063 - Das Monster lebt
abgesehen.
Es kam hin und wieder vor, daß die Leiche einer Berühmtheit gestohlen wurde, um die Hinterbliebenen zu erpressen. Das wohl bekannteste Beispiel dafür ist Charlie Chaplin.
Lance Selby war jedoch keine solche Berühmtheit. Zugegeben, als Professor für Parapsychologie hatte er mit vielen Menschen zu tun gehabt, aber wen hätten die Leichendiebe erpressen sollen? Lance hatte keine Familie.
»Ist Ihnen bekannt, ob in den letzten Tagen hier eingebrochen wurde, Mr. Payne?« wollte ich wissen.
Die Kälte kroch mir in die Glieder; mich fröstelte.
Cliff Payne schüttelte den Kopf. »Eingebrochen? Nein, bei uns wurde nicht eingebrochen. Aber da fällt mir ein, daß gestern abend diese Tür dort unverschlossen war. Der Nachtwächter mußte sie nachträglich absperren.«
»Nun, dann wissen wir wenigstens, wann die Leiche meines Freundes abhanden kam: gestern abend«, sagte ich, aber mir wäre lieber gewesen, ich hätte gewußt, wer den Toten geraubt hatte - und warum.
***
Yapeth Thaw blieb unschlüssig im Wagen sitzen. Hatte sich Cuca einen schlechten Scherz mit ihm erlaubt?
Was sollte er hier? In diesem Haus wohnte doch seit Jahren keiner mehr.
Die Fenster waren dreckiger und dermaßen verzogen, daß sie sich wahrscheinlich nur noch mit einem Stemmeisen öffnen ließen.
Zwischen den vorspringenden Erkern lasteten unheimliche Schatten. Vielleicht spien sie jedem eine tödliche Gefahr entgegen, der es wagte, sich dem Haus zu nähern.
Feucht lagen die Handflächen des Schauspielers um das Lenkrad. So große Hoffnungen hatte er in diesen Abend gesetzt, und nun wurde er bitter enttäuscht. Der Teufel sollte Cuca holen.
»Sie hat sich über mich lustig gemacht!« knirschte der deprimierte Schauspieler. »Und ich Esel bin darauf hereingefallen.«
Gereizt schlug er auf das Volant. Er hatte vorhin den Motor abgestellt. Nun griff er nach dem Zündschlüssel, um die Maschine wieder zu starten, und es stand für ihn fest, daß er sich zu Hause vor lauter Wut betrinken würde.
Es gab immer einen Grund für ihn, zur Flasche zu greifen. Der heutige Tag war für ihn sogar eine besondere Entschuldigung.
Von nun an konnte es mit ihm nur noch bergab gehen. Lauren Portofino würde sich weigern, weiter mit ihm zu arbeiten.
Ben Coltrane würde es ein Vergnügen bereiten, ihn zu feuern, und Gregory Waterman würde ihn fallenlassen wie eine heiße Kartoffel.
Dann war er fix und fertig und konnte sich nur noch die Kugel geben - oder sich einfach zu Tode trinken. Bestimmt würde er letzteres tun.
Dafür, sich einen Revolver an die Schläfe zu setzen und abzudrücken, fehlte ihm der Mut. So schieden Helden aus dem Leben. Er war kein Held, war nie einer gewesen.
Er würde den Weg der Versager, der gestrandeten Existenzen einschlagen, und er war sicher, daß er niemandem fehlen würde.
Warum zögerte er noch, nach Hause zurückzukehren? Ob er sich dieses unheimliche Haus vielleicht mal aus der Nähe ansehen sollte?
Er zog den Startschlüssel ab und kletterte aus dem Wagen. Vom Friedhof her wehte ein kühler Wind, und er bildete sich ein, dumpfen Modergeruch wahrzunehmen, aber das konnte wirklich nur Einbildung sein.
Nebelfetzen krochen über die Gräber, Geistern gleich, die ziellos umherirrten. In alten Bäumen wisperte es gespenstisch, und der Schauspieler schauderte.
Er zog die Schultern hoch, damit der Wind mit seinen unangenehm kalten Fingern nicht über seinen Nacken streichen konnte, und wandte sich dem schummrigen Spukhaus zu.
Vielleicht hatte ihn Cuca hierher bestellt, weil sie wußte, daß dieses Haus nicht bewohnt war. Möglicherweise wurde das Gebäude nur für dieses eine Treffen benutzt.
Welkes Laub kratzte über den grauen Asphalt. Das Gittertor des Vorgartens ächzte schaurig, und obgleich es kühl war, standen Schweißperlen auf Thaws Stirn.
Sand knirschte auf seinem Weg zu den Steinstufen unter seinen Schuhen. Er sah einen Brunnen mit steinernen Teufeln, deren starre Fratzen ihn anglotzten. Angst und bange wurde ihm dabei.
Er wich ihnen aus und verhedderte sich in den Dornenzweigen eines abgestorbenen Rosenstrauchs. Wütend riß er sich davon los.
Irgendwo klapperte ein Fensterladen, und knarrte da nicht auch in den düsteren Schatten eine Tür?
Und das in einer Weltstadt wie Lohdon, dachte der Schauspieler nervös.
Er erreichte die Stufen. Helle Balken waren es, in der Mitte stark abgetreten, doch nun schon lange nicht mehr benutzt.
Immer wieder warf Thaw einen nervösen Blick zurück, und
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