0609 - Tiefsee-Mystik
Schatz bewachen sollten.
»Hier sollen wir also tauchen«, sagte ich und nickte gegen die Decksplanken.
Suko grinste. »Es wird kalt werden.«
»Die Taucheranzüge sollen ja wärmen.«
Kate Tanner zeigte ein besorgtes Gesicht. »Seid ihr denn Spezialisten für diese Tiefe?«
»Nein.« Suko antwortete für mich gleich mit. »Wir haben öfter getaucht, aber das war eine andere Gegend.«
»Kann ich mir denken.« Kate deutete auf das Wasser. »An der Oberfläche ist es unruhig, das hat seinen Grund. Die Felsen verändern die Strömung und machen aus ihr gefährliche Wirbel und Strudel. Ich bin davon überzeugt, daß es unter Wasser ebenso schlimm sein wird, wenn nicht noch schlimmer. Genaue Berechnungen darüber habe ich nicht, obwohl es die sicherlich geben wird. Ich muß mich da schon auf die Aussagen der Einheimischen verlassen, denen dieser Küstenstreifen nicht geheuer wird. Das hängt nicht nur allein mit dem Schatz zusammen.«
»Du zählst auch die Strudel hinzu.«
»Richtig, John.«
»Wir müssen trotzdem runter«, erklärte Suko. »Und zwar so schnell wie möglich.«
»Noch etwas.« Kate räusperte sich. »Ich kann nicht garantieren, daß ihr den Schatz hier unten finden werdet. Auch wenn er an dieser Stelle liegen sollte, wird man ihn meiner Ansicht nach gesichert haben. Dieses Gebiet unter Wasser ist bisher kaum erforscht worden. Zum Land hin soll es Stollen und Höhlen geben, die sich zu einem wahren Labyrinth verzweigen. Wer hier taucht, der muß lebensmüde sein. Das sagen die Menschen von Greenspond.«
Ich lächelte. »Willst du uns Angst einjagen?«
»Bestimmt nicht. Doch wir sollten wissen, was auf uns zukommt.«
»Gut«, entschied Suko, »machen wir es am besten so. Zunächst taucht einer von uns und sondiert die Lage, damit wir uns einen ersten Überblick verschaffen können.«
»Einverstanden.«
»Wer soll tauchen?«
»Bist du überhaupt fit?«
Suko hob den rechten Zeigefinger. »Laß mich nicht wütend werden, Alter.«
»Okay, okay, keine Panik. Wir losen.«
»Damit bin ich einverstanden.«
Suko nahm Kopf, ich Zahl, und Kate warf die Münze in die Luft.
Als sie die rechte von der linken Hand wegnahm, bekam ich einen trüben Blick, denn ich hatte verloren.
»Kopf«, sagte Suko. »Diesmal habe ich gewonnen.«
»Ich weiß nicht, ob ich dich darum beneiden soll.«
»Bestimmt nicht«, meinte Kate, als Suko gegangen war, um die Ausrüstung loszuzurren, die wir an Deck gelegt hatten. Die glatten Taucheranzüge waren von innen isoliert. Sie würden also eine bestimmte Temperatur aushalten können.
Glücklicherweise war es an dieser Stelle nicht so tief, als daß wir den Druck nicht hätten aushalten können. Suko entkleidete sich bis auf sein Jeanshemd und die shortartige Unterhose. Als er sich den Neoprenanzug überstreifte, war ich ihm behilflich.
Der Anzug war nicht durchlaufend dunkelgrau. Gelbe Streifen an den Seiten hellten ihn auf.
»Alles klar?«
»Fast.« Suko bückte sich. Er nahm die starke Taucherleuchte an sich und auch das Messer mit der breiten, zweischneidigen Klinge.
Er ließ es in einer am Gürtel befestigten Scheide verschwinden, weil er sich nicht selbst verletzen wollte.
Dann legte er die beiden Preßluftflaschen an, atmete einige Male, war zufrieden und tappte mit den dunklen Schwimmflossen über Deck wie eine übergroße Ente.
Ich schaute zurück auf das Meer.
Kein Boot war zu sehen, auch die drei Killer schienen uns von der Wasserseite her noch nicht zu suchen. Möglicherweise kamen sie auch von Land, bei ihnen mußte man mit allem rechnen.
An der Reling war Suko stehengeblieben. Er schaute in das schaumige Wasser, das an den Seiten des Bootes entlangglitt. »Wenn ich jetzt sicher sein könnte, daß sich der Schatz auch tatsächlich unter dem Bootskiel befindet, wäre viel gewonnen.«
»Soviel Glück werden wir nicht haben«, sagte ich.
»Abwarten.« Er wandte sich an Kate Tanner. »Sag mal, weißt du denn, wo die geheimnisvollen Gänge oder Stollen beginnen. Müssen wir weit vor dem Land ins Meer?«
»Keine Ahnung. Das mußt du schon selbst herausfinden.«
»Hör zu, Suko. Wenn es zu gefährlich wird, kommst du sofort hoch. Versprochen?«
Er nickte nur, weil er sich bereits das Mundstück zwischen die Lippen geschoben hatte. Ich schlug ihm zum Abschied auf die Schulter. Suko setzte die Taucherbrille auf, nickte uns noch einmal zu, kletterte über die Reling hinweg und ließ sich kopfüber in die graugrünen Fluten fallen, wo er verschwand wie ein
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