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0621 - Die Vergessene von Avalon

0621 - Die Vergessene von Avalon

Titel: 0621 - Die Vergessene von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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du dich?«
    »Sicher.«
    Loraine ließ mich los und hob unbehaglich die Schultern. »Verdammt, ich weiß nicht so recht.«
    »Egal, ich gehe.« Bevor sie noch einen Einwand geben konnte, öffnete ich vorsichtig die Tür…
    ***
    »Sind sie nicht schön?«
    Brian Fuller hatte die letzte Frage des jungen Mädchens gehört und hätte fast gelacht. Was Melu als schön bezeichnete, war in seinen Augen furchtbar, gräßlich und alptraumhaft. Er glotzte noch immer in die Särge und konnte nicht einmal erkennen, wer der beiden dort liegenden Gestalten der Mann oder die Frau gewesen waren.
    Dann fiel ihm ein, daß Melu ja blind war, und die mehr von der Erinnerung lebte. Sicherlich hatte sie ihre Eltern oft genug gestreichelt und betastet, damit sie sich ein Bild der beiden Personen machen konnte. Das war jetzt vorbei.
    Fuller spürte, daß sie auf eine Antwort wartete, er konnte sie ihr nicht geben. Sein Blick blieb auf den beiden furchterregenden, halbverwesten Gestalten hängen, von denen aus ein modriger Geruch in die Höhe stieg und seinen Magen in die Höhe drückte.
    Das Fleisch war fast völlig von den Knochen gelöst. An manchen Stellen bedeckte es die Körper noch wie eine dünne Haut, die jeden Augenblick platzen konnte, weil sie einfach zu stark unter Druck stand. Die Köpfe hatten die Haare längst verloren, unter ihnen breiteten sich helle Lachen aus, auf den Oberflächen bereits eingetrocknet. Die Nasen, Lippen, Ohren und Augen waren nicht mehr vorhanden. Angefault oder abgerissen, er wußte es nicht genau.
    Hände und Arme bestanden nur mehr aus einem Sammelsurium aus Knochen und Splittern. Zwischen einigen Fingern hingen noch Hautfetzen, als hätte jemand vergessen, sie völlig abzureißen. Bei den Zehen sah es ähnlich aus.
    Die Totenhemden hatten sich noch nicht völlig aufgelöst. Sie klebten an Knochen und Hautresten, als hätte sie jemand dort festgeleimt.
    »Du siehst sie, nicht?«
    »Ja, ich sehe sie.«
    »Gefallen sie dir nicht, Brian?«
    Er preßte die Hand vor den Mund, weil er das Würgegeräusch unterdrücken wollte. »Es sind deine Eltern, weshalb sollten sie mir denn gefallen?«
    »Wenn du mich magst, mußt du sie auch mögen.«
    »Nun ja…«
    »Sei ehrlich«, unterbrach Melu den Mann.
    Der Ausbrecher schaute hoch. Er wollte der Blinden ins Gesicht sehen und nachforschen, ob er dort etwas erkennen konnte. Das war nicht der Fall. Ihre Züge blieben ohne Ausdruck, ebenso wie die blinden Augen nichts von ihren Gefühlen widerspiegelten.
    Über seinen Rücken jagte ein Schauer nach dem anderen. Er hatte mittlerweile den Eindruck, in einer fremden Welt zu stehen und von Gefahren umgeben zu sein. Die beiden Skelette sahen widerlich aus, Ekel packte ihn, und er fragte sich, ob das Mädchen nichts roch. Fieser Gestank konnte ihm nicht verborgen bleiben.
    Brian Fuller wurde jetzt deutlich. »Verdammt noch mal, riechst du denn nichts?«
    »Wieso?«
    »Es stinkt doch!« keuchte er. »Zum Henker, das ist ein widerlicher Geruch…«
    »Ja, den kenne ich.«
    »Und?«
    »Ich habe ihn schon oft genossen. Es ist der Geruch meiner Insel, glaube ich. Ja, ich weiß es. So riecht es auf Avalon. Sie ist der Flecken Erde, den ich mag. Ich spüre eine unbeschreibliche Sehnsucht in mir, ihn zu besuchen. Es ist einfach wunderbar, wenn ich daran denke, Avalon, die Insel der Träume, der Toten und der Lebenden. Sie besuchen sie und kehren zurück. Sie heilt, sie wird auch mich heilen, das weiß ich, denn meine Eltern sind bereits drüben.«
    »Neiiinnn!« brüllte Fuller, der es nicht mehr aushalten konnte. Es war vorbei mit seiner Beherrschung. »Deine Eltern sind tot, verflucht. Sie liegen als halbverweste, widerliche Geschöpfe vor mir. Kannst du das nicht begreifen?«
    »Sei nicht so laut. Denke daran, der Körper ist ein Nichts, Brian, der Geist ist alles. Was kümmert uns die Hülle, wenn der Geist weiterlebt.«
    Der Ausbrecher hatte sich wieder gefangen. »All right, Süße, das magst zwar du denken, ich aber nicht. Tut mir leid, ich kann damit nichts anfangen. Ich bin nicht blind, ich sehe nur die widerlichen Gestalten vor mir in den offenen Särgen. Sie werden vom Kerzenschein umschmeichelt, was sie auch nicht schöner macht. Hör mal zu, Kleine. Ich will mich nicht in deine Angelegenheiten mischen und habe es auch nicht besonders mit den Gesetzen, aber was du hier tust, dafür kann man dich ganz schön an den Arsch kriegen, verstanden?«
    »Nicht sehr…«
    Fuller begann zu stottern. »Du… du behältst Leichen

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