0617 - Das Blut der Mumie
fühle mich grauenhaft …«
»Du schaffst es, Ann. Wir schaffen es gemeinsam.«
»Nein, die Katze ist stärker. Sie wird sich an mir furchtbar rächen. Die Kräfte der alten Götzen stehen auf ihrer Seite. Sie stammt aus einer Zeit davor. Damals war alles noch anders. Atlantis, Ägypten, vor der Flut, sie hat alles erlebt, sie…«
»John, ich glaube, da ist etwas.« Sukos Stimme hatte lauernd geklungen. Den Tonfall kannte ich und glaubte fest daran, daß er nicht gesponnen hatte.
»Wo denn?«
»Bewegungen im Garten.« Er winkte mir zu. Ich trat neben ihn und schaute ebenfalls durch das Fenster.
»Menschen?«
»Nein, die sind anders. Ich rechne eher damit, daß wir von Katzen beobachtet werden.«
»Dann hat Ann doch recht gehabt.«
»Das fürchte ich auch. Und es ist nicht nur eine Katze. Da haben sich einige versammelt.«
Nicht nur Suko hatte dies gespürt, Ann Tobey ebenfalls. Als ich sie wieder anschaute, sah ich die Angst in ihren Augen. Es war eine schlimme Furcht, ein Wissen, als wäre ihr genau klargemacht worden, was sie bald erwartete.
»Ob wir sie aus dem Haus kriegen?« hauchte ich.
»Wir müssen es zumindest versuchen.«
Suko verließ seinen Beobachterposten ebenfalls. Ich schaute noch einmal in den Garten.
Da huschten tatsächlich Schatten durch die Büsche und über das spärliche Wintergras hinweg.
Es konnten Katzen sein…
Wieder stand das Bild des ermordeten Behal vor meinen Augen.
Der Mann war von einer Horde Katzen attackiert worden und mußte fürchterlich gelitten haben.
Ich drehte mich scharf um. Suko hatte die Frau an beiden Händen gefaßt und fragte, ob sie aufstehen könnte.
Ann rührte sich nicht. Wir trauten uns auch nicht, die Nadeln aus ihrem Gesicht zu ziehen. Sie hatte mir erklärt, daß sie zwischen den Zeiten schwebte; das nahmen wir ihr ab.
»Bleib du bei ihr, Suko. Ich schaue trotzdem draußen einmal nach.«
»Paß aber auf!«
»Sicher.«
Mit schnellen Schritten verließ ich den Wohnraum. Der Weg zur Haustür war auch rasch zurückgelegt. Bevor ich sie öffnete, zog ich meinen Dolch. Wenn die Katzen magisch beeinflußt waren und mich angriffen, konnte ich mich mit ihm besser verteidigen als mit der Beretta.
Die kalte Luft strömte durch den Spalt, als ich die Tür langsam öffnete. Sie streichelte mein Gesicht, der Atem stand als Wölkchen vor meinem Mund.
Das Kreuz regte sich momentan nicht. Auch das Allsehende Auge gab keine Strahlung ab.
Ich ging den ersten Schritt über die Schwelle. Vor mir lag die Stufe, anschließend der Plattenweg, dessen Steine allmählich im Grau des allmählich abfließenden Tages verschwanden und so wirkten, als würden sie einfach verschluckt.
Eine Katze sah ich nicht. Ich hörte auch nichts von ihnen. Kein Fauchen, kein Miauen, die Tiere hielten sich zurück. Noch hatte ich ihnen keinen Grund zum Angriff gegeben, wenigstens glaubte ich das.
Der Garten wirkte auf mich wie eine gespenstische Kulisse. Die kahlen Bäume, das Gerippe der Büsche, bedeckt von der dunklen Farbe der Dämmerung, all das verursachte bei mir ein Zusammenziehen des Magens. Ich verspürte keine direkte Furcht, aber die Bedrohung war schon vorhanden. Die Geräusche der übrigen Welt schienen unter einem Panzer aus Watte begraben zu sein, jedenfalls vernahm ich sie nicht so deutlich wie sonst.
Auf dem Weg blieb ich stehen, achtete sehr genau auf die Geräusche in meiner Umgebung.
Da tat sich nichts…
Die Stille blieb. Sie war drückend, ein stilles Lauern, das auch mir auf den Magen schlug.
Suko hatte die Bewegungen an der anderen Seite gesehen. Also mußte ich auch dorthin.
Ich drehte mich nach rechts – und wurde angegriffen. Wo das Tier gelauert hatte, war mir unbekannt gewesen. Jedenfalls erhob sich der Schatten vor mir.
Eine schwarz-weiße Straßenkatze wuchs vor meinem Gesicht auf.
Sie schien in die Luft gezeichnet worden zu sein. Die Krallen hatte sie ausgefahren, die Pfoten vorgestreckt, und bevor sie die kleinen, scharfen Messer in mein Gesicht schlagen konnte, katapultierte ich mit der linken Faust ihren Körper so weit zurück, daß er gegen einen Baumstamm prallte, zu Boden rutschte, sich überschlug. Das Tier blieb liegen, und sein Schreien war das Startsignal für die anderen Tiere, denn plötzlich kamen sie von allen Seiten.
Fledermäuse waren es nicht, auch wenn sie durch die Luft flogen und mir ans Fell wollten.
Um mich herum war die Stille aufgerissen worden. Ich hörte das Schreien und Fauchen der Katzen, diese wilden
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