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0615 - Der träumende Dämon

0615 - Der träumende Dämon

Titel: 0615 - Der träumende Dämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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immun gegen sein Amulett gezeigt, und der Wechselbalg schien zusätzlich auch noch resistent gegen die Magie von Dhyarra-Kristallen zu sein!
    »Verrückt«, murmelte Zamorra. »Ich bin völlig verrückt, wenn ich so etwas auch nur erwäge! Wenn ich Zorak erwische, bleibt mir nichts anderes übrig, als ihn zu töten. Und das Dämonenkind… T'Carra hat Sid es genannt… verdammt!«
    Er war Dämonenjäger, aber doch kein Kindermörderl Und wie auch immer man es sehen mochte: T'Carra war noch ein Kind!
    Zamorra schloß die Augen.
    Nein, er konnte es nicht planen. Er konnte nicht Voraussagen, was er tun würde, wenn er Zorak und den Wechselbalg stellte, und es zum Kampf kam. Vielleicht war es sogar besser, diesem Kampf aus dem Weg zu gehen, wo immer das möglich war. Es gab noch andere Dämonenjäger, die sich möglicherweise mit Zorak beschäftigen könnten.
    Aber das hieß doch in Wirklichkeit nur, vor der Entscheidung zu fliehen und den Kopf in den Sand zu stecken. Eine wirkliche Lösung des Problems war es nicht. Und Zamorra ahnte, daß er irgendwann demjenigen, der ihm dieses Problem abnahm, Vorwürfe machen würde. Denn irgendwie war in diesem Fall alles falsch.
    »Du wirst alt«, murmelte Zamorra im Selbstgespräch. »Was schert's dich, was aus Dämonen wird? Die machen sich auch keine Gedanken um das Wohl oder Wehe von Menschen, sondern bringen sie einfach um. Mach's wie Yves Cascal, der ›Schatten‹.. Jage sie und erschlage sie.«
    Aber er besaß nicht diese Härte, die ihn oft schaudern ließ, wenn er mit Cascal sprach. Der Mann hatte sich verändert, seit Lucifuge Rofocale seinen Bruder im Rollstuhl ermordet hatte. Cascal war zum gnadenlosen Rächer geworden.
    Zamorra erinnerte sich, daß er noch immer den Ju-Ju-Stab in seiner Obhut hatte, den Stygia, die Fürstin der Finsternis, Cascal vor einiger Zeit abgenommen hatte. Zamorra wiederum hatte den dämonentötenden Stab ihr abgetrickst.
    Eigentlich gehörte der Stab Zamorra. Cascal hatte ihn auch nur gestohlen; bisweilen hegte er recht eigenwillige Vorstellungen von Dein und Mein. Aber alle im Team wußten, daß der ›Schatten‹ mehr mit dieser magischen Waffe anfangen konnte als Zamorra oder einer der anderen.
    Deshalb hatte Zamorra beschlossen, den zurückerbeuteten Stab Cascal wieder zukommen zu lassen, sobald sich eine Möglichkeit bot.
    Aber diese Gedanken halfen ihm hier und jetzt beim Problem Zorak und T'Carra nicht weiter.
    Er füllte das Glas noch einmal mit der kostbaren Denkhilfe und genoß den Bowmore in kleinen, bedächtigen Schlucken.
    Aber weiter kam er dabei auch nicht mehr.
    Schließlich löste er den Blick wieder vom knisternden Kaminfeuer.
    »Am besten lasse ich alles an mich herankommen«, beschloß er. »Wenn ich Zorak tatsächlich in Rom finde, kann ich immer noch eine Entscheidung treffen.«
    Aber er wußte, daß auch dieser Beschluß kaum mehr als eine Flucht war. Denn vielleicht ging dann alles dermaßen schnell, daß er keine Zeit zum Nachdenken fand - und die Entscheidung, wenn er sie später für falsch befand, auf den Zeitdruck schieben konnte…
    Er seufzte, setzte das geleerte Glas ab und verließ das Kaminzimmer.
    Draußen auf dem Korridor erwartete ihn Fooly…
    ***
    T'Carra löste sich aus ihrem Traum. Sie erinnerte sich daran, was Zorak ihr erzählt hatte über das, was damals geschehen war. Sie verglich es mit dem, was sie in ihren wahrheitssuchenden Träumen erlebte.
    Die Bilder glichen sich. Stimmten überein.
    Zorak zog sich aus der Gemeinschaft der Corr zurück. Es war keine Lösung auf Dauer. Aber trotz des drohenden Verhängnisses wollte Zorak die Zeit genießen, die ihr und dem Kind noch blieb. Sie hatte es T’Carra genannt. Wie bei den Corr üblich, war dies ein provisorischer Name. Wenn T'Carra zum vollwertigen Mitglied der Sippe herangereift wäre und den Initiierungsritus hinter sich gebracht hätte, würde sie sich je nach Belieben Carra oder Zarra nennen dürfen.
    Aber T'Carra würde niemals Zarra werden. Zorrn, Oberhaupt der Dämonensippe, und die Mehrheit aller anderen Angehörigen der Corr-Familie, waren zu konservativ. Zorrn würde T'Carra nicht zum Ritus zulassen. In seinen Augen würde T'Carra ein Bastard sein, ein mißratenes Ungeheuer, ein Rückschritt der Evolution. Niemand würde gelten lassen, daß es sich um ein Unglück handelte, das T'Carra in diese geflügelte und gehörnte Vergangenheitsgestalt Gezwungen hatte. T'Carras Existenz war ein Makel; sie hätte niemals in dieser Gestalt geboren

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