rufe, ihre leisen Schreie, ihr Zusammenzucken, ihr Wegsehen und das wieder behutsame Nachschauen, all das blieb auf unserer Reise durch die Stadt bestehen.
Schließlich, als wir in die Tiefgarage rollten, deren Eingangstür sich geöffnet hatte, bekam sie noch einmal das große Staunen. »Wie in einen Schlund«, flüsterte sie.
Der Lift schoß uns wenig später in die Höhe. Auch darüber wunderte sie sich sehr.
»Die Menschen in deiner Zeit wohnen aber eng«, sagte sie, als wir über den Flur schritten. »Das ist nicht besser.«
»Stimmt, nur eben komfortabler.«
»Was ist das denn?«
Ich erklärte es ihr und ließ sie dann eintreten, wobei ich noch schnell das Licht einschaltete.
Im Flur schüttelte sie den Kopf und traute sich erst in den Wohnraum, als ich sie rief. Wie ein scheues Reh kam sie näher, blickte sich um und registrierte all die für sie so fremden Gegenstände, die zwar ihre grundsätzliche Form behalten hatten, aber doch stark von den Möbelstücken von vor zweihundert Jahren abweichen.
Ich wollte es etwas locker angehen lassen und fragte: »Gefällt es dir bei mir?«
Femina hob die Schultern. »Das weiß ich nicht. Es ist mir alles so fremd.«
Ich lachte in den Raum hinein. »Das kann ich mir gut vorstellen. Aber ich habe mich daran gewöhnt.«
»Das glaube ich dir.« Sie strich über ihre Augen. »Vielleicht könnte auch ich mich daran gewöhnen, aber ich muß wieder zurück. Du hast mich aus meinem Leben herausgeholt, in ein anderes hineingestellt, aber ich habe mich nie daran erinnert, wenn ich darüber nachdenke. Das hier ist an mir vorbeigelaufen.«
Ich wußte nicht, was ich ihr antworten sollte. Es hatte auch keinen Sinn, ihr die Technik meiner Zeit erklären zu wollen. Sie würde sie benutzen und fertig.
»Kann man sich bei dir auch waschen?« fragte sie.
»Ja.«
»Der Brunnen ist…« Plötzlich lachte sie auf. »Nein, so etwas wird es nicht mehr geben.«
»Da hast du recht. Komm bitte mit.« Ich führte
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