063 - Das Monster lebt
Garderobe und ließ uns allein.
Ich benahm mich wie ein Einbrecher auf der Suche nach Wertgegenständen. Während ich den Schrank öffnete, stand Mr. Silver reglos im Raum.
Einige wenige Klamotten hingen im Schrank. Ich durchstöberte die Taschen einer Strickweste und eines Trenchcoats. Was ich fand, war unergiebiges Zeug.
»Du könntest dich auch nützlich machen«, sagte ich zu meinem Freund.
»Das tue ich gerade«, erwiderte der Ex-Dämon.
»Ich sehe nur, daß du Denkmal spielst.«
»Ich lasse das, was sich in diesem Raum befindet, auf mich einwirken.«
»Ach so. Ich dachte, du würdest im Stehen pennen. Spürst du was?«
Der Hüne kräuselte die Nase. »Ich bin nicht sicher, aber es könnte sein, daß mich eine schwarzmagische Reststrahlung irritiert.«
»Kann Yapeth Thaw sie hinterlassen haben?«
»Entweder er oder jemand anders. Da lege ich mich nicht fest.«
»Also wenn du nicht mehr zu bieten hast, enttäuschst du mich aber sehr.« Ich begab mich zum Schminkspiegel, öffnete die Lade und entdeckte eine Whiskyflasche und einen Mundspray.
Es ist in solchen Situationen immer komisch; man sucht fieberhaft, ohne zu wissen, wonach. Das weiß man immer erst, wenn man es gefunden hat.
Ich rammte die Lade wieder zu. Mr. Silver griff nach einem Kreuzworträtselheft, und ich sagte: »Dafür haben wir aber wirklich keine Zeit.«
»Wer sagt denn, daß ich die Rätsel auflösen möchte?« erwiderte der Ex-Dämon.
»Du willst dich nicht blamieren, eh?«
Der Hüne wies auf das Heft, von dem ein Streifen abgerissen worden war. »Hier hat Thaw oder sonst jemand etwas notiert.«
»Du entwickelst dich zum Kriminalisten. Zeig mal her.«
Wir schauten uns die Schrift, die sich durchgedrückt hatte, gemeinsam an und stellten fest, daß es sich um eine Adresse handelte.
»Was hältst du davon, wenn wir da mal hinfahren?« fragte ich den Ex-Dämon.
»Keine schlechte Idee.«
Ich durchstöberte nur noch kurz den Rest der Garderobe und nahm mir auch den Papierkorb vor. Manchmal sind Papierkörbe und Mistkübel die reinsten Fundgruben für Detektive.
Diesmal lohnte sich die Mühe nicht. Wir verließen das Filmstudio und kehrten zu meinem Rover zurück.
»Hast du dir schon ein Bild gemacht?« fragte ich Mr. Silver, während ich den Zündschlüssel drehte.
»Ich kann die Vermutung des Filmproduzenten nur bestätigen. Meiner Ansicht nach schloß Thaw auf irgendeine Weise einen Pakt mit dem Bösen, um sich an allen rächen zu können, die ihn schlecht behandelt haben.«
»Hat er von sich aus den Kontakt gesucht, oder trat die schwarze Macht an ihn heran?«
»Beides ist möglich«, sagte Mr. Silver.
Wir überlegten uns während der Fahrt, wie sich die Sache abgespielt haben konnte. Eine Reihe von Möglichkeiten gingen wir durch.
Vieles davon konnte richtig sein. Es konnte aber auch ebensogut alles falsch sein. Was sich tatsächlich ereignet hatte, wie der Schauspieler an die schwarze Macht geriet und von ihr zum echten Monster gemacht worden war, würden wir aber erst erfahren, wenn wir seine Spur gefunden hatten.
Ich nahm nach einer Fahrt von etwa zwanzig Minuten Gas weg, bog ab, und wenig später langten wir bei der Adresse an, die wir in Thaws Garderobe gefunden hatten.
Grau und verwahrlost lag der alte Friedhof vor uns. Unheimlich, wie ein Miniaturspukschloß, ragte an der Friedhofsmauer ein unbewohnt aussehendes Haus auf.
»Ein eiskalter Tip für Horrorfans«, sagte ich zu meinem Freund. »Die Adresse paßt zu dem, was aus Thaw geworden ist.«
Der Ex-Dämon stieß die Rovertür auf und stieg aus. Über seiner Nasenwurzel erschien eine tiefe V-Falte. Es gibt zahlreiche leerstehende Häuser in London, doch kaum eines hatte eine so deutliche unheimliche Ausstrahlung.
Ich faßte in mein Jackett und prüfte den Sitz meines Colt Diamondback. Vielleicht würde ich die mit geweihten Silberkugeln geladene Waffe dort drinnen brauchen.
Ich verließ gleichfalls den Rover und trat neben Mr. Silver.
»Manche Häuser werden eines Tages unbewohnbar«, murmelte der Hüne, »weil sich das Böse darin einnistet - und weil es für Menschen von diesem Moment an lebensgefährlich ist, weiter darin zu bleiben.«
»Du meinst, so ein Haus haben wir hier vor uns?« fragte ich.
»Dies könnte ein Stützpunkt für Dämonen sein. Requiriert von der schwarzen Macht, und jeder Schwarzblütler kann ihn benutzen.«
»Wie kam Yapeth Thaw an diese Adresse?«
»Keine Ahnung, Tony. Wenn wir Glück haben, können wir ihm diese Frage bald
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