063 - Das Rätsel der Insel
Wandernden Völker gab sie wüste Flüche von sich, während sie gegen die Wand schlug und trat, die unvermittelt in der Mitte des Korridors aufgetaucht war und sie und Aiko von Matt getrennt hatte.
»Es hat keinen Zweck«, sagte Aiko. »Diese Mauer besteht aus massivem Stein. Ich kann Matts Wärmestrahlung dahinter nicht ausmachen, also muss sie wenigstens einen Meter dick sein.«
Die junge Frau schloss ihre Augen und unterdrückte ihren Zorn. »Na, und was sagst du jetzt?«, wandte sie sich an Aiko.
»Kannst du das etwa auch mit Wissenschaft erklären?« Noch einmal schlug sie gegen den massiven Stein.
Aiko schaute nicht gerade glücklich drein. »Ich gebe zu, dass es schwer zu erklären ist. Aber ich bleibe dabei: Für all das muss es eine rationale Erklärung geben.«
»Bist du sicher?« Aruula lachte freudlos. »Mir kannst du nichts vormachen, Aiko. Du klammerst dich doch nur deshalb an die Wissenschaft, weil sie dir hilft, deine Ängste zu tarnen. Du bist auf dem besten Wege, wie dein Vater zu werden!«
Das saß! Der Cyborg öffnete den Mund, um etwas darauf zu erwidern - aber es fiel ihm keine passende Antwort ein. So wie Miki Takeo zu werden - ein voll technisierter Androide, der seine Menschlichkeit verloren hatte - war so ziemlich das Letzte, was er wollte.
Aruula merkte, dass sie zu weit gegangen war. Sie berührte Aiko an der Schulter. »Entschuldige; ich wollte nicht…«
»Schon gut.« Er legte seine Hand auf die ihre und drückte sie leicht. Dann seufzte er und befreite sich von den düsteren Gedanken. Fürs Erste. »Wir sollten uns jetzt auf die Suche nach Matt machen. Es muss einen Weg um diese Mauer herum geben, und wir werden ihn finden.«
»Einverstanden«, sagte Aruula. Noch vor einer Stunde hatte sie dafür plädiert, die Festung so schnell wie möglich zu verlassen - doch ohne Maddrax hätten sie keine zehn Pferde von hier fortgebracht.
Aiko zückte sein Messer, trat an die Wand und begann etwas in das Gestein zu ritzen. Ein Stück Stein brach ab und kullerte zu Boden.
»Was machst du da?«, wollte Aruula wissen.
»Ich hinterlasse eine Nachricht für Matt. Er wird denselben Gedanken haben wie wir. Sollte er es schaffen, vor uns einen Weg auf die andere Seite zu finden, soll er hier auf uns warten.«
»Gute Idee«, stimmte Aruula zu, während sie aus schmalen Augenschlitzen ihre Umgebung taxierte.
»Du wirst sehen, es gibt eine Erklärung für all das hier«, meinte der Cyborg. Er trat zurück und hob das Steinchen auf, das aus der Mauer gebrochen war. Er drehte es zwischen den Fingern, aber es war ein ganz normaler Stein.
»Allerdings gibt es die«, schnaubte Aruula. »Dies ist keine Festung, sondern ein Ungeheuer. Es lebt - und es hat Maddrax verschlungen…«
Aiko seufzte und setzte zu einer Erwiderung an, ließ es dann aber doch bleiben. Wenn Aruula weiter ihrem Aberglauben frönen wollte - sollte sie doch. Er verließ sich lieber auf Fakten.
»Gehen wir«, sagte er und schnippte den Stein über die Schulter.
Es blieb still. Kein Klacken an der Mauer. Kein Kullern über den Boden.
Aiko drehte sich verblüfft um. Die Steinwand war noch immer da, fest und undurchdringlich. Trotzdem war der kleine Stein spurlos verschwunden…
***
Matt folgte den Schritten durch den Korridor. Dass ihn dabei kein Gefühl von Deja vu überkam, lag daran, dass es definitiv nicht seine eigenen Schritte waren, ebenso wenig wie der Schatten, der hin und wieder über die gemauerten Wände huschte, sein Schatten war.
Matt folgte dem Gang um eine weitere Biegung - und erkannte verblüfft, dass flackernder Lichtschein vom Ende des Stollens drang. Sofort schaltete er seine Lampe ab. Der Schein eines Feuers, das irgendwo dort vorn zu brennen schien, beleuchtete den Gang mit spärlichem Licht.
Sich eng an der Mauer haltend, huschte Matt den Stollen hinab. Die Schritte waren verstummt. Vielleicht wartete der Unheimliche dort vorn auf ihn…?
Die erste Überraschung, die ihn am Ende des Stollens erwartete, bestand darin, dass ihn der Gang diesmal in einen anderen Raum geführt hatte - dieser war großer und von Säulen gesäumt, die eine Gewölbedecke trugen.
Die zweite Überraschung betraf den Mann, der in der Mitte des Raumes stand und sich an dem flackernden Feuer wärmte, das er auf dem steinernen Boden entzündet hatte.
Es war der Mongole, der Matt und seinen Freunden vergangene Nacht so plötzlich erschienen war! Der Mann mit dem aparten Schnauzbart und den asiatischen Zügen blickte vom Feuer
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