0620 - Reise durch den Zeitstrom
hundertprozentige Energieausbeute der zerstrahlten Masse, während bei den herkömmlichen Schwarzschild-Reaktoren von sechs eingepulsten Protonen nur drei in Gammastrahlung umgesetzt wurden und die drei verbliebenen Protonen als Anti-Protonen verloren gingen. Diese Erkenntnis nützte Waringer aus. In den Nug-Schwarzschild-Reaktoren wurden die Anti-Protonen mit der gleichen Anzahl von Normalprotonen beschossen, so daß auch diese zerstrahlten und in Energie umgesetzt wurden. Materie verwandelte sich im Durchgang durch das Schwarzschild-Feld in Antimaterie! Die eingesetzte Masse wurde hundertprozentig genützt und in vollem Umfang in Energie verwandelt.
Eine bessere Ausnutzung der vorhandenen Möglichkeiten war nicht vorstellbar.
Waringer ging auch noch auf die anderen Probleme ein, die sich nun ergaben. Die Komprimierung der KomaNu-Masse wurde erörtert, Fragen über die Synchronisierung des Form- und Schwarzschildfeldes wurden aufgeworfen... Und schließlich verlangte einer der Wissenschaftler, die Nugas-Reaktoren auch in der Praxis kennenzulernen.
Darauf antwortete Waringer.
„Wenn wir schon soweit wären, das ANTINUG-Prinzip in der Praxis anzuwenden, dann könnten wir uns das bevorstehende Experiment ersparen. Theoretisch haben wir alle Probleme gelöst, aber erst der Test mit den Nugas-Reaktoren der HYODPON wird aufzeigen, welche Kinderkrankheiten diese neue Methode der Energiegewinnung noch hat."
Alaska Saedelaere, dessen Biomolplast-Maske bereits die ersten Zerfallerscheinungen aufwies, stieß Kol Mimo an.
„Es wird Zeit für uns, daß wir verschwinden", raunte er ihm zu.
„Im Augenblick sind alle noch so sehr beschäftigt, daß uns niemand beachtet. Aber sobald die Faszination der Wissenschaftler nachläßt, können wir uns nicht mehr so leicht absondern."
Kol Mimo nickte.
„Riskieren wir es."
Er zog sich langsam zurück und verschwand dann blitzschnell hinter einem der Maschinenaufbauten. Mentro Kosum folgte seinem Beispiel kurz darauf. Wenig später hatten sich auch Saedelaere und Goshmo-Khan von den Wissenschaftlern abgesondert.
Sie trafen sich an einem Schott und wollten sich gerade aus dem Maschinenraum zurückziehen, als sie Professor Waringer sagen hörten: „Wenn Sie noch weitere Fragen an mich haben, dann stehe ich Ihnen heute abend beim Bankett zur Verfügung. Aber jetzt muß ich Sie bitten, die HYODPON wieder zu verlassen. Und bleiben Sie bitte beisammen, wir müssen geschlossen das Schiff verlassen und uns bei den Kontrollorganen einfinden. Falls jemand vorhat, zurückzubleiben, um sein Wissen über das ANTINUG-Prinzip durch das Studium der Nugas-Reaktoren zu erweitern, so möchte ich ihn warnen. Aus Sicherheitsgründen wird die Schleuse der HYODPON in einer Stunde versiegelt..."
„Das habe ich nicht gewußt", sagte Kol Mimo betroffen.
Alaska Saedelaere winkte ab.
„Wir werden es schon schaffen, noch vor dem Start der MARCO POLO aus der HYODPON zu gelangen. Das können Sie getrost meiner Erfahrung überlassen." Er unterbrach sich und fügte dann nachdenklich hinzu: „Aber da ist noch etwas anderes, an das ich nicht gedacht habe..."
„Was meinen Sie?" erkundigte sich Kol Mimo.
Er bekam die Antwort von Professor Waringer, der die Wissenschaftler der Expertenkommission noch einmal eindringlich warnte: „Schlagen Sie sich den Gedanken, auf der HYODPON zurückzubleiben, aus dem Kopf. Nachdem man die Schleuse versiegelt hat, wird die Atmosphäre aus dem Schiff gepumpt..."
Kol Mimo resignierte. Sie waren ihrem Ziel schon so nahe gewesen - und nun scheiterten sie, weil sie es unterlassen hatten, sich Druckanzüge zu besorgen. Aber wie hätten sie sie auch an Bord schmuggeln sollen?
„Hoffentlich kommen wir noch rechtzeitig zur Kontrollkabine, bevor sich unsere Individualdiagramme in Nichts aufgelöst haben!" meinte Goshmo-Khan. „Wenn bei unserem Eintreffen die Individualmuster nicht mehr vorhanden sind, sitzen wir in der Falle."
Es gelang ihnen, sich unbemerkt der Wissenschaftlergruppe anzuschließen. Sie konnten es sogar so einrichten, daß sie als erste durch die Robotkontrolle kamen. Alaska Saedelaere, der den Abschluß bildete, hatte sein Individualdiagramm kaum ausgehändigt bekommen, als es ihm zwischen den Fingern zu Staub zerviel.
Er atmete auf. Obwohl alles so vielversprechend begonnen hatte, konnten sie letzten Endes noch froh sein, ungeschoren aus der Sperrzone gelangt zu sein.
12.
Die Vorbereitungen hatten über eine Woche in Anspruch genommen, jetzt
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