0617 - Das Blut der Mumie
war.
Rechts und links, wo das Gelände noch nicht bebaut worden war, wuchsen die wilden Sträucher ziemlich hoch. Bis zu einem Drittel ihrer Höhe reichte das Unkraut. Überschattet wurden sie vom Astwerk der kahlen Bäume. Ein ideales Gelände, um Verstecke zu finden. Da konnten sich Hunderte von Katzen verborgen halten, ohne daß wir auch nur eine von ihnen entdeckt hätten.
Mir gefiel die Stelle überhaupt nicht. Suko war noch nicht weitergegangen; er hielt die Tür auf und beugte sich zur Seite. »Was ist denn, John?«
»Ich warte noch ab.«
»Soll ich mir den Wagen allein anschauen?«
»Das wäre nicht schlecht. Ich bleibe hier und gebe dir vorläufig Rückendeckung.«
»Okay.« Suko drückte den Wagenschlag wieder zu und ging.
Ich schaute ihm nach. Er hielt sich etwas außerhalb des Scheinwerferlichts. Sehr wohl war mir nicht. Der Lieferwagen stand auf der Straße wie ein Hindernis, das zu einer perfekt aufgebauten Falle gehörte. Ich persönlich hielt diesen Ibrahim Sale für ausgekocht genug, um die Falle für uns aufzubauen.
Zudem war er gezwungen, etwas gegen uns zu unternehmen, denn wir konnten ihm allein gefährlich werden. Auf andere brauchte er nicht zu rechnen.
Ich zog meine Beretta hervor und legte sie in den Schoß. Den Gurt hatte ich längst gelöst, um, wenn es darauf ankam, so schnell wie möglich aus dem Wagen zu kommen.
Suko hatte den Lieferwagen erreicht. Er trat wieder in das Scheinwerferlicht hinein. Sehr vorsichtig und leicht geduckt näherte er sich dem Führerhaus.
Auch er hielt seine Waffe in der Hand, als er sich aufrichtete und durch die Scheibe schaute.
Es war nichts zu sehen. Ich erkannte es am Heben seiner Schultern. Stand tatsächlich ein leerer Wagen auf der Straße?
Das wollte mir einfach nicht in den Kopf, und so wartete ich auf Sukos weitere Durchsuchungen.
Immer noch an der gleichen Wagenseite bewegte er sich entlang, um die Rückseite mit der Ladeklappe zu erreichen. Als er vor ihr stand, konnte ich ihn nicht mehr sehen.
Ich wartete, schaute dabei in den Spiegel, bewegte mich auch und ließ meine Blicke forschend über das Gelände gleiten.
Es wirkte wie eingefroren, lag als eine verwunschene Insel in der Stille.
Seltsam, daß sich hier kein Mensch blicken ließ. Dabei standen die nächsten Häuser nicht einmal eine Steinwurfweite entfernt. Doch die Bewohner kümmerten sich nicht um diesen Flecken.
Auf die Uhr hatte ich nicht geschaut. Rein gefühlsmäßig allerdings kam mir die Zeit schon etwas lang vor. Suko hätte sich längst zeigen müssen.
Mein innerer Alarmwecker klingelte. Auch ich drückte den Wagenschlag auf und schob mich aus dem Rover. Mir persönlich war es einfach zu still.
Neben dem Rover blieb ich mit gezogener Waffe stehen. Das kalte Scheinwerferlicht floß gegen den Lieferwagen und auch darunter hinweg. Nichts zeichnete sich dort ab.
Zuletzt hatte ich Suko an die Rückseite des Fahrzeugs gehen sehen. Da wollte ich auch hin, um nachzuschauen.
»Suko?« Mein Ruf war gerade so laut, daß er ihn erreichen konnte.
Die Antwort bekam ich sofort. »Ich bin hier, John.«
Einige kleine Schritte ging ich vor. »Alles okay?«
»N… ja …«
Die Antwort war klar und trotzdem nicht. Suko hatte sie sehr gedehnt gegeben, für mich ein Zeichen, daß doch nicht alles so stimmte bei ihm.
»Hast du was entdeckt?«
»Nein!«
Ich versuchte es. »Okay, dann komm her. Wir umfahren das Hindernis und werden einen Abschleppwagen holen.«
»Nichts werden Sie, Sinclair!«
Ich hörte die fremde Stimme, stand auf dem Fleck und konnte nicht gerade sagen, daß ich glücklich gewesen wäre, aber ich fühlte mich irgendwo bestätigt. Suko hatte nicht kommen können, er wurde gehindert, wahrscheinlich von Sale.
»Mr. Sale?« fragte ich.
»Und ob, Sinclair.«
»Ich wußte es.«
»Dann wissen Sie auch, daß das Leben des Chinesen in Ihrer Hand liegt. Wenn Sie irgendwelche Dummheiten machen, werde ich ihn erschießen. Denken Sie zudem daran, daß ich nicht allein bin.«
»Ich weiß, Sie haben die Katze und die Mumie.«
»Die auch.«
Was die Antwort zu bedeuten hatte, bekam ich sehr bald zu hören, als ich Schritte vernahm. Sie näherten sich von zwei Seiten. Ich schaute zuerst nach rechts.
Der eine hatte auf dieser Seite zwischen den Büschen auf mich gelauert. Es war ein dunkelhaariger Mann, der seine Waffe auf mich gerichtet hielt.
Der zweite stand an der anderen Seite. Auch er hielt ein Schießeisen in der Faust. Beide sahen, daß ich die Beretta
Weitere Kostenlose Bücher