063 - Das Monster lebt
hätte ich Sie nicht aufgesucht, Mr. Ballard. In diesem Fall würde es genügen, wenn sich die Polizei darum kümmert. Die Angelegenheit macht aber einen Mann mit Ihrer Erfahrung erforderlich, denn Yapeth Thaw ist nicht mehr nur ein als Monster zurechtgemachter Schauspieler, der verrückt wurde. Er wurde wirklich zum Ungeheuer! Einem Mann wie Ihnen kann ich das sagen, ohne Gefahr zu laufen, ebenfalls für verrückt angesehen zu werden. Natürlich weiß ich nicht, wie so etwas möglich ist, ich weiß lediglich, daß Yapeth Thaw kein Mensch mehr ist.«
»Können Sie mir das näher erklären?« fragte ich neugierig. »Wie kommen Sie dazu, so etwas anzunehmen, Mr. de Young?«
»Bisher machte Marvin Chomsky, der Maskenbildner, den Schauspieler zum Frankenstein-Ungeheuer. Als Chomsky heute mit seiner Arbeit beginnen wollte, sah Thaw bereits wie ein Monster aus. Chomsky nahm an, der Schauspieler hätte sich selbst geschminkt. Als der Maskenbildner aber dann mit anderen versuchte, Lauren Portofino zu retten, stellte er zweifelsfrei fest, daß Thaw nicht geschminkt war. Hinzu kommt, daß Ben Coltrane bei Thaw eine nie zuvor bemerkte dämonische Ausstrahlung feststellte. Außerdem war Thaw heute so gut wie unbesiegbar. Irgend jemand sagte, er wäre so stark gewesen, als hätte er die Kraft der Hölle in sich gehabt. Als ich das hörte, war mir klar, daß ich mich an Sie um Hilfe wenden mußte. Ich möchte Sie engagieren, Mr. Ballard. Ich bin bereit, zehntausend Pfund dafür zu bezahlen, daß Sie dieses Monster unschädlich machen. Es sind da nämlich einige böse Vermutungen aufgetaucht, die mich sehr beunruhigen.«
Vicky holte die Kognakflasche und füllte de Youngs Glas noch einmal. Dann setzte sie sich wieder neben mich.
»Was für Vermutungen?« wollte ich wissen.
Dennis de Young trank zuerst. Dann sagte er: »Die gesamte Film-Crew hat Thaw nicht gerade mit Freundlichkeit und Wohlwollen überhäuft. Man sah in ihm immer noch den Schauspieler, der vor Jahren abgeschrieben worden war, und es wollte ihm eigentlich keiner eine echte Chance geben, in der Branche wieder Fuß zu fassen.«
»Man gab ihm - bildlich gesprochen - einen Tritt nach dem anderen«, sagte ich.
»So ungefähr. Alle rechneten damit, daß er die Dreharbeiten nicht durchstehen würde.«
»Mit anderen Worten, er haßte das gesamte Filmteam.«
»So ist es, Mr. Ballard. Und nun setzte mir jemand den Floh ins Ohr, Thaw könnte einen Weg gefunden haben, sich mit dem Bösen zu verbünden. Mir ist klar, daß das irre klingt, und ich kann mir nicht vorstellen, wie ein Mensch einen Pakt mit dem Teufel schließen kann, aber ich streife mal meine ganze Vernunft ab und nehme das als gegeben hin. Thaw hat sich mit der Hölle zusammengetan. Sie machte aus ihm ein echtes Monster, und nun hat er die Kraft, um sich an all jenen zu rächen, die ihn schlecht behandelt haben. Das hat nichts mehr mit Film zu tun, Mr. Ballard. Das ist nun grauenvolle Wirklichkeit. Thaw hat Lauren Portofino umgebracht, und ich fürchte, daß es bei diesem einen Mord nicht bleibt.«
Ich nickte. »Okay, Mr. de Young. Ich kümmere mich darum. Beantworten Sie mir jetzt noch einige Fragen…«
***
Als der Filmproduzent mein Haus verlassen hatte, berichtete ich Mr. Silver, welchen Auftrag ich übernommen hatte.
Roxane und Boram waren ebenfalls anwesend. Mit Spannung und großem Interesse hörte mir Arma, die tückische Zauberin, zu. Jedes Wort trank sie mit sichtbarer Gier von meinen Lippen.
Ich hätte sie am liebsten geohrfeigt, aber der Schlag hätte Roxanes Gesicht getroffen. Es war zum Verrücktwerden mit dieser Doppelperson.
Jedesmal, wenn von einem Erfolg des Bösen die Rede war, strahlte Arma triumphierend. Sie bedachte mich mit einem spöttischen Lächeln.
»Jetzt weißt du mal wieder nicht, wo dir der Kopf steht, Tony Ballard. Du hast keine Ahnung, wo Lance Selbys Leichnam hingekommen ist, weißt nicht mehr, wo du ihn suchen sollst, und mußt jetzt auch noch Jagd auf dieses Frankenstein-Monster machen.«
»Halt den Mund!« knurrte Mr. Silver.
»Ich lasse mir von dir nicht den Mund verbieten!« fauchte die Zauberin.
»Verschwinde! Geh in dein Zimmer!« sagte der Ex-Dämon schneidend.
»Das tue ich, wenn es mir paßt! Ich lasse mich von dir nicht herumkommandieren!«
Ich merkte, wie die Wut in Mr. Silver brodelte. Er war auf Arma denkbar schlecht zu sprechen. Wenn er sich vergaß, würde Roxane darunter zu leiden haben.
Das wollte ich nicht, deshalb sagte ich zu Boram, er
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