0616 - Die Andro-Pest
brauchte nur selten sein Gerät zu bedienen. Yüan Tsung holte insgesamt vier Gebilde aus der Bauchhöhle Alts. Alle vier stellten winzige, menschenähnliche Geschöpfe dar, bestanden aber ebenfalls nur aus einer Ballung von Andro-Bakterien, wie eine kurze Untersuchung bewies.
Als die Operation beendet und der Patient versorgt war, erklärte der Solarmarschall: „Ich werde jetzt in die Hauptzentrale zurückkehren, Doktor.
Hoffentlich brauchen Sie mich in den nächsten Stunden nicht wieder. Ich möchte nämlich den Start der MESACION persönlich leiten.
Dr. Yüan nickte ernst.
„Wir können nur hoffen, weiter nichts. Aber, falls ich Sie brauche, werden Sie dann kommen, Sir?"
„Selbstverständlich", antwortete Tifflor. „Ein Arzt hat immer für seine Patienten da zu sein."
Er zwinkerte dem Chirurgen zu, dann aktivierte er seinen Armband - Telekom. Als Alaska Saedelaere sich meldete, sagte er: „Ich bin in wenigen Minuten bei Ihnen. Wie läuft der Countdown?"
Im großen und ganzen gut", antwortete Saedelaere. „Sir, könnten Sie auf dem Weg zu uns im Maschinenhauptleitstand vorbeischauen? Wir bekommen seit einer Minute keine Prüfwerte mehr von dort und konnten bisher keine Verbindung zu dem Ingenieur herstellen, der im MHL Dienst tut. Zwiebus wollte gerade nachsehen gehen, aber da der Leitstand in der Nähe der Bordklinik liegt und noch dazu auf Ihrem Wege, dachte ich... „ „Verstanden, Alaska", unterbrach Tifflor. „Ich kenne mich im Bauplan der MESACION recht gut aus. Sebstverständlich sehe ich nach, was im MHL los ist."
Er unterbrach die Verbindung, verabschiedete sich von Dr.
Yüan Tsung und tauchte im Gewirr der Transportband - Korridore, Verbindungsgänge und Antigravschächte unter.
Das riesige Schiff wirkte verlassen. Kein Mensch begegnete dem Solarmarschall auf seinem Weg zum Maschinenhauptleitstand. Das war nicht weiter verwunderlich bei einer Gesamtbesatzung von nur zweiundvierzig Mann. Das Schiff hatte genau zweiundvierzig Hauptdecks, riesige Areale, die sich wiederum in bis zu sechs Uriterdecks aufgliederten. Wenn alle zweiundvierzig Besatzungsmitglieder pausenlos durch das Schiff wanderten, konnte es Tage dauern bis sich zufällig einmal zwei begegneten.
Daran dachte der Solarmarschall, während er vor dem Schott zum MHL wartete, bis es aufglitt. Er tat einen Schritt hinein und stockte, als er den diensthabenden Maschineningenieur, erblickte. Der Mann lehnte an einer Wand, mit leichenblassem Gesicht, und starrte geradeaus. Es sah aus, als sähe er einen Geist.
Tifflor folgte der Blickrichtung des Ingenieurs mit den Augen und erstarrte ebenfalls.
Er sah ein Schaltgerät, das normalerweise mit einer Kunststoffabdeckung verkleidet war. Doch diese Verkleidung fehlte, das heißt, sie fehlte zum größten Teil und der Rest löste sich mit großer Geschwindigkeit in feines grauweißes Pulver auf.
Es sah aus, als fraßen Tausende unsichtbarer Termiten an dem Kunststoffmaterial.
Noch bevor sich Julian Tifflor von dem Schock, den ihm der Anblick der zerfallenden Verkleidung versetzte, erholt hatte, war die Kunststoffwand ganz verschwunden. Sekunden später begann der gleiche Prozeß bei dem umgebenden Leichtstahlrahmen.
Er verlief hier bedeutend langsamer, aber dennoch viel zu schnell.
Tifflor überwand die Lähmung, die ihn befallen hatte. Er ging zu dem Ingenieur und schüttelte dessen Schultern.
„Kommen Sie zu sich, Mann!" schrie er. „Wachen Sie auf!"
Die verschleierten Augen des Mannes wurden klar. Er holte tief Luft, dann stieß er einen markerschütternden Schrei aus.
Tifflor verabreichte ihm zwei schallende Ohrfeigen und erreichte damit, daß der Ingenieur verstummte.
„Ist es jetzt besser?" erkundigte sich der Solarmarschall.
Der Ingenieur nickte.
„Ich ... ich, entschuldigen Sie, Sir, aber es war grauenhaft.
Mein Verstand muß ausgesetzt haben, als ich sah, wie..."
Er deutete auf den Stahlrahmen des Schaltgerätes, dessen Innenteile bloßlagen.
„Jetzt löst sich sogar der Metallrahmen auf. Was ist das, das Kunststoff und Metall frißt, Sir?"
„Wir werden es bald wissen", erwiderte Tifflor grimmig. Er blickte sich suchend um entdeckte die zusammengeknüllte Plastikhülle eines Konzentratriegels, nahm sie und legte sie auf den grauweißen Staub unterhalb des Schaltgerätes. Fast augenblicklich begann auch hier ein Auflösungsprozeß.
„Ich brauche einen Terkonitbehälter", sagte Julian Tifflor.
Der Ingenieur ging zu einem Werkzeugschrank, leerte eine Büchse
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