0622 - Das Monstrum von der Nebelinsel
nach hinten gekippt, so schlecht ging es mir, so schlapp war ich geworden.
Erst beim zweiten Nachfassen bekam ich den Koffergriff zwischen meine Finger. Der Koffer gehörte zu der leichten Sorte, war aus Kunststoff und flugtauglich.
Ich schleuderte ihn auf das Bett, öffnete zwei Schranktüren und packte wahllos Wäsche ein. Dann schloß ich den Deckel, schleppte den Koffer in den Wohnraum und holte dort noch mein restliches Bargeld, das ich in die hintere Hosentasche steckte.
Wohin ich wollte, konnte ich noch nicht sagen, erst einmal weg, das andere würde sich schon ergeben.
Nahm ich den Wagen mit, fuhr ich ohne? Es war im Prinzip egal.
Ich wollte auch nicht darüber nachdenken. Wenn mir jetzt jemand mein Kreuz gestohlen hätte, ich hätte nichts getan, um den Dieb zu stoppen. So lethargisch war ich geworden.
Komisch, doch einen gewissen Abschiedsschmerz verspürte ich schon. Sehr unerwartet strömten auf mich die Erinnerungen ein. Ich nahm noch einmal Platz, nicht ohne zuvor aus dem Schrank eine Flasche Whisky und ein Glas geholt zu haben.
Ein Abschiedsdrink auf mein bisheriges Leben. Weg von der Jugend und in die Nähe des Todes.
Es war schon mehr als ein Doppelter, der von der Flasche ins Glas gluckerte. Der Aschenbecher stand in Reichweite. Ich holte die Schachtel mit Zigaretten hervor; dabei fiel mein Blick auf die rechte Hand, und ich erkannte, daß auch meine Haut alt geworden war.
Sie zeigte die braunen Altersflecken, aber das war mir in diesen Augenblicken alles egal. Ich nahm das Glas, setzte es an, leerte es bis zur Hälfte und zündete mir danach die Zigarette an.
Mit der freien Hand fuhr ich durch mein Haar. Drahtig und borstig fühlte es sich an. Aus der Erinnerung an das Spiegelbild wußte ich, daß auch meine Augen ihren alten Glanz verloren hatten und trübe geworden waren. Der Alkohol brannte in der Kehle wie Feuer, der Rauch kratzte im Hals. Ich hustete und drückte die Zigarette aus.
Dann streckte ich die Beine aus, das Glas in der Hand haltend. Ich versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen, was mir in Anbetracht der Situation nicht gelang. Ich war einfach fertig, ausgepowert, nervlich und körperlich am Ende.
In kleinen Schlucken leerte ich das Glas und dachte dabei an nichts. Ich saß nur da, trank und merkte kaum, daß ich auch den Rest des Whiskys geschluckt hatte.
Es war tiefe Nacht und die Zeit, wo es noch still in London wurde.
Ich wunderte ich darüber, daß ich von Suko nichts gehört hatte.
Vielleicht forschte er noch nach. Was er auch tun würde, es hatte alles keinen Sinn mehr.
Ich stand auf.
Für einen Moment überkam mich ein gefährlicher Schwindel. Der Alkohol war doch etwas zu viel gewesen. Einige Sekunden blieb ich steif stehen, schielte in den Flur, wo mein Koffer stand, und ging mit schleppenden Schritten hin.
Ich war kaum über die Türschwelle getreten, da schellte es.
Was jetzt?
***
Er stammte aus dem alten Atlantis, besaß einen mächtigen Körper und war trotzdem kein Mensch, denn auf seinem Rücken wuchsen zwei Flügel. Es war der Eiserne Engel.
Nach einem langen Irrweg hatte er endlich eine neue Heimat gefunden und lebte zusammen mit Kara und Myxin bei den flaming stones . Dieser Ort war für ihn ideal, denn er konnte von hier aus stets Ausflüge in die Vergangenheit unternehmen, denn seine alte Heimat, Atlantis, hatte er längst noch nicht vergessen.
Auch der Eiserne brauchte einen gewissen Rhythmus wie schlafen, wachen, wieder schlafen. Er war oft tagelang unterwegs und brauchte danach längere Ruhepausen.
Auch an diesem Tag hatte er lange gelegen und verließ das Blockhaus mit der Gewißheit, daß eigentlich alles in völliger Ordnung war. Den Irrtum erkannte der Eiserne, als er in das Gesicht des kleinen Magiers blickte, der ihm entgegenkam.
»Was ist los, Myxin?«
»Eigentlich nichts.«
Der Eiserne warf ein Blick auf die Steine, die in einem letzten Rot nachglühten. »Wo ist Kara?«
»Nicht hier.«
»Sondern?«
Myxin räusperte sich. Die Haut in seinem Gesicht schien noch grüner geworden zu sein. Er mußte sich recken, um dem Freund eine Hand auf die Schulter legen zu können. »Nimm Platz, dann werde ich es dir sagen, Eiserner.«
»Ja, gut…«
Sie setzten sich vor die Hütte auf die Holzbank. Von diesem Platz konnten die beiden auch die Steine sehen. Myxin schaute dorthin und nickte einige Male. »Sie ist zwischen den Steinen gewesen und hat sie aktiviert, denn sie brauchte ihre Magie.«
»Wofür?«
»Vielleicht kann sie John
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