062 - Schiff der verlorenen Seelen
gestorben.
Ich duckte mich, lief über Deck, rutschte die Treppe zu meiner Kabine hinunter, betrat sie und griff nach meinem Degen. Dann verließ ich meine Kajüte wieder und blieb vor Arbues' Tür stehen. „Heraus mit dir, Arbues!" rief ich. „Ich habe alles gesehen. Das Mädchen und die beiden Matrosen, die jetzt an der unbekannten Seuche gestorben sind. Wenn du nicht sofort öffnest, dann geht es dir und deiner Freundin an den Kragen. Hast du mich verstanden?"
Die Tür öffnete sich, und Arbues trat heraus. Er richtete eine Arkebuse auf mich.
„Laß den Degen fallen!" sagte er grimmig.
Mir blieb keine andere Wahl. Ich gehorchte. Der Degen fiel zu Boden.
„Komm in meine Kajüte!" sagte er. Er trat zwei Schritte zur Seite. Ich preßte die Lippen wütend zusammen, warf ihm einen bösen Blick zu und betrat seine Kabine. Ein seltsamer, nach Verwesung riechender Duft hing in der Luft. Auf einem kleinen Tisch brannte eine Kerze. Ich blickte mich um. Überall sah ich Pflanzen, doch von dem Mädchen war nichts zu sehen.
„Geh zur Wand, und nimm die Arme hoch!" sagte Arbues.
Wieder gehorchte ich.
Er zog die Kabinentür zu und verriegelte sie. Dann warf er meinen Degen auf eine Truhe.
„Was hast du mit mir vor?" fragte ich.
„Das werde ich mir noch überlegen", sagte er. Die Arkebuse zielte noch immer auf mich.
„Du hast keine Chance, Arbues", sagte ich. „Es nützt dir nichts, wenn du mich tötest. Der Kapitän und die Mannschaft sind mißtrauisch geworden. Ich wollte mit dir sprechen, doch du öffnetest deine Kabine nicht. Sie wollen mich und dich samt deinen ganzen Pflanzen in Hispaniola von Bord weisen. Sie machen dich und mich für den Tod der Matrosen verantwortlich. Und jetzt gab es zwei weitere Tote. Es wird nicht lange dauern, und sie werden dich und mich holen, Arbues."
Er stierte mich aus blutunterlaufenen Augen an.
„Willst du mir nicht endlich die Wahrheit sagen, Arbues?" fragte ich. „Ich bin dein Freund. Vielleicht kann ich dir helfen."
Er sah mich noch immer böse an.
„Wer ist das Mädchen?"
Arbues ließ die Arkebuse sinken. Lautes Schreien war an Deck zu hören.
„Die Toten wurden gefunden", sagte ich.
„Wir müssen sie schützen", keuchte Arbues. „Ihr darf nichts geschehen. Wenn die Mannschaft sie entdeckt, dann... "
Er brach ab und biß sich auf die Lippen.
„Wer ist sie?"
„Das erzähle ich dir später", sagte er. „Wir müssen für sie ein Versteck suchen."
„Niemand außer mir weiß etwas von dem Mädchen", sagte ich.
„Ich will kein Risiko eingehen", sagte Arbues. „Ich werde sie im Lagerraum verstecken."
„Wo ist das Mädchen?" fragte ich ihn.
Er zeigte auf eine etwa eineinhalb Meter lange Seekiste. „Sie liegt darin und schläft.
Wir hörten Schritte die Treppe herunterpoltern.
Er sprang auf, legte die Arkebuse zur Seite und riß die Truhe auf. Ich blieb neben ihm stehen, konnte aber das Gesicht des Mädchens nicht sehen. Es war noch immer mit dem Schleier verhüllt. Arbues packte blitzschnell einige Kleidungsstücke und warf sie über die schlafende Gestalt, dann schlug er den Deckel zu und versperrte die Kiste.
Er wandte sich mir zu.
„Wir waren die ganze Zeit beisammen und unterhielten uns."
Er holte eine Karaffe Wein und zwei Becher hervor und stellte sie auf den kleinen Tisch. Ich setzte mich und schenkte die Gläser voll.
„Aufmachen!"
Eine Faust schlug gegen die Tür. Die Stimme gehörte dem Ersten Offizier.
Arbues warf mir einen finsteren Blick zu, dann öffnete er die Tür.
„Was fällt Euch ein, uns zu so später Stunde zu stören?" fragte Arbues mit überschnappender Stimme. „Wir haben verdammt viel für die Passage gezahlt und ein Recht, daß man uns in Ruhe läßt." „Befehl vom Kapitän", sagte der Erste Offizier, ohne sich von Arbues einschüchtern zu lassen. „Wir sollen alle Eure Pflanzen über Bord werfen."
„Was?" brüllte Arbues. „Nur über meine Leiche."
„Ich habe meine Befehle", sagte Francisco Garcia Calvo. „Wenn Ihr nicht gehorcht, dann soll ich Euch und Euern Freund gefangennehmen. Wenn Ihr Euch wehrt, soll ich Euch töten. Ich hoffe, daß ich mich klar genug ausgedrückt habe."
Arbues griff nach seiner Arkebuse. Calvo schlug sie ihm aus der Hand und richtete einen Dolch auf seinen Bauch.
„Eine Bewegung, und Ihr bekommt den Dolch in den Wanst", knurrte der Erste Offizier. „Geht zur Wand und hebt die Hände!"
Arbues blieb keine andere Wahl, er mußte gehorchen.
„Ihr auch!" wandte sich der
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