062 - Todeskuss vom Höllenfürst
seinem Leben und amüsierte sich dabei selbst am meisten. Larry
Brent vergaß die Episoden. Es war zehn Minuten nach Mitternacht. Morna war
nicht zurückgekommen, und sie hatte sich auch noch nicht gemeldet. Das gab ihm
zu denken.
Als Weverton sich auf den Weg machte, wohin auch ein
Millionär zu Fuß geht, nutzte O’Connor die Gelegenheit, ein kurzes Gespräch
nach seinem Sinn zu führen.
„Ich erinnere mich, daß Sie seinerzeit erklärten, sie
arbeiten für eine Organisation, ähnlich dem FBI. Aber Ihre Stelle befaßt sich
ausschließlich mit dem Phänomen des Übernatürlichen, wenn ich das richtig
verstanden habe?“
Die letzten Worte sprach O’Connor sehr vorsichtig,
beinahe ängstlich, als fürchte er, etwas Falsches zu sagen.
„Sie haben ein gutes Gedächtnis, Mister O’Connor“, sagte
Larry Brent.
„Ich möchte mich einem Menschen anvertrauen, Mister
Brent, und zwar einem, von dem ich unter Umständen annehmen kann, er wird mich
nicht auslachen.“
„Was haben Sie auf dem Herzen?“
Bryan O’Connor blickte sich scheu um und spielte nervös
mit seinem Glas. „Ich brauche Hilfe! Ich werde bedroht! Das mit meiner Frau
stimmt! Sie ist verschwunden! Aber ich weiß auch auf welche Weise.“
Es sprudelte nur so aus ihm heraus. O’Connor machte in diesen
Minuten den Eindruck eines Mannes, der sich lange danach gesehnt hatte, mit
jemand zu sprechen, es aber offensichtlich nicht gewagt hatte, dies früher zu
tun. „Meine Frau wurde das Opfer einer Verschwörung.“
„Warum sprechen Sie nicht mit der Polizei?“
„Polizei?“ O’Connor lachte verbittert. „Hier weiß man
nie, was für Folgen das hat. Korruption, verstehen Sie? Und noch etwas, Mister
Brent: nehmen Sie Wevertons Einladung nicht an! Gehen Sie nicht hin, vor allen
Dingen nicht mit Ihrer Freundin. Ich fürchte, mit ihr könnte das gleiche
passieren wie mit Aimee, meiner Freu.“
„Wieso? Werden Sie deutlicher, O’Connor! Was hat Weverton
mit dem Verschwinden Ihrer Frau zu tun?“
„Nicht so laut!“ Mit flackernden Augen sah der
Schokoladenboß sich um. „Hier haben die Wände Ohren. Glauben Sie mir und lassen
Sie es damit gut sein!“ Er veränderte sein Verhalten von einem Moment zum
anderen. Von hinten kam in diesem Augenblick Andrew P. Weverton in die Bar
zurück.
„Hat Weverton damit zu tun?“ fragte Larry schnell.
„Ja, eine ganze Menge.“
„Sie wollten mit mir unter vier Augen sprechen. Wenn Sie
ihren Spaziergang durch den Park noch einrichten können, bleiben Sie dabei.
Ich werde später noch mal zu Ihnen stoßen.“
„Einverstanden.“ O’Connor nickte schwach, und er machte
den Eindruck, als bereue er, seinem Gefühl nachgegeben zu haben. Noch ehe
Weverton auf Hörweite in ihre Nähe kam, hatten sie das Thema schon gewechselt.
Geschickt hatte Larry Brent übergeleitet und sprach von den ausgezeichneten
Zerstreuungsmöglichkeiten, die man gerade in Miami und Umgebung fand.
„Es ist eigentlich schade, daß man zu wenig Zeit und
Gelegenheit hat, sich hier aufzuhalten.“ Larrys letzte Worte wurden von
Weverton noch verstanden. Der Millionär griff sofort in das Gespräch ein.
„Zeit und Gelegenheit findet man immer. Man muß sie sich
bloß nehmen“, meinte er, ohne den Zigarillo aus dem Mundwinkel zu nehmen. „Sie
sind doch frei? Was tun Sie, damit das Leben nicht zu langweilig wird?“
„Ich schreibe“, kam es wie aus der Pistole geschossen
über die Lippen von X-RAY-3.
„Journalist? Schriftsteller?“
„Je nach Bedarf beides.“
„Schreiben kann man überall“, winkte Weverton ab. „Sie
sind bestimmt erfolgreich?“
„Ich bin zufrieden.“
„Sie müssen über Dinge schreiben, welche die Leute interessieren.
Keinen Alltagsstoff, verstehen Sie?“
„Okay. Aber das ist nicht immer einfach, einen solchen
Stoff zu finden.“
Larry Brent ließ das Gespräch in dieser Richtung noch
gute zehn Minuten dahinplätschern. Als die Zeiger der Uhr sich auf die erste Stunde
des neuen Tages zubewegte, verstärkte sich seine Unruhe. Es gelang ihm in einem
günstigen Augenblick die Bar zu verlassen, als Mrs. Weverton wieder mal aus dem
Spielsalon zurückkehrte, um mit säuselnder Stimme zu verkünden, daß die letzte
Spielstunde den ganzen Gewinn wieder geschluckt hätte.
Es sah ganz so aus, als ob Weverton nun doch sein
Privatvermögen angreifen mußte.
X-RAY-3 ging in eine Telefonzelle und täuschte einen
Anruf vor. In Wirklichkeit aktivierte er das kleine Taschenfunkgerät, das er,
als
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