0627 - Nadine und die Mörderwölfe
verflucht hilflos.
Wer immer die Regie in diesem teuflischen Spiel übernommen hatte, es war ihm gelungen, uns in die Defensive zu drängen.
***
Den Schrei hörten beide!
Bill und Sheila Conolly schliefen auf der gleichen Ebene wie ihr Sohn, nur eben einige Türen entfernt. Auch wenn sie tief in den Armen des Gottes Morpheus lagen, so schreckten sie beide hoch, als der Ruf durch die spaltbreit geöffnete Schlafzimmertür wehte.
Johnnys Vater war als erster hoch, aber noch nicht aus dem Bett.
Er blieb auf der Kante hocken, von einem Gefühl überfallen, fliegen zu können.
Sein Kreislauf meldete sich auf diese Art und Weise. Er war einfach zu schnell aufgestanden.
Hinter seinem Rücken hörte er Sheilas Stimme. »Das war der Junge, Bill. Hast du es gehört?«
Der Reporter schüttelte den Kopf, als wollte er ihn von irgendwelchen Zwängen befreien. »Ja, Sheila, ich werde nachsehen.«
Als er sich erhob, raschelte hinter ihm die Bettwäsche. Auch Sheila Conolly wollte nicht eine Sekunde länger liegenbleiben. An der Tür stieß sie mit ihrem Mann zusammen.
»Er hat doch geschrien, nicht?«
»Ja.«
»Ob es mit Nadine zusammenhängt?«
Bill schaute seine Frau an. »In den letzten Tagen war Johnny völlig von der Rolle. Wir wissen beide, daß er schlecht schläft und noch schlechter träumt. Sein Unterbewußtsein muß die Tatsache erst verarbeiten, daß ihm die Wölfin nicht mehr zur Seite steht.«
»Das wird schwer werden.«
»Bestimmt.«
Vor Johnnys Zimmertür waren sie stehengeblieben. Auch der Junge hatte sie nicht geschlossen. Bill schaute als erster hinein. Es brannte Licht, und Johnny saß im Bett. Hinter ihm strahlte die Lampe ihren weichen Schein ab, der ihn umfing.
Sehr leise betraten die Eltern das Zimmer. Aus großen Augen blickte ihnen Johnny entgegen.
»Bist du okay?« fragte Bill.
Der Junge bewegte den Mund, ohne zunächst sprechen zu können.
»Ich… ich weiß nicht.«
Sheila saß schon auf seiner Bettkante. Sie streichelte seine Wangen, auf denen ein dünner Schweißfilm glänzte. »Bitte, Johnny, wir sind bei dir. Du brauchst keine Angst mehr zu haben. Wir haben deine Stimme gehört und möchten erfahren, was geschehen ist. Du hat schlecht geträumt, nicht wahr?«
»Nein, Mum, nicht geträumt.«
»Aber deine Stimme…«
»Etwas hat mich berührt.«
»Wie war das?« fragte Bill und kam ebenfalls näher an das Bett heran. »Dich hat etwas berührt?«
Johnny nickte. »Ja, das war so komisch. Ich kann es nicht erklären, versteht ihr?«
»Versuche es trotzdem.«
Johnny schaute unsicher zur Seite. »Es kam mir vor wie ein Hauch oder wie eine kalte Hand, die plötzlich über mein Gesicht hinwegstrich. Einfach so – wie aus dem Nichts.«
»Im Schlaf?«
Er nickte seinem Vater zu. »Ja, Dad, davon bin ich dann wach geworden.«
»Oder hast du nur geträumt?« Sheila versuchte, ihm eine Brücke zu bauen.
»Nein, Mum, das war echt.« Er saß im Bett und schaute sich um.
»Hier muß etwas im Zimmer gewesen sein. Ein Geist oder so, das… das glaube ich fest.«
Seine Eltern schauten sich an. Weder Sheila noch Bill wußten eine Erklärung. Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als ihrem Sohn zu glauben. Sheila nickte Bill zu, ein Zeichen, daß er die Fragen stellen sollte.
»Johnny, wie war das denn? Kannst du dich erinnern? Kam alles sehr plötzlich, ohne eine vorherige Ankündigung, oder hast du zuvor etwas Bestimmtes geträumt?«
»Nein, das habe ich nicht.«
»Überlege genau, denk dabei an die vergangenen Nächte. Du hast immer nur geträumt. Meistens sehr schlecht. In jedem Traum spielte Nadine eine Rolle.«
»Das weiß ich. Ich habe schon daran gedacht, ob sie in meinem Zimmer gewesen ist.«
»Als Wölfin?«
»Nein, das nicht. Ich sehe sie mehr als einen Geist an. Ihr… ihr Geist muß es gewesen sein.«
»Ihre Seele?«
»Das kann ich dir nicht sagen, Dad.« Johnnys Stimme klang traurig. »Jedenfalls bin ich von diesem kalten Hauch wach geworden. So etwas ist komisch, und ich habe mich erschreckt.«
»Ja, das hörten wir.«
Johnny versuchte ein Lächeln. »Aber jetzt ist es ja vorbei. Ich glaube nicht, daß es noch einmal kommt. Vielleicht habt auch ihr recht, wenn ihr sagt, daß ich nur geträumt habe.«
»Kannst du uns denn deinen Traum erzählen?« erkundigte sich Sheila lächelnd.
Johnny hob die Schultern. »Mum. Du weißt selbst, wie komisch das mit den Träumen ist. Man sieht nur Fetzen. Ich… ich habe nichts behalten.«
»Wirklich nicht?«
»Mum, ich
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