0610 - Totenfee der Templer
John Sinclair befinden. Man nennt ihn nicht grundlos den Sohn des Lichts, Chris, und seine Geburten oder Existenzen reichen zurück bis in die Zeit König Salomons.«
Suko hatte bewußt zahlreiche Informationen derart knapp zusammengefaßt. Er wollte die Nixe verwirren, was ihm auch gelungen war. Mit einer fast rührenden, sehr menschlich wirkenden Geste strich sie über ihr Gesicht und streifte auch einen Teil ihrer nassen Haare zurück. Dabei bewegten sich ihre Lippen, ohne daß sie etwas sagte.
»Du gibst keinen Kommentar ab?« fragte Suko.
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Einerseits halte ich es für unwahrscheinlich, andererseits traue ich dir eine derartige Lüge nicht zu. Das kann man nicht erfinden, Suko.«
»Stimmt.«
»Aber der Schatz«, sprach sie weiter. »Obwohl ich nicht weiß, wo er liegt und wie groß er ist, kann ich mir vorstellen, daß sein Anblick einen Menschen verändert und ihn schrecklich gierig macht. Denkst du nicht ebenso?«
»Ja – nur nicht bei John Sinclair, wie ich schon sagte. Ich weiß genau, daß er den Schatz nicht in seiner Gesamtheit bergen will, um zu einem reichen Menschen zu werden. Er würde höchstens etwas davon nehmen, weil er damit die Templer unterstützen will, die noch heute den alten Idealen nachgehen und sich von ihren Gründern kaum unterscheiden. Das ist es doch, was ich meine.«
»Ich kenne sie nicht.«
»Das kannst du auch nicht. Es ist nur eine kleine Gruppe. Sie lebt in Südfrankreich und wird angeführt von einem sehr aufrechten Mann, dem Abbé Bloch. Leider ist dieser Mensch blind, aber er hat den Kampf trotzdem nicht aufgegeben. Er wird so lange weitermachen, bis die Templer, die den falschen Weg gingen und sich an den Lehren des Götzen Baphomet aufrichteten, nicht mehr existieren. Das ist nicht nur sein Kampf, es ist auch der meinige.«
»Dann seid ihr Freunde der Templer.«
»Ja.«
Mit ihrer nächsten Frage bewies Chris, daß sie mitgedacht hatte.
»Aber woher soll ich wissen, welche Templer den Schatz herbrachten? Wer sagt mir, daß sie gut waren?«
»Die Historie, die alten Aufzeichnungen. Es gelang vielen Gerechten vor der großen Jagd auf den Orden, noch rechtzeitig genug die Flucht zu ergreifen und wertvolle Schätze mitzunehmen, damit diese nicht in die Hände anderer fielen.«
»Das klingt wahr«, sagte sie.
»Es ist auch wahr«, erklärte Suko. »Die Geschichtsschreiber haben sich nicht geirrt. Sie berichteten davon, daß die Schätze an dieser Küste verborgen sind, damit sie nicht so leicht von einem Fremden gefunden werden. Selbst ich weiß es nicht. Aber ich bin in diese Kraft hineingeraten, die wohl die Templer-Schätze umgibt.«
»Sie müssen sich abgesichert haben.«
»Wie denn?«
»Durch Magie, denn zahlreiche Templer zählten zu den Wissenden und Weisen. Sie wußten genau, daß es nicht nur eine Physik gab, sondern auch eine Metaphysik, ein Gebiet, das hinter der real existierenden Naturwissenschaft verborgen liegt.«
»Um an den Schatz zu gelangen, müßten wir diesen magischen Schutzschirm durchbrechen?«
»So ist es.«
»Kann das nicht gefährlich sein?«
»Bestimmt.« Suko gestattete sich ein Lächeln, was die Nixe irritierte. »Du siehst aus, als hättest du keine Angst vor dem Kommenden, Suko.«
»Ich sehe ihm mit einer gelassenen Spannung entgegen.« Der Inspektor breitete die Arme aus. »Mein Freund John und ich haben nichts Böses vor, Chris. Wir sind gekommen, um den Schatz zu finden. Ich möchte es noch einmal betonen, wir wollen ihn nicht rauben.«
»Das weiß ich nun.«
Suko schaute sich um. »Vielleicht gibt es einen Weg, der uns in das Zentrum führt. Ich kann mir nicht vorstellen, daß es sich hier befindet. Die Bücher hatten von gut gehüteten Verstecken berichtet, von labyrinthartigen Gängen, die wir durchschreiten müssen, um an den Schatz zu gelangen. Wer diese Höhle erreicht und sich umschaut, wird keinen Weg finden, aber es muß einen geben.«
Die Nixe bewegte ihre Schultern. »Ich weiß es nicht genau, man hat sich mir nicht offenbart, aber ich an deiner Stelle würde die Wände absuchen. Sie sehen dunkel aus, obgleich sie geheimnisvoll glosen und ihr Licht verteilen. Dort solltest du genau nachschauen. Möglicherweise gibt es einen Eingang, der dem menschlichen Auge verborgen ist. Die Templer haben gewußt, was sie taten. Alles ist sehr geheimnisvoll, ist verschachtelt und mit Fallen bestückt.«
»Keine Sorge, ich gebe schon acht.« Suko wandte der Nixe den Rücken zu und
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