061 - In der Gewalt der Schneemenschen
macht nur Ihre Nähe." Dorian grinste.
Die Ärztin lachte. „Atmen Sie tief ein, dann halten Sie die Luft an!"
Dorian gehorchte.
„Und jetzt tief ausatmen!"
Wieder folgte der Dämonenkiller.
„Sie rauchen zu viel, Mr. Hunter", sagte Delphine Benne. „Ich glaube, daß Sie in Ihrer Lunge eine Rassel versteckt haben. Sie schnaufen ja wie eine Dampflokomotive. Rauchen Sie weniger!"
„Sehr schmeichelhafte Komplimente haben Sie ja nicht auf Lager", brummte Dorian.
„Legen Sie sich aufs Bett!" befahl die Ärztin.
Der Dämonenkiller legte sich auf den Rücken. Die Hände der Ärztin glitten über seinen breite Brustkasten. Sie schüttelte den Kopf, als sie seine Leber betastete.
„Nicht nur, daß Sie zu viel rauchen, Mr. Hunter", sagte sie, „Sie trinken auch zu viel. Nur so weiter! Sie sind auf dem besten Weg, eine hübsche Säuferleber zu bekommen."
„Da sagen Sie mir nichts Neues, Delphine." Dorian grinste wieder und sprang vom Bett. „Sonst noch etwas?"
Die Ärztin schüttelte den Kopf. „Sie sind völlig gesund, soweit ich das bei so einer flüchtigen Untersuchung feststellen kann."
Dorian zog sich an, und Coco erschien zur Untersuchung.
Der Dämonenkiller blieb vor dem Lazarettzelt stehen. Er blickte zum Gipfel des Amai Dablang hinauf. Hier irgendwo in der Gegend konnte sich Hekate aufhalten. Er hoffte, daß er mit der Suche nach ihr Glück hatte.
Immer wieder war das Donnern von Eislawinen zu hören, und dazu heulte der Wind.
Jeff trat aus einem der Messezelte und gesellte sich zu Dorian.
„Für eine Hexe ist dieses Gebiet ein gutes Versteck", sagte er, und der Dämonenkiller nickte. „Was wirst du tun, wenn wir diese geheimnisvolle Hekate tatsächlich finden, Dorian?"
„Sie töten", sagte der Dämonenkiller einfach.
„Und wie willst du das anstellen?"
Dorian hob die Schultern. „Dafür ist hauptsächlich Coco zuständig. Sie weiß, wie man mit Hexen umgeht."
Coco und Delphine verließen das Lazarettzelt. Sie gingen den mit Steinplatten ausgelegten Verbindungsweg zum Messezelt entlang, betraten es, schlüpften aus ihren Anoraks und setzten sich um einen kleinen Tisch.
Sam Holden rauchte eine Pfeife. Vor sich hatte er eine Schale dampfenden Tees stehen. Averell Sharp hing eine ausgegangene Zigarre im rechten Mundwinkel. Die beiden studierten Coco ziemlich unverschämt.
Dorian grinste. Er konnte es den beiden nicht verdenken, daß sie seiner Gefährtin sehnsüchtige Blicke zuwarfen.
Die Unterhaltung drehte sich hauptsächlich um die Yetis. Holden und Sharp waren Skeptiker. Sie hatten zwar einige Yetispuren gesehen, waren aber von der Existenz der Schneemenschen noch immer nicht überzeugt.
Eine Stunde später betraten zwei Männer das Messezelt. Beide waren für die Filmaufnahmen zuständig.
Nils Dahlberg war eine eindrucksvolle Erscheinung. Ein wahrer Riese mit einem Stiernacken und einem fast viereckigen Gesicht, das ein gewaltiger, hellblonder Bart zierte. Seine Haare waren kurz geschnitten, und die Augen von einem fast unwirklichen Blau. Seine Stimme klang wie das Dröhnen des Donners.
Pablo Lozada war ein schüchterner kleinwüchsiger Spanier. Das schwarze Haar trug er ziemlich lang. Sein Gesicht war nichtssagend und voller Falten. In seinen Augen schien sich alle Traurigkeit der Welt zu spiegeln.
Die beiden setzten sich. Ihre heutige Expedition war teilweise erfolgreich verlaufen. Sie hatten fünfhundert Meter oberhalb des Lagers frische Yetispuren entdeckt und sie auch fotografiert. Dahlberg reichte einige Polaroidfotos im Kreis herum. Deutlich waren die Fußstapfen zu sehen. Sie hatten die Spuren einige Zeit verfolgt, doch dann hatten die Spuren plötzlich vor einer Steilwand geendet. Sie hatten die Wand untersucht, aber keine Höhle gefunden.
Dorian hob den Kopf, als Khapa Srong das Zelt betrat. Der kleine, braunhäutige Mann blieb neben dem Eingang stehen. Er war etwa vierzig Jahre alt. Der Kopf war völlig kahl geschoren, die Ohren standen weit ab, die Nase war flachgedrückt, die Lippen waren fleischig, der Blick der mandelförmigen schwarzen Augen war kühl.
Srong musterte die Anwesenden der Reihe nach. Dorian gewann den Eindruck, als würde ihn der Expeditionsleiter länger anstarren.
Dann setzte sich Srong langsam in Bewegung. Dabei bewegte er die ungewöhnlich schönen Hände. Vor dem Tisch blieb er stehen, preßte die Handflächen zusammen und hob die Hände vors Gesicht. „Namaste", sagte er, was soviel wie guten Tag bedeutet. Seine Stimme klang
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