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0615 - Der träumende Dämon

0615 - Der träumende Dämon

Titel: 0615 - Der träumende Dämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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befinden, obgleich er nur wenige Schritte getan hatte. Foolys Hand berührte nach wie vor die seine.
    Aber der Drache hatte sich ebenfalls verändert.
    Er war nicht mehr das tolpatschig aussehende Geschöpf, dessen Anblick Zamorra so vertraut war. Unglaublich war er gewachsen, war jetzt ein beinahe ausgewachsener, großer Drache. Und doch war er innerlich immer noch der alte Fooly. Zamorra konnte es deutlich spüren.
    »Wo sind wir hier?«
    »In einer Welt, die du selbst formst mit der Kraft deiner Wünsche und Träume«, erwiderte Fooly. »Du wolltest das Schmetterlingsmädchen aus deinem nächtlichen Traum sehen. Du mußt es dir vorstellen, so, wie du es gesehen hast, und du wirst es Wiedersehen.«
    »Wie ist das möglich?«
    »Ich könnte es dir erklären. Aber du würdest es nicht verstehen«, sagte Fooly. »Es gibt Dinge, für die ist der menschliche Verstand nicht geschaffen.«
    Zamorra nickte. Es lag ihm fern, die Worte des Jungdrachen als altklug abzustempeln. In den etwa hundert Jahren seiner Kindheit hatte Fooly mit Sicherheit mehr Erfahrungen sammeln können als jeder Mensch, der sich selbst als ›erwachsen‹ betrachtete.
    »Tu es einfach.«
    ***
    Zamorra versuchte, sich das Wesen aus seinem Traum in die Erinnerung zurückzurufen. Wieder änderte sich die Welt um ihn herum. Es wurde dunkel, und er sah den großen Baum, auf dessen Ast das Schmetterlingsmädchen vor dem riesigen Vollmondrund saß.
    Zamorra betrachtete es nachdenklich.
    T'Carra, das Dämonenkind?
    Ihm kamen Zweifel.
    Zoraks Wechselbalg mußte etwa dreizehn Jahre zählen, kaum mehr. Dieses Schmetterlingsmädchen war aber alles andere als ein dreizehnjähriges Kind!
    Es wirkte älter, reifer. Um wenigstens fünf bis zehn Jahre mehr!
    Hatte er sich geirrt?
    »Vertrau deinen Träumen und nichts sonst«, hörte er des Drachen Stimme.
    Zoraks Teufelskind sah ebenso wenig aus wie dieses Geschöpf, wie auch das Alter nicht stimmte. Zamorra schüttelte den Kopf.
    »Es ist falsch«, sagte er leise. »Ich habe mich geirrt. Der Traum muß eine andere Bedeutung haben. Laß uns heimgehen, Fooly.«
    »Du bist sicher?«
    »Ja.«
    Aber im gleichen Moment schreckte das Schmetterlingsmädchen zusammen. Es sah direkt in Zamorras Richtung - und entdeckte ihn und den Drachen.
    Ein gellender, entsetzter Aufschrei!
    Und das Mädchen stürzte vom Ast in eine bodenlose Tiefe…
    ***
    Zorak merkte auf. Der Corr fühlte, wie etwas seine Gedanken berührte und auslotete. Etwas, das er in dieser Form noch nie zuvor erlebt hatte. Er konnte sich nicht dagegen wehren.
    Warum nicht?
    Zorak begann, das Etwas zu analysieren. Versuchte, es seinerseits zu fassen zu bekommen. Aber es gelang ihm nicht. Das, was nach seinen Erinnerungen griff, zog sich immer wieder zurück, ehe er es mental packen konnte. Aber es war etwas unwahrscheinlich Vertrautes daran. Etwas, das Zorak signalisierte: Ich bin nicht dein Feind!
    Wieder versuchte er sich abzuschirmen. Wieder erfolglos. Aber dann ging er plötzlich den entgegengesetzten Weg. Mit einem Schlag öffnete Zorak sich, versuchte das andere damit zu überrumpeln - vielleicht beging es jetzt einen Fehler?
    Aber auch jetzt kam er selbst nicht durch. Statt dessen fühlte er etwas wie Erleichterung. Ein Impuls drang zu ihm durch: Endlich sperrst du dich nicht mehr gegen mich! Nun wird es leichter, zu erfahren, was ich wissen muß…
    »Wer bist du?« schrie Zorak. »Gib dich mir endlich zu erkennen!«
    Doch das andere, das ihn von innen heraus belauschte, zog sich wieder aus ihm zurück.
    Für eine kurze Zeit…
    ***
    Sekundenlang war Zamorra wie erstarrt. Er sah das Schmetterlingsmädchen abstürzen. Unwillkürlich machte er zwar einen raschen Sprung vorwärts, um das Geschöpf aufzufangen, aber er war nicht schnell genug. Das Mädchen sauste an seinen zufassenden Händen vorbei in die Schwärze.
    Narr!! durchfuhr es ihn. Um ein Haar wärst du selbst ebenfalls abgestürzt!
    Unmittelbar vor seinen Füßen gähnte der Abgrund!
    Zamorra sah das Mädchen als immer kleiner werdenden Lichtpunkt verschwinden.
    Verdammt, wieso setzte das Schmetterlingswesen nicht seine Flügel ein, um den Sturz abzufangen?
    Im gleichen Moment begann es, wie wild zu flattern und kam allmählich wieder nach oben.
    Zamorra lächelte erleichtert. Er fühlte sich schuldig an dem Absturz. Seine Nähe hatte das eigenartige Geschöpf erschreckt.
    Augenblicke später befand es sich wieder auf gleicher Höhe mit Zamorra. Aber es sah nicht ihn an, sondern den Drachen.
    Fooly

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