0621 - Weckt die Toten auf!
keuchend und japsend wieder auf den Teppichboden des Hotelzimmers zurück.
Zamorra blieb vorsichtshalber sperrend im Durchgang zum Korridor stehen. Fehlte jetzt nämlich nur noch, daß Mylady Nicole und den Verletzten erneut anrempelte, wie beim ersten Mal, als sie hereingestürmt war. Ein Wunder, daß das gut gegangen war. Ein zweites Mal sollte man sich darauf lieber nicht verlassen…
Das Notarzt-Team erschien erst eine Dreiviertelstunde später; noch länger brauchte offenbar die Polizei.
Der Karneval mit dem Festumzug, der bereits begannen hatte, schrieb auch für den abendlichen Straßenverkehr in Rio eigene Gesetze.
Aber Pablo Escanderon hatte zumindest eine Chance, zu überleben.
***
Carlos und Hemano, die beiden Leibwächter und Killer da Canairas, wußten, wie sie ihr Ziel erreichten. Jorge Navarro aufzuspüren, war für sie kein Problem. Immerhin besaß er ein recht auffälliges Auto. Der betagte Mercedes gehörte zu den ausgesprochenen Raritäten im Lande; alte US-Straßenkreuzer waren an der Tagesordnung. Oder Volkswagen, wenn der Besitzer etwas mehr Geld besaß, und jede Menge japanischer Kleinwagen.
Raritäten fallen auf. Es gab viele Menschen, die das Auto kannten, und innerhalb von drei Stunden wußten die beiden Männer, wo sie den Blinden aufstöbern konnten.
Er gehörte nicht zu den Ärmsten im Lande. Trotzdem schien er sich bis auf den dunkelblauen 280 SEL keinen besonderen Luxus zu gönnen. Er wohnte in einem der ›ärmeren‹ Viertel in einem Wohnblock, aber immerhin mit eigener Garage, damit das Auto weder zu Schaden noch komplett abhanden kam.
»Bringen wir's hinter uns«, sagte Hemano. »Wie immer.«
Er checkte seine Pistole durch. Carlos verließ sich lieber auf sein Messer. Sie stiegen aus ihrem Ford Taurus und betraten das Haus. Jorge Navarros Stunden waren gezählt.
***
Obgleich das Hotel ziemlich menschenleer war - die Besucher waren ja nicht in die Stadt gekommen, um in ihren Zimmern zu versauern -, gab es doch einige, die das Durcheinander am Rande mitbekamen, und das Personal hatte zu tun, die Leute zu beruhigen und zu beschwichtigen.
Der ermittelnde Kommissar stellte sich als Esteban da Caveneiro vor. Gelassen nahm er die Personalien der Beteiligten und Zeugen auf, ließ ebenso gelassen den Redeschwall der streitbaren Dame über sich ergehen und überließ es dann seinen Mitarbeitern, die Anzeige-Protokolle aufzunehmen. Nicht einmal runzelte er die Stirn -bis er die Tote sah.
Sie befand sich bereits in einem Plastiksack; wo sie auf den Boden aufgeschlagen war, waren die Umrisse ihres Körpers mit Kreide aufgemalt. Da Caveneiro zog den Reißverschluß des Plastiksacks wieder auf und warf einen Blick auf die Tote, deren Gesicht er dafür kurz mit seiner Taschenlampe anstrahlte.
Jetzt kam es doch zu einem Stirnrunzeln.
»Sie kennen die Frau?« fragte Zamorra, der sich zu ihm in den Hof gesellt hatte.
»Ich müßte mich schwer irren«, sagte der Kommissar. »Aber wir werden das überprüfen. Wir haben sie schon einmal in den Akten gehabt. Ich glaube nicht, daß sie eine Zwillingsschwester oder eine Doppelgängerin besitzt.«
»Schon einmal?«
Da Caveneiro hob den Kopf. »Sagen Sie, Zamorra, warum interessiert Sie das? Haben Sie mir vielleict noch etwas zu sagen, was Sie vorhin nicht zu Protokoll gegeben haben?«
Zamorra lächelte.
»Ich habe öfters mit solchen Dingen zu tun«, sagte er. »Sie können sich das gern bestätigen lassen. Wenn es Ihrer Behörde nicht zu teuer ist, rufen Sie bei der Präfektur in Lyon, Frankreich an und lassen Sie sich mit der Mordkommission verbinden, ich arbeite oft mit Chefinspektor Robin zusammen. Sie können auch bei Scotland Yard, London, nach mir fragen, oder im Sheriffsbüro des Dade County, Florida…«
»Miami Vice, wie?« grinste da Caveneiro. »Ich habe die Krimiserie auch gesehen. Die ist doch im Dade County angesiedelt, oder?«
»Nur gibt's da keinen Polizisten, der Ferrari fährt, aber einen Sheriff, mit dem ich ebenfalls schon zusammengearbeitet habe.«
»Schon gut, Senhor«, sagte da Caveneiro. »Ihrem Paß zufolge sind Sie Parapsychologe…«
»Das spielt alles mit hinein. Todesfälle dieser Art interessieren mich beruflich.«
Der Kommissar nickte. »Schön, Senhor Zamorra. Schauen Sie sich diese Tote noch einmal genau an. Glauben Sie, daß so jemand aussieht, der sich gerade eben noch munter bewegt hat und durch einen Hotelkorridor gerannt ist?«
Er leuchtete die Tote wieder an.
Zamorra stutzte.
Die Frau
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