062 - Das Moerderspiel
verstecken?“
Jensen sah Cramer abwesend an. „Was weiß ich …“ Dann zeigte er mit dem Kinn auf Mitsubishi. „Man sollte ihn ins Haus bringen …“
Der Amerikaner nickte. „Öffnen Sie die Tür, Miß.“
Elisabeth trocknete ihre Tränen und half Jensen beim Aufstehen. Sie vermied es, in Mitsubishis Gesicht zu sehen. Der Japaner hatte offensichtlich im letzten Augenblick erst begriffen, als es bereits zu spät war, um zu schreien, und sein ganzes Entsetzen spiegelte sich in seinem verzerrten Gesicht.
Cramer zerrte die Leiche ins Haus und schloß die Tür. Dann zog er Mitsubishi ins Wohnzimmer und legte ihn zwischen Diwan und dem Eingang in den Salon auf den Boden. Das Licht spiegelte sich in Mitsubishis Brille.
„Wir sollten ihm dieses Messer herausziehen“, meinte Cramer abwesend.
Aber niemand folgte der Aufforderung.
Jensen sah auf die Uhr. „Wird es denn niemals hell hier?“
„Was macht das für einen Unterschied?“ meinte Cramer. „Saturn hat noch drei Morde auszuführen, und das wird er auch tun. Nichts kann ihn davon abhalten, auch das Tageslicht nicht.“
Elisabeth sah zu Boden.
„Es tut mir leid, Miß. Aber man muß den Tatsachen ins Auge sehen. Sollten wir aus Seefeld Hilfe bekommen, wäre Saturn verloren, denn dann würde die Polizei die Sache in die Hand nehmen. Daher muß er ihnen zuvorkommen, indem er die Zeugen beseitigt.“
„Das wird ihm aber mit uns nicht leichtfallen“, meinte Jensen. „Sehen Sie doch nach, Cramer, ob das verdammte Telefon schon geht!“
Der Amerikaner hob den Hörer ab und horchte. „Nichts“, sagte er.
Elisabeth sprang auf. „Ich kann nicht hierbleiben“, sagte sie.
Die beiden Männer sahen sie an.
„Sie wissen doch, daß Sie das Haus nicht verlassen können“, meinte Jensen.
„Ich sprach von diesem Zimmer hier, und im besonderen vom Erdgeschoß. Wie kommt es, daß niemand im Stockwerk ermordet wurde?“
Cramer sah sie verblüfft an. „Du lieber Himmel! Sie haben recht!“
„Montanelli ist verschwunden, als er sich oben befand“, erwiderte Jensen ruhig. „Setzen Sie sich nicht in den Kopf, daß es im ersten Stock ungefährlich ist. Ich glaube, das ist reiner Zufall.“
„Das ist mir egal“, sagte Elisabeth. „Ich gehe in mein Zimmer und verbarrikadiere mich. Ich schiebe alle Möbel vor die Tür und …“
„Hören Sie, Miß.“
„Nein! Lassen Sie mich gehen!“ Sie lief zur Treppe.
„Halten Sie sie!“ rief Jensen. „Sie läuft in ihr Unglück!“
Cramer rührte sich nicht. Von oben hörte man die Tür zu Elisabeths Zimmer zuschlagen.
„Sie hat das Recht, ihr Leben so zu verteidigen, wie sie es für richtig hält“, sagte Cramer. „Wir können sie nicht schützen.“ Er dachte einen Augenblick lang nach. „Außerdem ist ihre Idee nicht so schlecht. Wenn sie das Bett vor die Tür schiebt, dahinter den Schrank, den Kasten und den Tisch, so daß zwischen Tür und der gegenüberliegenden Wand kein freier Platz bleibt, dann kann auch ein Supermann die Tür nicht öffnen.“
Jensen sah Cramer an. „Wenn Sie es für eine so gute Idee halten, weshalb tun Sie es dann nicht auch?“
Cramer griff nach einer Zigarette. „Weil Sie auch hier sind, weil Sie außerdem verletzt sind und sich kaum verteidigen können. Ich möchte nicht Ihren Tod auf meinem Gewissen haben.“
Jensen dankte mit einem Kopfnicken.
Von oben hörten sie Elisabeth ihre Möbel rücken.
Elisabeth war in ihrem Zimmer dabei, tatsächlich das zu tun, was Cramer vorausgesagt hatte. Um in das Zimmer zu kommen, mußte man die Hacke benutzen.
Dann ließ Elisabeth sich in einen Fauteuil nieder. Sie war unendlich müde, aber anstatt sich nun sicherer zu fühlen, kroch eine wachsende Angst in ihr hoch.
Sie horchte, aber sie konnte die Stimmen von Jensen und Cramer nicht mehr vernehmen. Sie war versucht, ihre Barrikaden wieder zu entfernen und nachzusehen, was unten geschah.
Plötzlich fiel ihr ein, daß sie nicht einmal nachgesehen hatte, ob sich jemand in den schweren Möbeln versteckt hielt. Der Gedanke lähmte sie. Sie zwang sich dazu, die Augen abzuwenden. Aber sie hatte nur zwei Schritte zu tun und konnte sich überzeugen …
Sie erhob sich und trat an den Kasten. Als sie die Tür öffnete, schrie sie laut auf: Dr. Montanellis Leiche sank neben ihre Füße. Wieder schrie sie, wieder und wieder …
„Mademoiselle Sourbier?“ Sie erkannte Jensens Stimme und wandte sich um.
„Öffnen Sie die Tür“, sagte er ruhig. „Und hören Sie mit dem Schreien
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