Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
063 - Das Verrätertor

063 - Das Verrätertor

Titel: 063 - Das Verrätertor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
Vom Netzwerk:
Land?«
    Er sprach zu Graham, der genügend mit dem Jargon seiner früheren Kameraden vertraut war, um die feine Anspielung auf seine Gefängniszeit richtig zu verstehen.
    »Ja«, sagte er kurz.
    »Das ist traurig – sehr traurig.« Tiger Traynes Stimme klang mitfühlend. »Sie hätten nicht aufs Land zu gehen brauchen, wenn jemand für Sie gedacht hätte. Generäle sind arme Schlucker, wenn sie selbst mit dem Bajonett kämpfen wollen. Und die klügsten und tapfersten Soldaten würden wiederum als Generäle wenig taugen.«
    Er reichte Graham eine Kiste Zigarren.
    »Niemand kann erfolgreich Verbrechen begehen, wenn er sich nicht auf den Standpunkt der Polizei stellt. Er muß wie ein Detektiv denken und Pläne machen lernen Ein gewöhnlicher Einbrecher, der einen Coup plant, sieht nur seine Beute und ist blind gegen die Gefahren der Entdeckung. Wenn er mit seiner Überlegung fertig ist, geht er so an die Arbeit, daß er sich überall verdächtig macht, so daß ihn selbst ein kurzsichtiger Amateur fangen kann. Moderne Schlachten werden durch Scheinangriffe gegen markierte Stellungen gewonnen.«
    Sie unterbrachen ihn nicht, denn sie verstanden sofort – wenigstens Diana –, daß hier nicht ein geschwätziger Mann sprach, um sich selbst reden zu hören oder um seine Kenntnisse und Weisheiten bewundern zu lassen, sondern daß jedes Wort seine besondere Bedeutung hatte.
    »Wenn ich im Begriff wäre, einen großen Diebstahl zu begehen oder auszudenken… Jetzt kommt der Kaffee.«
    Der verborgene Lift arbeitete geräuschlos, so daß die Besucher nichts hörten; als Tiger jedoch zur Wand ging und das Paneel zur Seite schob, stand ein Silbertablett mit dampfenden Tassen da. Er nahm es weg, setzte es auf den Tisch und schloß das Paneel durch Berühren eines Knopfes. Einen Augenblick hielt er den Kopf lauschend geneigt. Anscheinend war er befriedigt. Er nahm sich eine große Portion Sahne in seine eigene Tasse, rührte sie um und trank sie mit einem Zug aus.
    »Wenn ich also einen großen Coup plante, der den Männern und Frauen, die daran mitarbeiten, sagen wir« – er machte eine Pause – »fünfzigtausend Pfund einbrächte, würde ich die Sache sehr sorgsam in allen Einzelheiten einstudieren. Ich würde den Mann sich darin üben lassen, leichte Leitern in die Höhe zu klettern, von einer bedeutenden Höhe herunterzuspringen und dabei wieder auf die Füße zu kommen. Ich würde ihn Exerziervorschriften lernen lassen für den Fall, daß er es mit Soldaten zu tun hätte, auch müßte er die speziellen Vorschriften und Gegebenheiten des Platzes kennen, den er aufsuchen soll. Über Flut und Ebbe müßte er genau Bescheid wissen…«
    »Was soll denn unternommen werden?« fragte Graham ungeduldig.
    Ein kalter, ruhiger Blick Traynes traf ihn.
    »Habe ich denn überhaupt von einem Unternehmen gesprochen?« fragte er höflich, aber vorwurfsvoll. »Ich streife nur einige Gesichtspunkte.«
    Ein warnender Blick Dianas brachte Graham zum Schweigen.
    »Ich saß heute morgen hier in meinem Büro«, fuhr Trayne fort, »und träumte. Ich weiß nicht warum. Es muß wohl daher gekommen sein, daß ich den Bericht über einen Kriminalfall in Old Bailey gelesen habe, der gestern verhandelt wurde. Man muß sich immer wieder über den geringen Verstand der Verbrecher wundern. Es handelte sich um einen Mann, der wegen eines unbeholfenen Einbruchs ins Zuchthaus kam. Die Sache brachte ihm noch nicht einmal hundert Pfund ein. Wie unlogisch, dachte ich. Mit kleinerem Risiko und derselben Energie hätte er fünfzigtausend Pfund machen können, ohne daß man ihn faßte. Fünfzigtausend Pfund«, sagte er nachdrücklich. »Das ist eine Menge Geld.«
    Er machte wieder eine Pause, als ob er eine Bemerkung darüber erwarte. Aber Graham Hallowell war durch Diana gewarnt und schwieg.
    »Bei einem gewöhnlichen Einbruch ist kein Ruhm zu ernten«, sagte Trayne, indem er wie abwesend durch das Fenster auf den Soho Square schaute. »Wäre ich ein Einbrecher, dann würde ich Wert darauf legen, den Bericht über meine Taten mit großen Buchstaben an erster Stelle in den Zeitungen veröffentlicht zu sehen. Ich würde etwas so Außerordentliches tun, daß die ganze Welt über mich spräche.«
    Wieder hielt er inne und sah zuerst Diana, dann Graham durchdringend an.
    »Es sind jetzt dreihundert Jahre her, daß einmal ein Stümper einen der bedeutendsten Diebstähle aller Zeiten versuchte. Er war ein Trinker und Renommist, dieser dumme Kerl, und hätte doch beinahe

Weitere Kostenlose Bücher