0616 - Die Andro-Pest
grünlich flimmerndes Quadrat.
Julian Tifflor beugte sich vor, um besser sehen zu können.
Deutlich war im Bereich des oberen Stirnbeins eine Bruchstelle zu erkennen. An dieser Stelle hatte sich der Knochen ein wenig eingedellt. Darunter preßte ein Bluterguß die Großhirnrinde zusammen. Dr. Yüan schwenkte den Schirm.
Tifflor preßte die Lippen zusammen, als er die oktaederförmigen Gebilde und die anderen, die offenbar Pflanzen darstellen sollten, sah. Es waren insgesamt fünf.
„Die Gebilde müssen sehr schnell gewachsen sein", erklärte Yüan Tsung sachlich. „Sie haben überall Quetschungen der Gehirnmasse und teilweise Blutungen verursacht. Vor allem dieses pflanzenähnliche Gebilde im Kleinhirn bereitet mir Sorge.
Es drückt auf das verlängerte Rückenmark. Wenn es dort zu einer Blutung oder Blutstauung kommt, dann..." Er hob vielsagend die Schultern.
Im nächsten Moment fixierte er den Solarmarschall.
„Haben Sie schon einmal bei einer Operation assistiert, Sir?"
erkundigte er sich.
„Nur bei kleineren Eingriffen", antwortete Tifflor unbehaglich.
„Können Sie mit einer Herz-Lungen-Maschine umgehen?"
Ich weiß nicht. Zugesehen habe ich schon, aber..."
„Kein 'Aber" schnitt ihm der Chirurg energisch das Wort ab.
„Sie gehen schon in den Operationsraum voraus und machen sich mit dem Gerät vertraut." Seine Augen fingen Tifflors Blick ein. Er lächelte aufmunternd. „Sie werden es schaffen, weil Sie es schaffen müssen. Mein Kollege muß den Anästhesie-Apparat bedienen. Das ist erheblich schwieriger."
Solarmarschall Tifflor nickte.
„In Ordnung, Doktor. Ich werde mir größte Mühe geben."
Dennoch fühlte er sich ziemlich schwach in den Knien, als er zum Operationsraum ging. Erstmals würde er eine schwere Verantwortung für eine Tätigkeit übernehmen müssen, für die er nicht ausgebildet war.
*
Julian Tifflor hatte sich gerade einigermaßen mit der Bedienung der Herz-Lungen-Maschine vertraut, gemacht, da schoben Dr.
Yüan und Professor Alt auch schon die Trage mit Yukio Tanaka herein.
Behutsam legten die Mediziner den Patienten auf den geheizten Operationstisch. Der Körper des jungen Kadetten wirkte hilflos in seiner Nacktheit. Die Haut sah gelblich wächsern aus. In kurzen Intervallen überflog den Körper ein wellenförmig zitterndes Zucken, ein sicheres Anzeichen für eine Schädigung der Hirnrinde.
Professor Hiram Alt hantierte am Anästhesie - Apparat.
Metallisch blinkende Arme neigten sich herüber; die Injektionsdüsen an ihren Enden preßten sich gegen die blasse Haut der Unterarme Tanakas. Ein leises Zischen ertönte.
„Fertig", meldete Alt mit gedämpfter Stimme.
Yüan Tsung trat zum Schaltpult des Operationstisches, der eigentlich nur eine glatte ebene Insel inmitten blitzender und blinkender Apparaturen war. Eine transparente Kuppel aus Troplon senkte sich von oben über den Bewußtlosen. Ihre gummierten Ränder preßten sich fest gegen die Platte des OP-Tisches.
Der Halter mit dem kugelförmigen Funktionsbehälter der chirurgischen Instrumente, neigte und drehte sich unter der Troplonkuppel, bis er sich genau über dem Kopf des Patienten befand. Von außen schoben sich mehrere Injektions - und Transfusionsapparate an den Spitzen schlangenförmiger Leitungen durch kleine Schleusen in die transparente Kuppel.
Wieder zischten die Injektionsdüsen. Die Kanüle des Bluttransfusionsapparates stach blitzschnell in die Armvene Tanakas.
Julian Tifflor beobachtete die Anzeigen der Herz-Lungen-Maschine, die mit einer Kontrollapparatur gekoppelt war, die die Tätigkeit von Herz und Lungen des Patienten überwachte.
Aus dem Kugelbehälter über Tanakas Schädel drang ein Gerät, das die Kopfhaut innerhalb weniger Sekunden kahlschor.
Danach steuerte Dr. Yüan von seinem Schaltpult aus die Instrumente. Trepane drangen in den Schädelknochen ein, die Ultraschallsäge beschrieb einen Kreis und zog eine feine Spur von Knochenstaub und Blut hinter sich her.
Anschließend senkten sich Greifer mit Saugnäpfen aus der Instrumentenkugel herab, hefteten sich an den ausgesägten Teil des Schädeldaches und zögen ihn ab. Aus der freigelegten Öffnung quoll die von der bläulichroten Hirnhaut bedeckte Gehirnmasse.
Ein haarfeines Messer erschien und fuhr über die Hirnhaut.
Die Haut platzte auf. Blut, vermischt mit Blutgerinnseln, drang ins - Freie. Sprühdüsen überschwemmten das Operationsgebiet mit einer physiologischen Salzlösung und reinigten es.
Tifflors
Weitere Kostenlose Bücher